Full text: Sozialpädagogik

— 138. — 
die Tugend der Gemeinschaft auf der individuellen Tugend 
und zwar auf einer bestimmten, eben der Gemeinschaft zu- 
gewandten Seite der individuellen Tugend beruhen muß. So 
hat man es eigentlich sonst immer aufgefaßt:; auch Plato selbst 
an andern Stellen. 
Der Grund dieser Tugend ist kein andrer, als der die 
Allgemeingültigkeit des Sittlichen überhaupt, d. h. seine Gül- 
tigkeit nicht bloß für alle Subjekte, sondern auch in Rücksicht 
aller, begründet. Es ist der Satz der reinen Ethik, den Kant 
so formuliert hat: daß in der Person eines jeden „die Mensch- 
heit“ d. i. die sittliche, die vernünftige Person, und diese 
unbedingt zu achten sei; denn es gebe nichts, das ohne Ein- 
schränkung gut genannt werden könne, als allein den guten 
Willen, folglich nichts, das würdig wäre, den letzten Zweck 
des Sittlichen auszumachen als die Erhaltung des sittlichen 
Willens in jedem, der dessen überhaupt fähig ist, d. h. in jedem 
sittlicher Vernunft fähigen Subjekt, jeder „Person“. 
Das Moment der Gleichheit, das im Begriffe der Ge- 
rechtigkeit unfraglich liegt, ist nur hieraus klar zu verstehen. 
Denn von Natur sind die Menschen nicht gleich und würden 
es nicht sein, auch wenn man sich die weitestgehenden Forde- 
rungen an Gleichheit der äußeren Lebensbedingungen und vor- 
züglich der äußeren Bedingungen geistiger Entwicklung erfüllt 
dächte. Der tatsächlichen Beschaffenheit der Menschen gegen- 
über ist Gleichheit eine Fiktion, kaum ein berechtigter Wunsch. 
Als sittliche Forderung aber hat sie den klaren Sinn: daß 
jeder, auch wer tatsächlich auf der niedrigsten Stufe der 
Menschheit steht, des Sittlichen doch fähig ist oder befähigt 
werden kann, mindestens hätte befähigt werden können. Auch 
noch dem ‚unheilbar Schlechten gegenüber (wenn es einen 
solchen gibt) bedeutet die Gerechtigkeit, die wir ihm schulden: 
daß er für seine Schlechtigkeit nicht durchaus als Einzelner 
verantwortlich zu machen ist; daß auch jeder, der sich besser 
glaubt, sich seiner Mitschuld an aller in der Gemeinschaft, der 
er zugehört, vorhandenen Schlechtigkeit bewußt sein muß. Auch 
der entartete Mensch darf im Sinne sittlicher Gerechtigkeit 
nicht der Bestie gleich geachtet werden, auch der reinste sich 
„sicht 
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