Full text: L. M. (6. Band)

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A 
MINNE 
welher teufl hat se hergepeten? 
pring er sei nicht schier von hinn, * 
er geit ir sand Johans minn 
mit der faust an den chragen. _ 
Erlauer spiele 3,828 Kummer. 
6) minne, die liebe zum andern geschlecht, im mhd. beson- 
ders häufig; ursprünglich liebesempfindung an sich, im gegensatz 
zu haz: 
ich hän gegert . . n 
ir minne unde vinde ir haz. minnes. frühl. 208, 15; 
eines sınnes mit liebe: 
statiu liebe heizet minne, 
liebe, minne ist al ein: 
die kan ich in minem sinne 
niht gemachen wol zuo zwein, 
liebe muoz mir minne sin 
immer in dem herzen min. LICHTENSTEIN 430,1; 
swie selten liebe mir geschiht, 
doch habe ich guote zuoversiht 
ze miner vrouwen minne. minnes. 1,22* Hagen; 
aber auch schon der liebe, als dem innigeren und lieferen gegen- 
übergestellt : 
daz ich si sö herzeclichen minne, 
da ist Venus gar äne alle schulde; 
Amor, ist din vackel heiz, 
selher neete ich niht enweiz: 
wäriu liebe ist minne ein übergulde. 24": 
und so drückt minne gern die sinnliche liebe aus, wovon schon im 
ahd. die anfänge: ardor minna STEINMEYER-SIEVERS 2, 527, 37: 
jqnis minna neben amor huor. 41. 42; 
minne diu warf ir lammen an, 
minne enflammete den man 
mit der scheene ir libes: 
liu schoene des wibes 
liu anal im sine sinne 
zir libe unt zir minne, Trist, 442,4; 
in vergröberung dieser bedeutung bezeichnet minne die fleisch- 
liche beiwohnung : 
dö wurden sehs pfunt gelobt 
unt ze hant dä gezalt: 
alsö der kneht die minne galt. ges. abent, 2,56, 20; 
und diese bedeutung verdrängt später die frühere: es spricht 
Avicenna das die meszigen minne gar ein gesunthait ist des 
leibes. OrToLF arzneipuch (1477) 51°; davon behüt sich ein 
yglicher vor übriger minne der einen gesunden leib hat und 
auch ein gesunte seele, 52°; davon sprich ich mit gottes ur- 
laub und mit der lerer das ein yglicher man mit mesziger 
minne minnen mag durch des leibes gesuntheit und raini- 
kait. ebenda; weinper..meren die minne den mannen. 58°; 
so gen wir in ein kemerlein 
und spilen der edien minne! UHLAND volksl. 762; 
;o dasz der Augsburger buchdrucker Othmar in seiner ausgabe 
des buchs des erleuchteten vaters Amandi (1512) sagt: weil das 
wort minn in etlichen sprachen nit mer rechte, göttliche, 
eerbere und zimliche, sonder tierliche, vichische uneerbere 
und unzimliche minn anzaigt, so hab ich buchdrucker (erger- 
nus und unrain gedenk und bösz zufäll zu vermeiden) für 
das wort minn gesetzt das wort lieb. Schmin schwäb. wb. 386 ; 
der druck des Engelhard von Konrad von Würzburg, Frankfurt 
1573, hat fast überall ursprüngliches minne durch liebe ersetzt. 
vergl. Haupt zu Engelh. 977. 
7) minne, anrede an die geliebte: 
er sprach: vil liebiu minne min, 
ichn ger keins wibes, denne din, 
du bist mir lieber danne liep. ges. abent. 2.374.119: 
an das geliebte kind: 
minne minne trüte minne, swic, ich wil dich wagen. 
G. v. NEIFEn 52,15: 
2241 
ın Jesus? 
vil süzen minne, 
wie han ich dich alsus verlorn! YTimLano volksl. 850 
von solcher anrede her das elsässisch bezeugte minne für mutter. 
aus dem munde der kinder, das von KEISERSBERG gerügt wird. 
wo vatter und müter yetzt ein sün oder ein tochter hond, 
so sprechen sye, wo ist mein ett? wo ist mein minn? nitt 
sprechen sye, wo ist mein vatter? oder wo ist mein müter? 
