Full text: L. M. (6. Band)

2107 MERKWORT — MERKWÜRDIG 
das gestirne des himels. Köpız 11,1; das mit gütem fleisz 
überlesen und merkung darauf haben. H. BRAUNSCHWEIG chir. 
(1539) 6; im geistlichen sinne: consideratio merkunge der ge- 
danken, merkung, uffmerkung, hinderdenkung Dier. 144°; 
hie ist zu merken, das zweierlei weise gegleubt wird, zum 
ersten, von gott, das ist, wenn ich gleube, das es war sei, 
was man von gott saget.. dieser glaube ist mehr ein wissen- 
schaft oder merkung, denn ein glaub. LutHER 1,323°; 
auch Lueifers und Adams straf 
mit rechter merkung nit verschlaf. 
. SCHWARZENBERG 157°; 
als übersetzung im titel eines traclats des h. Bernhard von Clair- 
vaux de consideratione libri quinque: 
doch wizzet daz sant Bernhart 
die wärheit lützel hät gespart 
in sinen fümf buochen der merkunge. Renner 9250; 
mit merkung auch mit aufmerksamkeit, andacht: 
nü sullit ir gedagin .. 
und mit merkunge spen, « 
in welchir wis daz heilige lant 
ofte si von hant in hant- 
mit wandelunge kumen. JEROSCHIN 21463. 
3) merkung, nach merken 6, das behalten im gedächtnisse : 
lesung ist leichter als merkung, lectio multo facilior est, quam 
recordatio. STIELER 1270. 
MERKWORT, n. wort als merkzeichen; in der bühnensprache 
das schluszwort einer rede als zeichen für den mitspielenden, 
dasz er fortzufahren habe, stichwort: dasz ich auf meine merk- 
worte sehr aufmerksam sein musz. Tieck 6,78; Emanmnuels 
ruhe, womit er die gastrolle des lebens bis aufs letzte merk- 
wort ausspielte. J. Pavı Hesp. 4, 43; warum hat sich noch 
niemand darüber verwundert, dasz er (der dichter) in den 
scenes detachees des traumes den agierenden personen wie 
ein Shakespear die eigenthümlichste sprache, die schärfsten 
merkworte ihrer natur eingibt, oder vielmehr, dasz sie. es 
‚hm souflieren, nicht er ihnen? J. PauL briefe u, lebensl. 64; 
was ist ihm (dem schauspieler) Hekuha, was ist er ihr, 
dasz er um sie soll weinen? hätte er 
das merkwort und den ruf zur leidenschaft 
wie ich: was würd er thun? Shakesp. Hamlet 2,2, 
the motive and the cue for passion; 
bei den buchdruckern merkwort, blatthüter, kustos das am 
untern ende einer seite allein gesetzte wort, das sich als anfang 
der nächsten wiederholt. 
MERKWÜRDIG, adj. notatu dignus, notatione dignus. Frisch 
i,659°: merkwürdige dinge, res memorabiles. STEINBACH 2, 1052; 
ein merkwürdiger krieg, bellum memorabile. ebenda ; eine merk- 
würdige schlacht, memoranda pugna. ebenda; Genueser, das 
ist eine merkwürdige stunde. ScHiLLER Fiesko 3,5; etwas ist 
merkwürdig, wird merkwürdig gemacht, gefunden: das deucht 
mich merkwürdig zu sein, memoriae prodendum id mihi videtur. 
STEINBACH 2, 1052; dieser tag war an traurigen auftritten bei 
unserm patienten besonders merkwürdig. ScHILLER hist.-krif, 
ausg. 1,111; der tod des königs von Navarra, welcher auf 
eine vor dieser stadt empfangene wunde erfolgte, macht die 
belagerung von Rouen im jahr 1562 berühmt, aber nicht 
eben merkwürdig. denn der hintritt dieses prinzen blieb 
gleich unbedeutend für beide kämpfende parteien. 9,323. 
das haus mag wohl für fremde merkwürdig sein. FREYTAG 
handschr. 1, 84; er...fand die bodenbildung des gutes sehr 
merkwürdig. 336; subsianliv etwas merkwürdiges, entweder das 
geschieht? viel merkwürdiges gethan haben, multa memora- 
bilia effecisse. STEINBACH 2, 1052; alles was geschieht, das 
merkwürdige wie das unbedeutende, reiszt der zeitstrudel 
mit sich in die vergessenheit hinab. SCHILLER hist.-krit. ausg. 
9, 186; ich bin überzeugt, dasz mir auf meiner ganzen reise 
nichts so merkwürdiges aufstöszt, als mir mit euch und 
eurem kinde und dem löwen begegnet ist. Tıeck Octav. 160; 
das merkwürdige eines solchen fundes. FrevraG handschr. 
1,17; beide empfanden, dasz etwas merkwürdiges und viel- 
verheiszendes in dem thale schwebte, welches sie als suchende 
betraten. 58; oder das man beschaut: weil ich ohnediesz 
wünschte, das merkwürdige dieser stadt zu sehen. SCHILLER 
hist.-krit. ausg. 4, 197; es war auch hier nichts merkwürdiges 
zu sehen. Freytag handschr. 1, 91; 
da der chevalier 
so viele länder hat gesehen, wird 
er ohne zweifel viel merkwürdiges 
uns zu erzählen wissen. SCHILLER don Carlos 1,4; 
die heutige sprache verbindet mit merkwürdig gern auch den ab- 
geschwächteren sinn des auffallenden. vermunderlichen * zweierlei 
MERK WÜRDIGKEIT — MERKZEICHEN 2108 
war das merkwürdigste an dem vagabunden. IMMERMANN 
Münchh. 1, 168; sehr merkwürdig ist, wie mit dieser abnahme 
ler denkkraft eine unruhige und zerstörende sinnlichkeit 
iberhand nimmt. FrevytrAG handschr. 3,54; von da ab trat 
(bei der aufführung eines schauspiels) auf einmal, ich weisz 
selbst nicht, weshalb, eine merkwürdige erkaltung beim publi- 
:um ein. P. Lindau wie ein lustspiel entsteht (1876) s. 71; oft 
vuch nur den des auszergewöhnlich starken: das kind hat eine 
merkwürdige ähnlichkeit mit seinem vater; das ist ein merk- 
würdig steiler fels; und es wird das wort selbst mit einem 
ınfluge von humor gebraucht: das ist ein merkwürdiger kerli, 
‚on einem der durch sein thun oder wesen auffällt; er hat eine 
nerkwürdig hohe meinung von sich. 
