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sittlichen Eifers zutraut, besser täte, auf dieses, unter jeder
andern Voraussetzung bedenkliche Zuchtmittel ganz zu ver-
„‚zichten; wir sind eben keine Götter. Es gibt auch genug andre
Mittel der Zucht; es ist nicht zuzugeben, daß in irgend einem
denkbaren Fall die körperliche Strafe das einzige Mittel er-
zieherischer Einwirkung sei; daß es für irgendwelche Fälle
dem Schullehrer wohl gar zur Pflicht gemacht werden dürfte, zu
diesem letzten und gewagtesten Mittel zu greifen. Vielmehr
wird man stets den als den besseren Pädagogen anerkennen, der
die körperlichen Strafen ganz entbehren kann.
Und so ist allgemein der Beitrag, den die Strafjustiz zur
Erziehung leistet, sehr mittelbar und im ganzen unsicher genug.
Sie kann zwar, zumal in dem regelmäßigen Betrieb einer
Schule und unter so manchen erschwerenden Umständen, deren
die Organisation der Volksbildung bisher nicht Herr geworden
ist, nicht völlig entbehrt werden. Aber wenigstens wäre zu
wünschen, daß sie so wenig als möglich tatsächlich zur An-
wendung käme, Das Strafgesetz sollte mehr nur theoretisch,
als freilich notwendiger Begriff, dastehen, während man beider-
seits bemüht ist, seine faktische Anwendung so viel als nur
möglich entbehrlich zu machen. Sie ist entbehrlich, wo von
frühester Stufe an der Sinn der Gesetzlichkeit geweckt ist. Ein
normales Kind ist dafür von früh auf empfänglich. Es fühlt
die Überlegenheit und Notwendigkeit des Gesetzes, lange bevor
es den Begriff davon. hat; wie sollte es nicht auch den Begriff
fassen, sobald es die Reife dazu hat?
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ehr
S 95,
Sittliche Lehre.
Das bisher Gesagte. galt von der Übung und Lehre ge-
meinsam, als Mitteln der Willenserziehung; mehr aber von
der ersteren. Es soll denn jetzt noch das Eigentümliche der
Lehre in formaler Hinsicht erwogen, und damit zugleich der
Übergang zur materialen Betrachtung der Erziehungsarbeit
gemacht werden. Das Materiale der Willensbildung findet