Full text: L. M. (6. Band)

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VORWORT. 
Es hat reichlich acht Jahre gedauert, ehe ich diesen 
meinen zweiten hand der fortsetzung des Grimm’schen 
wörterbuches abschlieszen konnte. denjenigen nicht 
vereinzelten stimmen gegenüber, die eine lebhaftere 
folge der lieferungen gewünscht haben, möchte ich 
auf die schwierigkeiten hinweisen, die mit der arbeit 
verbunden sind. das material zu L sowol als zu M hat 
sich vor mir bereits in den händen anderer gelehrter 
befunden, ist aber zurückgegeben worden, da um- 
fang und schwere der aufgabe abschreckten. es ist 
den dem wörterbuch nahestehenden wol, weiteren 
kreisen aber nicht genügend bekannt, dasz die brüder 
Grimm schlechterdings keine vorarbeiten zum wörter- 
buche hinterlassen, dasz sie selbst zum zetlelapparat, 
der die belege dazu enthalten soll, verhältnismäszig 
wenig für das was gebraucht wird beigesteuert haben, 
dieser zettelapparat, worüber die vorrede zum ersten 
bande berichtet, ist so lückenhaft, und zum theil auch 
so unzuverlässig, dasz die fortsetzer des Grımm’schen 
wörterbuches überwiegend (unter 100 fällen durch- 
schnittlich 80 mal) darauf angewiesen sind, sich die 
belegstellen selbst herbeizuschaffen. man musz beide 
thatsachen erwägen, um das zeilmasz, in welchem 
die lieferungen erscheinen, angemessen zu finden; 
wir sind nicht nur baumeister, sondern auch unsere 
eigenen handlanger und steinbrecher; und müssen 
gerade auf die beschaffung des materials besondere 
sorgfalt aufwenden. dafür entfällt für jeden von 
uns die volle verantworilichkeit dessen, was unter 
seinem namen erscheint. die anforderungen, die heute 
ın das werk gestellt werden, sind andere geworden, 
ıls zu anfang seines erscheinens vor nunmehr einem 
menschenalter, und die frische begeisterung und rührig- 
keit, mit der die begründer an ihre ersten lieferungen 
ziengen, der frohmut, ‚,die unvollkommene arbeit 
ınaufhörlich zu ergänzen und zu erweitern,“ hat 
ner kühleren stimmung raum gemacht, die angesichts 
les ungeheuern arbeitsfeldes und des misverhältnisses 
ler einzelnen menschenkraft dazu wol manchmal zur 
sedrücktheit neigt. ich bin im falle um nachsichtige 
ınd wolwollende aufnahme meiner arbeit auch für 
liesen band bitten zu müssen; aber ich glaube auch 
ler gerechten beurtheilung aller einsichtigen sicher und 
nem kleinlichen flicken am zeuge, das nirgends 
leichter ist als gerade bei diesem werke, nicht aus- 
gesetzt zu Sein. 
der erste band konnte dankend eine reihe von 
namen nennen, deren träger auszüge für das wörter- 
uch geliefert hatten. diese art seine theilnahme am 
werke zu bezeugen, hat später aufgehört, nur wenige 
haben fortgespendet, ich insbesondere habe einem 
lreuen alten freund des wörterbuches, herrn rechts- 
anwalt dr. Hoyer in Oldenburg für manchen seltenen 
und wichtigen beleg zu danken. man bekundet in 
‘jüngerer zeit sein inleresse am buche mehr so zu 
sagen nachträglich, indem man nämlich nachträge in 
irgend eine fachzeitschrift einrücken läszt. weder das 
wörterbuch noch die zahlreichen benützer desselben 
auszerhalb der engsten fachkreise ziehen leider von 
Jieser art irgend einen nutzen. 
Göttingen den 14. september 1885. 
M. HEYNE.
	        
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