MERKWÜRDIGKEIT, f. das merkwürdigsein, merkwürdige 
ırt: das häufigere vorkommen benimmt dieser spielart nichts 
7on ihrer merkwürdigkeit; der merkwürdigkeit halher etwas 
jehen oder hören; merkwürdiges ding oder geschehnis: merk- 
vürdigkeit, res memorabilis STEINBACH 2, 1052; die lage eines 
ortes, oder eine merkwürdigkeit der natur zu beobachten. 
KÄSTNER verm. schriften 1,47; privatbegebenheiten, .. welche 
sich in dieser gattung durch irgend eine interessante merk- 
vürdigkeit auszeichnen. ScHILLER hist.-krit. ausg. 4,113; im 
olur.- die ganze ausbeute jenes vereins besteht in einigen 
historischen arbeiten, in geschichtsforschungen , worunter 
namentlich die abhandlungen des dr. Zunz über die spa- 
aischen juden im mittelalter zu den merkwürdigkeiten der 
höheren kritik gezählt werden müssen. H. HEINE 14, 188. 
MERKZEICHEN, n. zeichen durch das man etwas merkt oder 
rkennt: kennzeichen sive merkzeichen, nota, character STIELER 
2610; merkzeichen nofa STEINBACH 2, 1076; merkzeichen signum, 
notaculum Frisch 1, 659°; so kan ein engel kein mesz halten, 
lieweil er den priesterlichen character, das ist, das pfafßite- 
isch merkzeichen noch brandmal nit hat. nun stehet aber 
ıusztrucklich geschriben, das niemands kaufen noch ver- 
saufen mag, er führe dann den character und das merk- 
zeichen, oder je den namen der bestien. FıscHart bienk. 136°; 
vas woltestu... diesen oder jenen examiniren und heimlich 
’angen, wo oder in welchem wirtshause er logiret gewesen, 
was diese oder jene stadt vor ein sonderliches ken- und 
merkzeichen, wo man in die stadt gienge? SCHUPPIUS 547; 
lem ärmsten landmann, der ein kind begräbt, ist es eine 
ırt von trost, ein schwaches hölzernes kreuz auf das grab 
‚u stellen, es mit einem kranze zu zieren, um wenigstens 
las andenken so lange zu erhalten als der schmerz währt, 
venn auch ein solches merkzeichen, wie die trauer selbst, 
lurch die zeit aufgehoben wird. GÖöTHE 17,202; das lesen 
des hebräischen) ohne diese punkte und striche sei eine sehr 
ichwere aufgabe, und könne nur von gelehrten und den 
jeübtesten geleistet werden. ich muszte mich also bequemen 
‚uch diese kleinen merkzeichen kennen zu lernen. 24, 201; 
ıän finker und wohl unterrichteter lohnbediente . , jagte mich 
lurch alle straszen, durch so viel paläste und kirchen, dasz 
ch kaum in meinem Volkmann anzeichnen konnte, wo ich 
zewesen war, und wer weisz ob ich mich künftig bei diesen 
nerkzeichen aller der sachen erinnere. 27,162; und so ver- 
rachte ich den ganzen tag, indessen Kniep nicht säumte 
ıns die genausten umrisse zuzueignen. wie froh war ich 
von dieser seite ganz unbesorgt zu sein und für die erinne- 
rung so sichere merkzeichen zu gewinnen. 28,14; mit näherer 
bestimmung durch einen abhängigen satz: was ist doch das 
alter ohne frömmigkeit? anders nichts, als ein besser merk- 
zeichen, das uns die rache des allerhöchst-getröhnten desto 
üglicher treffen könne. Burscyxy Patm. 453; so wäre es ein 
merkzeichen, dasz der heil. Antonius sein gebet erhöret hätte. 
irrgarten 52; wahrer und echter regeln des dichtens sind nur 
etliche wenige; und die haben denn sichre und gewisse 
merkzeichen, an denen sie gleich erkennen mag, wer augen 
m kopfe hat. KLopsTock 12,78; es gibt geheimnisse in der 
natur, merkzeichen, die die verborgne hlutschuld offenbaren 
ınd heimlich verscharrt unrecht zum tageslicht hervor ziehn. 
“R. MÜLLER 3,317; man findet nirgends einen biedern, recht- 
ichaffnen mann, ohne ein merkzeichen, das ihm die leute 
von der gegenseite angehängt haben .. und jene klugen leute 
rufen durch das merkzeichen ihren gesellen zu: trau ihm 
nicht, er ist ein pedant! ein reformator! ein beekler! ein 
moralischer schwärmer! KLıinGER 11,42; es gibt mancherlei 
denkmale und merkzeichen, die uns entfernte und ahge- 
schiedene näher hringen. keins ist von der hedentnne des
	        
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