Full text: Sozialpädagogik

368 
vierung ist sie etwa begreiflich zu machen. Begreifen heißt 
begrenzen. Das Unendliche des bloßen Verstandes besagt nur, 
negativ, die Unmöglichkeit, mit dem jederzeit endlichen und 
auf endliche Anwendungen allein zugeschnittenen Verfahren 
des verstehenden Bewußtseins je zu Ende d. h. zu einem ab- 
schließenden Ziel des Erkennens zu gelangen; allenfalls auch 
positiv die Immer-wieder-Anwendbarkeit desselben Verfahrens 
dieses verstehenden Bewußtseins. So bedeutet die Unendlich- 
keit der Zahl: das Verfahren der Zählung sei so geartet, daß 
ein Weiterzählen, soviel an der Natur des Verfahrens liegt, 
immer möglich bleibt, daß es keinen Begriff einer letzten Zahl 
gibt. Und dem ähnlich verhält es sich mit jedem andern 
bloß verstandmäßigen Ausdruck des Unendlichen. Auch das 
„Absolute‘ bezeichnet nur negativ die Grenze des Begreifens, 
kein Begriffenes, keinen in einem positiven Begriff erfaßten 
oder erfaßlichen Gegenstand des Erkennens; es ist bestenfalls 
der Begriff davon, wie wir den Gegenstand begriffen haben 
müßten, um ihn ganz, ohne Einschränkung begriffen zu 
haben. Es ist für den Standpunkt des wirklichen Begreifens 
sogar ein sich selbst mißverstehender Aufgaben- 
begriff; denn menschliches Begreifen besteht nur und hat nur 
seine Aufgabe in einem Fortschreiten von Grenze zu Grenze, 
ohne Abschluß in einem solchen Begriffenen, woran nichts 
weiter zu begreifen übrig bliebe. 
So ist aber nicht das Unendliche, das die Religion im 
Erlebnis des Innern, nicht sucht, sondern unmittelbar zu 
haben, zu leben glaubt. Zwar unternimmt sie wohl nach- 
träglich auch das in den. Formen des begreifenden Denkens 
auszudrücken, da sie, kraft ihres universellen Anspruchs auf 
das ganze Reich des Bewußtseins, auch das Gebiet des Ver- 
standes, der theoretischen Erkenntnis, für sich zu erobern 
trachten muß. So arbeitet sie etwa ihr Dogma vom Unend- 
lichen in aller Form  begrifflich aus, und man empfindet viel- 
leicht eine „innere“, d. h. subjektive Notwendigkeit dabei, die 
über die Skrupel des objektivierenden Verstandes hinweghilft; 
die Subjektivität ist ja, für ‚den Standpunkt der Religion, 
eigentlich. ein Lob und eine Tugend; das Subjektive, nicht das 
a 
at 
in 
YA 
Im 
Fa 
Ar 
YrA«
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.