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die Gefahr eines Miss -Verständnisses sonderlich vorhanden, zumal
der geschäftliche Verstand stets die hinreichende Berichtigung und
Ausgleichung versprach.
So bin ich denn auch mit Miss Archer und ihrer Unternehmung
ungefähr vier Jahre ausgekommen, ohne mir in Entwicklung meiner
Ansichten irgend eine Beschränkung aufzulegen. Zunächst wurde
den Erwartungen entsprochen und die Unternehmerin blieb auch
stets ein Echo der Befriedigung des Publicums. Der Versuch war
günstig ausgefallen und mein Docententhum wurde später auch
schriftlich als bleibende Stelle bestätigt. Natürlich hatte dies Alles
nur eine moralische Bedeutung; denn in Ermangelung eines durch
Conventionalstrafen gesicherten Vertrages und bei der chaotischen,
statutenlosen Verfassung oder vielmehr Verfassungslosigkeit des
Lyceums blieb eine solche Stellung völlig precär und beruhte, wie
dargelegt, Alles auf dem Geschäftsprincip.
Die Unternehmerin war in äusserster Verlegenheit gewesen;
was sie durch professoralen Beirath an Docenten aus meinem Fach
zur Verfügung hatte, war wegen Mangel an Fähigkeiten nicht im
Stande gewesen, sich eine Zuhörerschaft zu erwerben. Beispielsweise
war ein Herr Bratuscheck , der als Amanuensis d. h. durch Hand-
dienste bei dem verstorbenen Philologieprotessor Boeckh einige Gönner-
schaft erworben hatte und später ordentlicher Philosophieprofessor
in Giessen wurde, am Lyceum schliesslich ganz ohne Zuhörerinnen
geblieben und hatte überhaupt nie etwas ausrichten können. Es
war also meine Aufgabe, einen neuen Gegenstand erst in Gang zu
bringen und der Philosophie sowie namentlich der philosophisch be-
handelten Bildungsliteratur im Frauenpublicum Anhängerschaft und
Achtung zu gewinnen. Dieser Zweck wurde in dem Maasse er-
reicht, dass im Winter von 1874— 75 mein philosophischer Cursus
der modernen Literatur eine der beiden Vorlesungen war, die von
den aus den sämmtlichen Fächern am Lyceum gehaltenen den
meisten Besuch aufwiesen. Im Allgemeinen stellte sich meine Wirk-
samkeit derartig, dass weniger die jüngsten als vielmehr die ent-
wickelteren Theile des Publicums meine Vorträge frequentirten.
Viele verheirathete Frauen und auch Schriftstellerinnen befanden
sich darunter. Uebrigens konnte ich aber auch nicht umhin, zu
bemerken, dass die mir ungünstigen gelehrten Einflüsse, von denen
ich oben gesprochen, daran arbeiteten, mich in den Ruf zu bringen,
als sei ich mit meinen Vorträgen für das Lyceum nicht geeignet,
weil ich vor nichts und z. B. in der Philosophie selbst nicht vor