2219 - MILLIONÄR — MILZ
oder als unbestimmtes zahlwort, zur blöszen bezeichnung einer
ungeheuern menge, namentlich im plur.; die vergieszung des
bluts von millionen menschen. E. v. Kıeıst (1765) 340; unter
millionen menschen wird kein einziger auf einem so leichten
wege ein geschickter schneider oder schuster. MöseEr palr.
phant. 2, 172;
(die sonne) schrenkt, mit ewig-hellem schein
hundert tausend millionen
millionen meilen ein. BRrockEs 1,133;
ein unendlich kleid (von glanz), drauf, statt der edelsteinen,
viel tausend tausend sonnen scheinen .
statt perl und gold, viel millionen erden, 197; .
vielleicht auch lehrst du mich, dasz tausend millionen,
dasz pflänzgen sonder zahl in einem sämgen wohnen,
DROLLINGER 69; -
wandelst über millionen sternen, Höity 63 Halm;
millionen formen, geschlechter, arten und farben,
das ist meine gestalt. HERDER zZ. phil. 1,53;
so vieler millionen wesen dank, H.,v.Kıgıst Amphitryon 2,5
yeı weglassung des subslantivs gern von menschen verstanden:
leben des menschen, ozean, auf welchem
millionen und millionen schifften! STOLBERG 1,263;
seid umschlungen, millionen!
diesen kusz der ganzen welt! ScHILLER an die freude;
million ungewöhnlich zustandsbezeichnungen beigesetzt? millioner
qual und elend auf dich, verrätherischer, giftiger lügner‘
Fr. MÜLLER 2, 187.
MILLIONÄR, m. besitzer einer oder mehrerer millionen geldes:
der konrektor, der sich gegenwärtig an die reihe der millio-
näre anschlosz. J. Paun Qu. Fizl. 122.
MILLIONENFACH, adj. und adv. - millionen gewächse trinken
von den vier elementen der natur. eine vorrathskammer steht
offen für alle; aber sie mischen ihren saft millionenfach an-
ders, geben ihn millionenfach anders wieder, SCHILLER 758°,
MILLIONENFÄLTIG, adj. und adv.:
dir lächelt Luna, wann ihr licht
sich millionenfältig bricht. STOLBERG 1,174.
MILLIONENMAL, adv.: unsere beste B. grüszen sie mil-
ijonenmal von mir. RABENER werke 6,97. auch mit flexion
‚on mal: deine fragen sind zu millionenmalen beantwortet
worden. LESSING 4, 84.
MILLIONENSTADT, f. stadt von mehr als einer million ein-
wohner: London, Paris, Berlin sind millionenstädte.
MILLIONER, m. das die million bezeichnende zahlzeichen ;
zahl aus der ordnung der millionen; gebildet wie einer, zehner,
hunderter, tausender u. s. w., von CAMPE zuerst aufgeführt, der
millioner auch für millionär sagen will.
MILLIONSTE, ordinalbildung zu million: zum millionsten
male.
MILLIONSTEL, n. der millionste theil eines ganzen.
MILLIONTE, neben millionste:
ach, und gestern schrieb ich meinen millionten liebesbrief.
PLATEN 283.
MILLIONTEL, n. wie millionstel.
MILTE, f., s. melde sp. 1991.
MILTHAU, n., s. mehlthau sp. 1870,
MILZ, m. f. n. lien, splen.
1) milz ist wie die bezeichnungen derjenigen anderen inneren
Jheile des menschen, denen die verarbeitung der speise und die
blutbildung obliegt (leber, lunge, magen), uraltes gut der deut-
schen gesamtsprache, aber ohne urverwandte bezüge, also erst au]
germanischem boden gebildet (nur herz, galle, niere reichen weiter
zurück); goth. und alts. zufällig nicht bezeugt, altn. milti, schwed.
mjelte, dän. milt; ags. mMilte, engl. milt; niederd, milte, nieder],
milt; ahd. milzi, mhd. milze, milz; in die romanischen sprachen,
als ital. milza, span. melsa u.a. aufgenommen, vgl. Diez 1,277,
die grammnf, 2,32 geschehene zuweisung des wortes zu ags. meltan
schmelzen (vergl. unter malz sp. 1514 oben) und seine deutung
°g concoquendo, solvendo succum’ entspricht der vorstellung, die
man von dem zweck der milz hatte, nämlich das blut leichtflüssig
zu machen und seine unreinigkeit zu säubern: daz milz ligt in
der denken seiten und zeuht in etleicher mäz an sich die
unsauberkait des pluotes. MEGENBERG 30,27; wann das milz
verstopft ist, gebieret es die schwarze gelbsucht, und viel
andere krankheiten. sein amt ist, dasz es den dicken und
irrdischen theil des durch den truncum der kresz-äderlein
dringenden chyli, wann solcher schon anfangen will, sich
im geblüt zu ändern, ehe er noch gar zur leber kommt, durch
eine eigne ader an sich ziehet, damit die leber das aller
reineste theil empfangen möge. HOHBERG 1. 160° -
MILZ 2220
in deme herzen ist unser leben,
‚on der lungene wir den ätem nemen,
von der lebere daz gesüne,
von dem milze lachen wir sliume,
von der gallen den zorn.
genesis in den fundgr. 2, 14,34.
