2001 MELODIE
nr. 136, 1), aber daneben kommt, wie frühe steht dahin, auch
das aus Martianus Capella (lb. IX $ 905 ed. Kopp) den zeit-
genossen bekannte melodia auf, das von vornherein nur auf die
töne des gesanges und ihre wollautende ordnung sich bezieht (da-
her die übersetzungen suozsanc, süzsanc melodia GRAFF 6, 253;
melodia guot gedeene voc. opt. 28,34):
et nos voce praecelsa
omnes modulemur,
organica cantica,
dulci melodia. nr. 174,7 (11. jahrh.);
ın einem sirengeren sinne sich ausbildend, und in bezug auf die
sequenzen: scquitur versus cpulemur, inde melodia. ordo rom.
bei Du CAncE von HENSCHEL 4, 350‘; honorifice, sicut superius
intulimus, et sequentiam melodient in eadem die. ebenda
(ordensregel der abtei Farfa in Italien); oder in freierem, über-
haupt wie gesang, weise: ita tamen ut quam diu advixerimus
„<.. Septem psalmorum melodiam cotidie decantent. ebenda
(urk, Karls des einfältigen von 917). das in der kirchen- und
klostersprache nun viel angewendete wort dringt im mhd. auch
in die weltliche rede ein, zunächst, seiner natur nach, als ein
gewählter und nicht häufig verwendeter technischer ausdruck :
diu wisit si (die sänger) ze wunsche wol;
diu weiz wol, wä si suochen sol
der minnen melodie. Trist. 122,15;
wie er die silben künne,
herlich die melodie,
iclichem dön daz sin. Kolmarer meisterl. nr. 33,24;
nachher aber, wenn auch hier nur langsam vordringend, immer
mehr als wort des gemeinen lebens, in der form melodei mü
dem ton auf der letzten silbe: melodia melodey DiEr. nov. gloss.
250° (von 1429); melodei modus, modulus Dasyp.; niederl.
melodije, melos, melodia, cantus suavitas, modulatio, modulamen,
soncentus, harmonia Kıııan; ein bericht, uff was thon und
melodey, ein jedes (lied) mag gesungen werden. WACKERNAGEIL
kirchenl. 1, 448° (16, jahrh.); in der flammweisz, oder in her-
zog Ernsten melody. 747° (Straszburg, um 1524); 0 liebliche
music, 0 süsze melodei! ScHuppius 65; ihr herren, dasz ihr
die melodei mit begreifen könnet, so will ichs auch singen
im thon: ach traute schwester mein. Cur. Weise erzn. 173
Braune; melodei... der ton und die abwechslende art des-
selben heim singen. Frısch 1, 658°;
und dises sangen sie mit süszer meloıei.
WECKHERLIN 661;
diese form dauert bei dichtern bis auf unsre zeit, angewendet
auf das lied und alles liedförmige und an die töne des liedes
erinnernde, das auch im vogelgesange herausgehört wird?
was hüpfi und geht,
trägt Amors liverei,
was athmet und weht, N
singt Amors melodei. Fr. MüLLER 3, 118;
es ist nur spasz,
der tact, du aas,
zu deiner melodei (: brei), GöTtHE 12,126:
ich fühle deinen schönen mai,
und Philomelens melodei. BÜRGER 12’;
(sie) singt ein lied dabei,
das hat eine wundersame,
rewaltge melodei. H. Heine 15, 130:
doch kommt melodie (dreisilbig), dem franz. melodie entspre-
chend, bereits im 16. jahrh. auf, und wird seit dem vorigen
gewöhnlich: damit ein jeder diese evangelia singen könne,
ob er gleich die melodien, so darbei genotiret, nicht ver-
stehen oder lernen mag, wil ich hiemit darneben anzeigen,
uff welche weise sie jederman singen könne. WACKERNAGEL
d. kirchenl. 1,448°; wie die declamation des redners seiner
rede das leben gieht, so giebt oft die melodie erst dem
jede seine ganze kraft. GELLERT 2,92;
sie (die einfalt) hört auch grob, und in der melodie
der nachtigall erschallt kein ton für sie. HAGEDORN 1,68;
und spielet sie
der liche klagelieder,
an Tausche (Linde) nicht in ihre melodie,
GÖKINGE lieder zweier lieb. (1779) 105.
