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Quellen der Befriedigung, aber nicht minder der Unbefriedigung.
Sie stellt keineswegs dem, der Größeres erstrebt, eine größere
Gesamtsumme von Befriedigung in Aussicht. Wer lohngierig
vom höheren Streben auch ein Plus von Befriedigung erwartet,
wer nicht ebenso gerüstet ist auf die größeren Schmerzen, täte
richtiger an gemeineren Zielen festzuhalten. Die ganze, freie
Energie des Strebens entfaltet sich erst da, wo man des ganzen
Haschens und Marktens um möglichst viel Befriedigung sich
entschlägt und einzig nach dem Werte der Sache fragt.
Mit etwas mehr Schein, als in der Lust, könnte man, mit
Leibniz, in der Unlust den ursprünglichen Treiber zur Tätigkeit
suchen; dann wäre das Ziel (wie schon einige alte Moralisten
wollten) nicht Lust, sondern nur Freiheit von Unlust. Aber
auch Unbefriedigung ist für sich nichts Aktives, sondern nur
das passive Gefühl der Hemmung, die dem Streben widerfährt;
die Aktivität liegt ursprünglich und allein im Streben.
Schon diese allgemeine Erwägung führt darauf, daß nicht
wohl als Letztes der Genuß trieb angesetzt werden kann. Zwar
ist die einfache unreflektierte Sinnenfreude das faßlichste Merk-
mal einer regen sinnlichen Energie des Triebs. Aber dieser
zielt selbst in seinen einfachsten Formen nicht ursprünglich
und in letztem Betracht auf den Genuß des Augenblicks. Son-
dern er baut im Sehen und Hören, im ganzen Sinnengebrauch,
den Gegenstand in lebendiger, zeugungskräftiger Wirklichkeit
auf, er freut sich ihn zu erschauen d. i. hinschauend zu ge-
stalten; nicht ihn als totes Erzeugnis gleichsam abzusondern.,
sondern neu und immer neu hervorzubringen, und so in ihm
zugleich sich selbst, die Aktivität, die den Gegenstand erzeugte,
wiederzuerzeugen. Er baut ebenso im Ernährungsprozeß die
signen Kräfte, indem er sie braucht und also aufwendet, zu-
gleich steigernd wieder auf, wie weiterhin die der Gattung in
der Fortpflanzung, Das ist, was Spinoza im Sinn hat, wenn er
als letztes Gesetz des Strebens aufstellt, „sein Sein zu er-
halten“ (suum esse conservare), d. h. nicht sein Dasein (es ver-
zehrt sich vielmehr, indem es sich. durchsetzt), sondern sein
„Wesen“: immer neues Streben von gleicher Energie
und gleicher Grundrichtung zu erzeugen.
Natorp, Sozialpädagogik, 5. Aufl.