1995 MELDENEULE — MELDUNG
geben: der winter meldet sich, in kalten tagen des vorgerückten
herbstes; das alter meldet sich schon bei ihm; stunden
der nüchternheit, augenblicke der erschöpfung könnten sich
melden. ScHILLER kab. u. liebe 4,7; die geborstene erde scheint
Nammen zu speien, denn überall meldet sich rauch und brand
in den ruinen. GöTHE 24,42, Mülter sagen das kind meldet
sich, wenn ein säugling um nahrung schreit; bair. sich melden,
anmelden, bekannten als abgeschiedener geist seinen tod kund
thun durch den unerklärlichen fall eines gegenstandes , ein ge-
räusch, einen hellen schein in der nacht u. s. w. ScHM. 1, 1592
Fromm. ; kärntn. sich melden, geistern, spuken. LEXER 189.
vergl. auch anmelden fh. 1, 407.
MELDENEULE, f. phalaena atriplicis, ein nachtfalter, der
sich gewöhnlich auf der melde findet.
MELDENLAUS, f. aphis atriplicis, eine art pflanzenlaus, die
auf der melde lebt.
MELDENSWERTH, adj. werth gemeldet zu werden: eine
meldenswerthe neuigkeit; bei MAALER noch getrennt: mäldens
wol wärt, commemorabilis 281°.
MELDER, m. der da meldet, narrator, nuncius, delator, de-
nuncians, referens STIELER 1265; in der ältern sprache, wie ahd.
meldäri, mhd. meldere, nach melden 1: delator melder, an-
bringer Dıer. 171°; melder, proditor. voc. inc. theut, n5';
villeicht das merkt ain melder,
so wirt die fräd mir gar ze swär
und verwandelt in groszes wee,
liederb. der Hätzlerin 1,119,73, s. 89.
MELDESTELLE, f. stelle an der man sich als neu einge-
zogener bewohner einer stadt zu melden hat. vergl. meldeami
und das folgende.
MELDEWESEN, n. art und geseizliche erfordernisse des sich
anmeldens: das unterzeichnete polizeiamt hat... wahrgenom-
men, dasz den vorschriften der bekanntmachung vom 7. mai
1872, das meldewesen betreffend, nicht immer mit der durch
die sache selbst gebotenen pünctlichkeit und gewissenhaftig-
keit nachgegangen wird. die einzelnen meldestellen sind
deshalb angewiesen worden, jede zuwiderhandlung . . . zur
anzeige zu bringen. Leipziger bekanntmachung vom 19. febr. 1882.
MELDUNG, f., ahd. meldunga, mhd. meldunge, nach den
‚erschiedenen bedeutungen des verbums melden.
1) nach melden 1, verrat, anzeige zu eines schaden? proditio
irradunge, meldunge DıEr. 462‘; meldung, proditio, et non
est traditio, sed tamen proditio, sonat in malo. voc. inc. theut. n 5°.
2) namentlich anzeige bei der obrigkeit zur bestrafung eines
(melden 2). HaıTAus 1339: calumpnia, bescheldunge, unrechte
vel falsch meldunge vel beresperunge. voc. ebenda; delatura,
beclaginge, meldinge DıEr. nov. gloss. 129".
3) nach melden 5, a, gerichtliche rechtsverkündigung : dasz sind
lie recht und meldung unsers gottshaus vor dem pirg und
in dem gebirg, die wir haben, in allen unsern hofmarchen.
weisth. 3, 673 (Baiern, von 1462); item ob ichts in den mel-
dungen vergessen wär, das sol meiner frauen, irem gots-
haus und auch euch unschedlich sein. 679,
4) auch sonst verkündigung, anzeige, nach melden 5, b bis 5, e:
der soldat, der wächter, der diener machte eine meldung;
(ich) sende einen boten flugs nach Heilbronn dem vater zu,
mit folgender meldung: das Käthchen sei bei mir, ich hü-
tete seiner. H. v. Kızıst Käthehen von Heilbronn 1,1;
ich) fühl, ich weisz nicht was vor unverhoften zunder,
durch lieder hoher kunst und meldung deiner wunder,
mich. der ich liegen musz, aus staub und nacht zu ziehn.
GÜNTHER 711;
kam je ein leichnam aus der gruft gestiegen,
der meldung that von der vergelterin?
£ SCHILLER hist.-krit, ausq. 4,29;
der weiszen sterne schein glänzt in der blauen feldung (der
flayge);
sie bringt der alten welt von einer neuen meldung,
an deren grünem strand das schiff vorüberzog.
FREILIGRATH dicht, 1,91.
5) meldung, auch nur erwähnung, das gedenken mit worten
melden 8): mäldung, dächtnusz mit worten, mentio, memo-
ralio, commemoratio MAALER 281°; meldung, mentio Frisch
1, 658°; in den formeln meldung thun, meldung beschieht.