2) ahd. und mhd. ist milzi, milze neutr., auch nhd. noch,
in starker, theils aber auch in schwacher decl.© Plinius spricht,
laz daz milz ain hindernüss sei des laufens. MEGENBERG 31,5;
‚on dem milz. 30, 25; daz sich des menschen lachen m&re
ıach des milzen grezen und sich minder näch des milzen
<lainen. 31, 9; guot für des milzes laster, 366, 9; das milcz
ınd das hercz. kuchenmeist. h6*; das milze, lien, splen MAALER
'90°; das milze in jungen grosz, in alten klein. ForER fischb.
3”; auf das milz gelegt. Bock kräuterb. 23; zu dem milzen.
JFFENBACH 1,125; des milzes. Würrtz pract. 136; die pfirsich-
sern .. öffnen die verstopfung der leber und desz milzens.
5gBIz feldb. 346; hüte dich so vil du kanst vor tatteln,...
lann sie machen verstopfung inn der leber und im milzen.
67; und noch im 18. jahrh.: das milz, lien, splen Frisch 1,663°
bairisch noch jetzt ScHM. 1,1597 Fromm., alem. ’s milzi TOBLER
119°. SEILER 207°); bei den Schlesiern aber masc.: der milz ist
hm aufgelaufen, lien ipsi turget, der milz sticht mich, splen
ne torquet. STEINBACH 2, 62;
zum linken ist der milz, zu dem das blut musz schieszen
das noch nicht sauber ist, Opitz 3, 214;
’benso bei LoGAU, s. nachher unter 3; aber niederd. ist das wort
em. hilpet der leveren unde der mylte. ScHiLLER-LÜBBEN
, 92° (auch altnorwegisch milt fem. FrRITZNER 448°) und von da
tus nhd.: milz, f., lien ScHOTTEL 1364; die milz, nonnungquam
las milz, lien, splen STIELER 1277; geh ein wenig spaziren,
las ist der milz sehr gut. ebenda; und so seit dem 18. jahrh.
Jurchweg: die milz und die nieren waren mit dem linken
grimmdarmgekröse verwachsen. SCHILLER hist.-krit. ausg. 1, 53.
3) die milz in gesundem zustand ist weich, in krankem hart,
jeschwollen, verstopft: dies kraut äuszerlich aufgelegt, erweichet
las harte milz. TABERNAEM. 1168;
es pflegt die milz sich zu verstopfen.
KotzEBUE dram. Sp. 2,257;
;e sticht bei heftigem atmen und laufen: sticht dich das milz
licht auch. FıscHaRTt ehz. 53; das milz sticht ibm, lien illum
1uasi pungendo torquet. Frıscy 1, 663°; daher man glaubte, läufer
deszen sich die milz ausschneiden: es ist ein irrthum, wenn ein-
"ältige glauben, den läufern werde die milz ausgeschnitten,
ob man wohl dann und wann mittel anwendet, die aufblä-
hung der milz bei ihnen zu hehen. AMARANTHES frauenz.-lex.
1773) 1874;
ich han mir lon das milz usschnyden,
das ich mag wandlen wyt und veer, .
Jos. MURER belagerung von Babylon (1560) act 2,
%4e erzeugt seelenstimmungen, und namentlich auch lachen (vergl.
»en unter 1 aus der genesis), und weinen: das starke lachen,
‚nsonderheit wen es ohne ursach geschicht, kompt vom milz
aben so woll als weinen. Erıs, CHARL. v. ORLEANS (1867) 314;
Grunnus ist ein karger filz,
hat doch einen milden milz;
dann er dich, du thaler-sack,
Jachet an den ganzen tag. LocAu 1,236,95;
verstopfte milz macht melancholisch, bange, verdrieszlich (vergl.
nilzsucht):
wie gehts uns denn bei langem wachen,
wenn milz und nacht uns bange machen?
DROLLINGER 101;
Macrin,
den rechtsgelehrsamkeit, amt, milz und alter steift.
HAGEDORN 1,118;
nehm sich der herr in acht mit dieser frucht (der dattel).
zu viel genossen taugt sie nicht; verstopft .
die milz; macht melancholisches geblüt. LeEssıne 2,215;
geschwollene milz, zeichen der unzufriedenheit:
das milzkraut soll ich sein,
verkleinern soll ich stets, soll helfen treiben ein
den aufgeschwollnen milz, die art der stolzen sinnen,
die sich in jhnen selbst beherbergen nicht künnen,
und denen viel zu eng ihr deutsches vaterland.
LOoGau 2.56.13:
und des unwillens oder zorns:
voll ungeduld, so lang umsonst zu warten,
trabt er, indesz die milz ihm mächtig schwillt, . .
mit groszem schritt in einer kleinen ferne
vom haus im dunkeln auf und ah. WıresanD 21,226:
Zuher?
man lud mich nechst zu gaste, der magen gieng mit mir,
doch war er mir nicht nütze, den milz den durft ich hier
"halte ursache, mich zu ärgern über die schlechte bemwirtung).
LocauU 3,131. 10: