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2085 . MENSCHLICH
geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die gottheit sei
gleich den gülden, silbern, steinern bilden, durch mensch-
liche gedanken gemacht. ap. gesch. 17, 29; und mein wort und
meine predigt war nicht in vernünftigen reden menschlicher
weisheit, sondern in beweisung des geists und der kraft.
1 Cor. 2,4; hab ich menschlicher meinung zu Epheso mit
den wilden thieren gefochten? 15,32; ich wil nach mensch-
licher weise reden. Gal. 3,15; wenn der arzt . . . zu euch
spricht: menschliche hülfe ist umsonst! ScaiLLER räuber 5, 1;
da musz mich eben ein zarter seufzer im nebenzimmer an
die menschliche schwachheit erinnern. Arnım Hollins liebe-
leben s. 33 Minor; was ihr hartnäckig begehret, das wurde
nach menschlichem erkennen für alle zeiten vereitelt. FREY-
TAG ahnen 4,437; nach menschlicher berechnung wird der
kranke in diesen tagen sterben ; nach menschlichen begriffen
zu reden w. ähnl.;
einen kreis,
den menschlicher verstand nicht zu ermessen weis,
BROcKESs 2,197;
adverbial: ich mus menschlich davon reden, umb der
schwacheit willen ewers fleisches. Röm. 6, 19;
es ist menschlich zwischen uns beeden
in warheit anders nicht zu reden,
dann jhr majestat sterb die tag,
J. AYrRER 143* (716,15 Keller);
in formeln, wie menschlich irren, fehlen, straucheln, gleiten:
ich habe menschlich, gm gefehlt,
die macht verführte mich. ScHILLER M, Stuart 3,4;
sprichwörtlich irren ist menschlich; es ist menschlich, es be
gegnet dem menschen, humanum est. MAALER 288°
weil irren menschlich ist, kümmt klärlich an den tag,
dasz weiber man nur auch für menschen rechnen mag:
es irrte Grunnia zum tügen menschlich nu,
sie sollte gehn zum mann und gieng zum knechte zu,
LoGcaU 1, 106,46;
wen straft kein selbstbetrug? wie menschlich ists zu gleiten?
HAGEDORN 1,97,
4) diese bedeutung auch in der formel menschlich und mög-
lich, wofür jetzt menschenmöglich (s. d.): ich solt ihm nur
sagen, wasz ich gern hett, und wasz ich dörft, wär es
menschlich und müglich, so wolt er sich nit spahren, und
wolts überkommen. Görz von BeErı. 76; doch will ich hierin
alles das muglich und menschlich ze thun nit underlassen.
SCHERTLIN br. 80; so viel müglich und menschlich. M. NEANDER
vom sel. absterben s. 6; so viel nur immer menschlich und
müglich war, vollenbracht Cincinnatus. Kırcyyor wendunm. 79°;
es soll ein jedere mutter, so viel immer menschlich und
müglich, ihr kind selber tränken (säugen). CoLERUS haus-
apofhek (1640) 354; ein kopf so mit ander leut augen sieht,
dem ists nicht menschlich noch müglich, sich für betrug
zu behüten. LEBMANN floril. 1, 463; was nur menschlich und
möglich ist, quanium homines possunt. STEINBACH 2,46; auch
mensch- und möglich: dieser tuht hier so viel ihm immer
mensch- und müglich ist, noch dennoch kann er in der weiten
welt kein weib bekommen. Görınc liebesmeyenblühmlein (1654)
105; mensch- und möglich. irrg. d. liebe 62; daher mensch-
liche möglichkeit: auch sogar des allerkleinesten kindes
bestes nach meiner menschlichen möglichkeit zu befördern.
Felsenb. 4,236; es ist aber keine menschliche möglichkeit im
november schon zu euch zu kommen. WıeLAnD in Mercks
hriefs. 2,107. vergl. auch menschmöglich.
5) menschlich , mit hinblick auf das gebrechliche und sterb-
liche des menschen:
menschliches wesen
was ists? gewesen,
in einer stunde
zeht es zu grunde. P, GERHARD 294,61;
man musz menschliche zufälle ertragen, humana ferenda sunt.
STEINBACH 2, 46;
wie wenn, als (wie es) menschlich ist, sie längst vorhin
gestorben! A. GRYPEBIUS (1698) 1,131:
ich halte warlich nicht, dasz dieser wütrig wuste,
dasz er auch menschlich war, und dasz er sterben muste,
RACHEL sulyr. ged. (1667) s. 69
6) so wird das straucheln, fallen, unglück, der tod des
menschen als etwas menschliches bezeichnet: er (der schau-
spieler) musz überall mit dem dichter denken; er musz da,
wo dem dichter etwas menschliches wiederfahren ist, für
ihn denken. LEssınG 7,4; seine markgrafschaft hatte er
(Friedrich von Baden), ehe er in den krieg zog, seinem sohne
MENSCHLICH 2086
‚.bgetreten, um sie durch diesen kunstgriff der rache des
kaisers zu entziehen, wenn das glück etwas menschliches
iber ibn verhängen sollte. ScHiLLER hist.-kril. ausg. 8, 111;
„. Jandsmann, tröstet ihr
mein weib, wenn mir was menschliches begegnet (Tell
zum hirten). Tell 1,1;
. den dichtern auch
begegnet jezuweilen etwas menschliches. PLATEN 281;
etwas menschliches kann aber auch sinnliche schwäche, sinn-
üichkeit bedeuten: ;
gesetzt, sie fühlt bei dem gemählde schon
was menschliches: so dient es ihr zur lehre.
