Full text: Sozialpädagogik

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entgegen, die man nur auf vernünftige Ziele, d. h. dahin lenken 
sollte, daß sie zugleich als Arbeit d. i. Gestaltung sinnlichen 
Stoffs Gelegenheit gibt, die Tugend des lautern Sachsinns, der 
Wahrheit gegen die Sache daran zu üben, zugleich den Se gen 
der Arbeitsgemeinschaft an sich zu erfahren. In 
solchem allen aber erhält und stärkt sich jene unmittelbare 
familienhafte Gemeinschaft, aus der wir die Elemente zu dem 
allen hervorwachsen sahen. Man verbleibt auf diese Weise in 
unlöslicher Beziehung zur materialen Grundlage des Menschen- 
daseins in aller und jeder Richtung. Ein Losriß erfolgt nicht, 
es muß nur, was erst ein Ganzes schien, ja es für die frühere 
Entwicklungsstufe auch war, jetzt an das größere Ganze sich 
anschließen, da es an sich freilich kein Ganzes ist. 
Und nicht anders verhält es sich mit dem zweiten Elemente 
der Erziehung, der bewußt gewollten Organisation. Auch 
sie muß bleiben, sie darf nur nicht mehr Selbstzweck sein, oder 
auch nur zu sein scheinen. Insofern sie heteronomen Charakter 
trägt, widerstrebt ja ihr am meisten das einmal voll erwachte 
Selbstbewußtsein des jugendlichen Menschen, der im beglückten 
Finden seiner selbst eher den Trieb hat, von allen bloß äußeren 
Ordnungen sich loszumachen. Ihm muß zumeist der Zwang 
einer Schule widerstreben, in der irgend ein engherziger Geist 
waltet, die es nicht versteht, die natürliche Lockerung des 
äußeren Zwanges sich zur rechten Zeit von selbst vollziehen zu 
lassen. Aber die Gemeinschaft selbst erhält sich dabei nicht 
nur, sondern sie erschließt erst jetzt ihren tiefsten und letzten 
Sinn; sie erhält die neue Bedeutung freier Gemeinschaft. 
Nicht umsonst läßt Platos Diotima aus der sich auseinander- 
setzenden und verständigenden Zwiesprache die vergeistigte 
Liebesgemeinschaft und damit die Ideenschau entspringen, die 
dann schon unmittelbar den Drang in sich trägt, zeugungs- 
kräftig in der Gestaltung des Gemeinlebens sich zu 
betätigen. Das ist der neue Sinn der Gemeinschaft, der auf dieser 
Stufe klar wird: die gegenseitigeaäutonome Verstän- 
digung als einzige, endgültige Begründung der Gemeinschaft: 
der Sinn jener echtesten Gerechtigkeit, als der Gleich- 
achtung der sittlichen Person im Andern, und in jedem Andern.
	        
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