was die seele tief durchklungen,
was berauscht der mund gesungen,
glüht in hoher melodie, Körnger 2,26;
es heiszt eine melodie singen, pfeifen, geigen, spielen, blasen ;
ein lied nach der melodie eines andern; dieses lied ist auf
die melodie des mantelliedes gedichtet, wird nach der melodie
des mantelliedes gesungen; die melodie eines musikstückes
gegenüber seiner harmonie:
ur
MELODIENBLITZ — MELODISCH 2002
da du flichst aus unsern armen,
sitzen wir betrüht allhie,
inioniren dir ein carmen
. nach bekannter melodie. PLAtEN 63;
zollectiv: vergebens wirbeln mir die vögel melodie,
vergebens duften mir die blüthen, Hönty 48 Halm;
ıber dem plur. melodeien, später melodien gegenüber nur aus-
nahmsweise: so hab ich doch derselbigen etliche (lieder) zu
ünterschiedlichen, mir sonderlich heliebenden melodeien zu
verförtigen nicht unterlassen. WECKHERLIN vorrede zu d. geist].
pedichten ;
ir singt der vögel muntre schaar
mit tausendfach-gebrochnen melodeien,
mit tausendfachen schmeicheleien,
ein lied, das sie der schöpfer selbst gelehrt,
DROLLINGER 46;
hatten ihn (einen voyel) die feen
begabt, zu singen frank und froh
hallade, virelay, rondeau,
und tausend schöne melodeien,
die einem leib und seel erfreuen. WIELAND 18, 364;
bei den meisten dieser lieder habe ich auf kirchenmelodien
zurückgesehen. GELLERT 2, 92;
(ich) hörte dich (schönheit) in den bebenden melodieen
ihrer schwebenden stimme. STOLBERG 1,130;
die vöglein alle tauschen
die süszen melodieen. Tizck Octavian s. 6;
ein schnitterhaufen führte heim die garben,
und sang und jubelt und ergötzte sich;
doch als die heitern melodien erstarben,
trat in den burghof herzog Udelrich. PrAten 317;
uns flosz der rasche strom der stunden
in freien melodieen fort. UHLAND ged. 17 (‘mein gesang') ;
zuch von den tönen eines vogels, der nicht singvogel ist:
(wir) horchten auf‘ die melodien,
die kibiz und rohrdommel schrien. Voss 2,247;
im rauschen des flusses, des sees wird melodie gehört:
lispelt bäche, die durch blumenthäler fliehn,
angenehmre melodien! Hönty 127 Halm;
hier rauscht des seees melodie,
hier tönt der vögel klang;
es wird in dieser symphonie
mein athem selbst gesang. STOLBERG 1,409;
melodie in bildlichen tedensarten: dasz sie, zu dumm, um
nach ihrer eignen melodie thoren zu sein, daher mit frem-
'en kälbern pflügen. J. Pauı grönl. proc. 1,40;
’escheidenheit! ruft die prinzessin: an einem manne wie sie
‚ind dinge bemerkenswürdig, die nichts an andern bedeuten.
loch, um vergebung, mein herr, wenn diese melodie
hr ohr vielleicht verletzt? WIELAND 5,24 (n. Amadis 12, 31):
führst du auch aus unsren pforten
mit dir keine theure sie,
freien läszt sich aller orten
nach bekannter melodie,
PLATEN 63 (‘abschiedslied nach bekannter melodie’),
MELODIENBLITZ, m. :
dann ergreift ihn (den tondichter) ein bacchantisch wüthen,
wilde melodieenblitze sprühn.
KÖRNER 1,115 (bei der musik des prinzen
Louis Ferdinand).
MELODIENFLUSZ, m. fülle von melodien einem flusse ver-
lichen: der melodienflusz in Schuberts liedern.
MELODIENREICH, adj.: eine melodienreiche oper. auch
melodiereich :
sie giebt euch auch nicht umsonst die melodiereiche leier,
für jeden im glücklichen gleichlaut gestimmı.
ZAcHARıÄ bei CAmpg unter gleichlaut.
MELODIENREICHTHUM, m. : der melodienreichthum dieser
ıper machte sie schnell beliebt; Mozarts melodienreichthum.
MELODIENZUG, m.:
und als das herz des neuen menschen schlug,
da fingen die dort oben an zu kreisen,
und tönten hin im melodienzug,
vorm menschenohre gottes macht zu preisen.
RÖcCKERT ges. ged. 1,43,
MELODISCH, adj. und adv. das wesen der melodie habend,
jesangreich, wollautend; eine von ADELUNG zuerst aufgeführte
bildung, die wol nicht über das 18. jahrh. hinausreicht, und
erst seit dem letzten drittel desselben in dichterischer sprache sich
"echt verbreitet hat; gebraucht vom lied, gesang:
in melodischem fluge des gesanges. STOLBERG 1,129;
wenn der entzückung sohn, der gesang, in goldenen locken,
tönend, von harmanieen umsäuselt, melodisch einherschwebt!
198;
ha, wie es schwärmt und lebt von tausend leben,
die alle dich, unendlicher, erheben,
zerflossen in melodischem gesang.
ScHILLER hist.-krit, ausg, 1,29;
1976