WIELAND 17,15 (Idris 1,8).
7) der mensch selbst wird danach menschlich genannt, vergl.
unter mensch 8, d sp. 2026; schon mhd.:
des müge wir wol der megde jehen,
die got liphaft ze himel nam,
dar menschlich mensche nie bekam.
minnes. 2, 175° Hagen;
jein fühlen ist menschlich, wenn er sich hinreiszen läszt; im
ipiel mit der folgenden bedeutung (8):
Antonio, allein gestehe, wenn ein wackrer mann
mit heiszer stirn von saurer arbeit kommt,
und spät am abend in ersehnten schatten
zu neuer mühe auszuruhen denkt,
und findet dann von einem müsziggänger
den schatten breit besessen, soll er nicht
auch etwas menschlichs in dem busen fühlen?
Leonore. wenn er recht menschlich ist, so wird er auch
den schatten gern mit einem manne theilen,
der ihm die ruhe süsz, die arbeit leicht
durch ein gespräch, durch holde töne macht.
GöTHE 9,185.
8) menschlich, von dem, was allen menschen gemeinsam
m gehobenen denk- und empfindungsleben hervortrilt und was
‚on gesellschaftlichen bezügen abgesehen ihre eigenartigkeit aus-
nacht, vergl. dazu mensch 8,e€ sp. 2027: ich bin ein mensch,
ıichts menschlichs ich von mir fremd schetze. Terent. deutsch
1499) 69°, nach
homo sum, humani nihil a me alienum puto,
Heautont, 1,1,25;
und der gröszte derer, die weiber gebaren,,der gröszte,
weil er der menschlichste war.
KıopstocK 5,354 (Mess. 15, 617) ;
mit besonderer beziehung auf vernunft und überlegung, in der
“ormel menschlich leben: aber da ein mensch lebt nach ver-
ıunft, das heiszet menschlich gelebt. KEISERSBERG pred. 62';
velches allermeist menschlich, das ist vernünftiglich lebt,
las ist alleredelst. seelenpar. 5°; o mensch, du solt mensch-
ich leben, dem bösen wird got nach geben. STEINHÖWEL
Ksnp (1569) 22; im gegensatz zum thierischen *
gott gab uns die vernunft, dadurch uns zu regiren;
wir brauchen die vernunft, dadurch uns zu verführen:
ein mensch hat zwar vernunft, lebt aber wie ein vich,
ain vich hat nicht vernunft. lebt menschlich gegen sich.
LocAu 1,135,83;
mit betonung des empfindungslebens: menschlich heiszt uns die
schilderung eines affects, nicht weil sie darstellt, was ein
zinzelner mensch wirklich so empfunden, sondern was alle
nenschen ohne unterschied mit empfinden müssen. SCHILLER
hist.-krit, ausg. 6, 336; es heiszt ein menschliches gefühl, inter-
esse, ein menschlicher zug, blick w.s. w.! überhaupt hat
das gebirgsleben etwas menschlicheres als das leben auf
dem flachen lande. GörHE 21,20; das gespräch verlor sich
ndesz..in die vergangene zeit, und es fehlte nicht an be-
ahrten personen, welche jener vor der gegenwärtigen den
torzug gaben, wenigstens in absicht auf ein gewisses mensch-
jiches interesse und einer leidenschaftlichen theilnahme,
welche dabei vorgewaltet. 24, 307; sie wuszten auch einen
schönen menschlichen zug dieser hohen personen zu er-
zählen, die wir so eben in dem gröszten prunk vorbeiziehen
gesehn. 309; so müssen sie mich ansehen, in dem blick
liegt doch etwas menschliches. Freytag dram, werke 1, 365:
auf diesen berg ist er gestiegen,
auf diesem stand er tausend mahl;
das stillste menschlichste vergnügen
stand bei ihm, sah mit ihm ins thal! G_LEmm 2,226;
und freundlich hoff ich unter holdem schutz
ein menschlich finden in willkommner stunde,
FrEYtAG dram. werke 1,127;
menschlich sein:
der schönheit wollen wir uns freun,
und bei der schönen gaben fülle
nicht menschen nur, auch menschlich sein. Voss 4,262;
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