geschieht: von dem disz buch... meldung thut. Aimon, vorr.;
Agraces und Mabila, deren diese gegenwertige history oft
meldung thun wird. Amadis 13; hie thut er allein meldung
des brots. Fıscnart bienk. 91°; eine meldung von was thun,
mentionem alicujus rei facere. STEINBACH 2,43; eines dings
meldung thun, mentfionem facere alicujus rei. oder von einem
Jine. de aliqua re. FRISCH 1. 658:
MELDUNGSAMT — MELK 1996
wasz soll ich meldung thun, wie sich die söhne kränken,
und ihre schwester auch? ROMPLER 115;
von der kirch und gottesdiensts restaurirung geschahe kein
meldung. ScHupPPıIus 723; sahe er den Lazarum herbei kommen,
dessen in dem evangelio meldung beschicht. 748; bücher,
worin von den unglücklichen opfern des spiels meldung
geschieht, sind ganz vortreflich in meinen plan. SCHILLER
hist.-krit, ausg. 3,178;
Chatillon. der herzog bittet, dasz des alten streits
beim ersten wiedersehn mit keinem worte
meldung gescheh! Karl, versenkt im Lethe sei
auf ewig das vergangene. jungfr. von ‘Ort, 3,2;
;n die bedeutung der überlieferung (melden 7) übergehend: die
tugend zu krieg und friedens-zeit in denselbigen dapfern
zemüthern zu erhalten, und den ackerbau zu üben, dessen
;org (besorgung), ja meldung, nicht an wenig orten, die gar
ırschreckliche krieg und waffen untertruckt haben. ScHuppPius
N1.
6) meldung nach melden 11, anzeige zufolge einer verpflich-
‘ung oder zur geltendmachung eines rechts: die meldung der
zläubiger zur masse des gemeinschuldners; die meldung des
ı1om urlaub zurückgekehrten soldaten; wer die meldung
jeines umzugs bei der polizei versäumt, wird bestraft.
MELDUNGSAMT, n. wie meldeamt.
MELDUNGSBRIEF, m. brief der etwas meldet; vergl. melde-
rief und meldungsschreiben.
MELDUNGSSCHREIBEN, n.: alle meldungsschreiben und
revatterbriefe übernahm Mittler. GÖTHE 17, 300.
MELISSE, f. bienenkraut, nach dem mittellat. melissa (von
griech. u&A000«) seit dem 16. jahrh. ins deutsche übernommen,
zuerst wol mit deutscher betonung melisse, wie aus der schrei-
bung hervorgeht: melissa melisz, mellisz DıEer. 354°; alsbald aber
zuch in fremder betonung melisse: melissen, müterkraut,
ıpiastrum, melinum, meliphyllum, melissophyllum MAALER 288°;
melisse, melissa, aptastrum Frıscuy 1, 658°; die rechte melissen
wächszt vil eh im gehölz und wälden, dan inn gärten. SEBıIZz
“eldb. 252; bei NemnicH führen den namen auszer melissa auch
lie pflanzen moluccella, die molukkische melisse 3, 580; perilla,
ndianische melisse 4,911; und dracocephalum moldavica, tür-
tische melisse, bastardmelisse 2, 1446.
MELISSENBLATT, n. 1) blatt der melisse: hände voll me-
‘ssenblätter. JAcoBsson 6, 548°,
2) die pflanze melittis melissophyllum, auch bergmelisse,
vanzenmelisse, waldmelisse. NEMNICH 3, 544.
MELISSENBLUME, f. blüte der melisse: diejenigen welche
mit bienen umbgehn, und nicht gerne wöllen, dasz sie jnen
ıusz jren körben entflihen, ... pflegen allwegen jre immen-
;töck mit melissenblumen zu reiben. SEBiz feldb. 252,
MELISSENKRAUT, nz. das kraut der melisse: melissenkraut
nacht das herz frölich, und die traurigen geister von schweren
nelancholischen gedanken und phantaseien frei. ebenda.
MELISSENWASSER, n. aus melissen destilliertes wasser: das
nelissenwasser ermuntert und erfräuet die schwärmütige per-
‚onen, hilft wider den schlag... das. 412; melissenwasser zu
rerfertigen. JACcOBSSON 6, 548°.
MELK, adj. milch gebend; ahd. melch foetus, mhd. melch;
las mittelengl. milche, neuengl. milch, das auf ags. mylce zu-
‘ückweist , sowie das nord. milkr giving milk (ViGFusson 428°)
zeugen für den umstand, dasz das wort dem alten gemein-
jermanischen sprachschatze angehört. der endlaut von melk ge-
zört der mißleldeutschen lautstufe an, die mit der niederdeutschen
ibereinstimmt , westfäl. melk WoEgsTE 173°; göttingisch melke
5CHAMBACH 133"; osffries. melk TEN DOoRNKAAT-KOOLMAN 2, 588° ;
‚berdeutsch steht dafür melch ScHm. 1,1591 Fromm.; kärntn.
nelch milch gebend LEXER 189; alem. melch, mälch, mälchig
°TALDER 2,207. das wort wird gebraucht
1) im eigentlichen sinne, vom vieh, namentlich der kuh, milch-
‚ebend: vacca mulsaria ein melke ku Dier. 604”; 15 melke
Kühe. SCHWEINICHEN 2,199; herr, eine gute melke kuh ist
zein tand, A. GrRYPmus (1698) 1,814; eine kuh die eben melk
zeworden. Möser pafr. phant. 1,303; auch, als gegensatz zu
zelt (s.d.), was ebensowol nicht milchgebend , als nicht kräftig
jedeutet, trächtig, tragend: die blässe ist melk, und wenn sie
‚erkalbt, so seid ihr vom hof. ImmERMANN Münchh. 3,5. vgl.
ltmelk, frischmelk, neumelk.
2) schweizerisch auch vom futter, milcherzeugend. STALDER
, 207,
3) bildlich in mehrfacher anwendung; zunächst an die be-
;eulung 1 anaeschlossen !