Full text: Sozialpädagogik

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hängigkeit löst, ist doch im nächsten Wechselverkehr mit den 
alltäglichen lieben Gefährten vorerst seine Welt beschlossen, 
und muß alles, was sonst noch in sein Bewußtsein tritt, sich 
erst gleichsam Heimatsrechte in dieser noch so engen und doch 
so vielbedeutenden Welt erwerben. In dieser Welt aber ist 
das Kind fortwährend der unbewußte Schüler und Zögling 
seiner kaum mehr ihrer Rolle bewußten Lehrer und Erzieher; 
worauf es in diesem Kreise, oft ganz ohne Willen und Wissen, 
aufmerksam gemacht wird, das vornehmlich nimmt es wahr; 
wohin es durch seine Umgebung gelenkt wird, dahin richtet 
es sein Tun und Bewegen. Vorzüglich stark und beherrschend 
aber ist der Einfluß der schon bewußteren Gemeinschaft im 
Sprechenlernen. Ist doch die Sprache der unmittelbare Aus- 
druck jeder geistigen Gemeinschaft; erschließt sich doch darin 
dem Kinde der Schatz von Erkenntnissen, den die Gemeinschaft 
für jedes geringste ihrer Glieder gleichsam in Verwahrung hält, 
und den sie in einem natürlichen Kommunismus allen zu 
gleichen Rechten, kostenlos wie Luft und Licht, austeilt. 
Gemeinschaft ist nicht minder das Element alles Spiels; 
auch im Alleinsein erdichtet sich das Kind seine Genossen. 
Sie mögen etwa, als Puppen, lebende Wesen vortäuschen; aber 
schließlich genügt jeder Klotz, jedes Glasperlchen zum gut 
kameradschaftlichen Verkehr. So lernt es Menschlichkeit gleich- 
sam am Phantom; wieviel mehr im wirklichen‘ Verkehr 
menschlicher Gefährten. Das Zartgefühl für Leben, auch im 
Tier, ist daher im einigermaßen normal aufwachsenden Kinde 
mit Sicherheit anzutreffen; was man auch von seiner natür- 
lichen Grausamkeit oft gefabelt hat. Richtig ist daran höch- 
stens, daß das Kind vom Tode keinen Begriff hat, oder viel- 
mehr nur den natürlichen: daß Sterben nicht lange, Totsein 
gar nicht weh tut. Deshalb und überhaupt in der Unbefangen- 
heit, mit der es sich dem Spiel seiner Phantasie überläßt und 
am Phantasieren selbst seine Lust hat, hört es so manchen 
Sterbefall im Märchen oder Struwelpeter in vollkommener 
Gelassenheit an, während es doch den tatsächlichen, sich un- 
mittelbar äußernden Schmerz nicht bloß des Angehörigen, 
sondern jedes Lebendigen (ja nur lebendig. Geglaubten) gar
	        
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