das solt nitt sein, ist ungeschaffen, nit eererbietlich. most, 
2, 64’; niederd. minne ein schmeichelwort der kinder, welche ihre 
säugammen und wärterinnen also nennen. brem. wb. 3, 164. - 
8) seit dem 16. jahrh. gemieden und für den lebendigen ge- 
brauch ausgestorben, wird das wort im 17. jahrh., nachdem man 
begonnen sich mit den sprachdenkmälern unseres mittelalters zu 
hefassen , in gelehrten kreisen wieder bekannt, nunmehr nur in 
MINNE 2242 
dem sinne, in welchem es unsere dichter des, 12. 13. jahrh. ver- 
wenden (nr. 6), und die gelehrten wörterbücher führen es auf: 
minne amor, beminnen amare ScHOTTEL 1364 (als niederdeutsch ; 
eine quelle war wol zunächst Kızıan, wo minne als amor, Venus, 
amalio, amor venerius, beminnen als diligere steht); einen be- 
minnen, habere aliquem charissimum, die minne, amor, amasia, 
Jilecla StTIELER 1263 als herkommend. ab antiquo verbo minnen, 
ımare , diligere; minne Frısch 1,664” als weraltetes wort mit 
minnen amare; nachdem aber Bodmers proben der alten schwä- 
“schen poesie des dreizehnten jahrhunderts (17148; wo das wort 
'm glossar s. 285 auch als “die liebe, Venus’ erklärt ist) und seine 
sammlung von minnesingern aus dem schwäbischen zeitpunkte 
1758) zuerst den Göttinger dichterkreis gegen 1770 (vergl. belege 
zu minnerin und minnelied) zum studium und zur nachbildung 
solcher gedichte angeregt hatte, erlangte minne wieder leben und 
häufigere verwendung, mit zahlreichen, ebenso der älteren sprache 
nachgebildeten zusammensetzungen : 
minne flieht den hain, 
wo die vögelein, 
finken, nachtigallen, 
ihr so wohl gefallen; 
minne flieht den hain, 
kehrt ins zimmer ein. 
Hönty 148 Halm (vom 10. febr. 1773); 
lieber blieb ich hier, 
gäbe Julchen mir 
einen blick voll minne, 152 (vom 13. febr. 1773); 
(ich werde) immer minn und weiber preisen, 
und mich ihrer schöne freun. 153 (vom 15. febr. 1773): 
der grüne wald 
und busch erschallt 
von ihrer (der nachtigall) minne. 
158 (vom 18. febr. 1773); 
wem der minne dienst gelinget, 
0, wie hoch wird der belohnt! 
BÜRGER 17° (vom frühling 1773); 
vgl. auch Voss unten unter minnesang, minnewund (aus dem- 
jelben jahre); seit.dieser zeit von dichtern gebraucht, zunächst 
bei schilderungen aus dem mittelalter oder anknüpfungen an 
Jasselbe : 
zwölf jungfraun, die der minne süszen sold 
dem, ders um sie verdiente, wohl zu geben 
vermöchten. WIELAND 18, 13 (Geron der adeliche, von 1776); 
sagt mir, was ist in aller welt das ding 
das einen ritter kühnheit zu beweisen 
und hohen muth am stärksten treiben kann? 
erwiedert Geron: dame, zweifelt nicht, 
es ist die minne. rechte minne hat 
so hohe wundersame kraft, sie könnte wohl 
aus einem feigen menschen einen waglichen 
beherzten ritter machen. 55; 
denn noch wohnten adeliche sitten, 
ritterschaft, gesang und minne hier. 
370 (der vogelsang, v. 1778): 
ein hofmann übrigens, galant und wohl erfahren, 
und in der kriegeskunst der minne wohl versucht. 
22,267 (Oberon 6, 36); 
er will die alten zeiten wieder bringen, 
wo zarte minne herrschte, wo die liebe 
der ritter grosze heldenherzen hob, 
SCHILLER jungfr. von Orleans 1,1; 
es lebte (in der ritterzeit), was edel und sittlich war. 
in der frauen züchtigen busen; 
die flamme des liedes entbrannte neu 
an der schönen minne und liebestreu. 
hist.-krit. ausg. 11,367 (die vier weltalter, v. 1802) : 
dasz lied und minne wiederkehre 
in unser grünes eichenzelt. 
SCHENKENDORF in Wackernagels leseh. 2 (1876) 1532: 
dann auch ohne solche beziehung, immerhin mit alterthümlichem 
klange, und auf die sprache einzelner dichter eingeschränkt ge- 
blieben? 
ja wunder sinds der süszen minne, 
die minne hat der wunder viel, UHLAND ged. 16; 
sie (die sprache) sei dir wort der treue, 
sei stimme zarter scheue, 
sei echter minne sang! 7176; 
dasz solche kunde bald beginne 
von Clelias und sängers minne. 298; 
0, wenn dein herz kein fremdling ist der minne. 
RÜCKERT yes, ged. 1,121: 
hei GÖTHE nur ausnahmsweise, im ylur.: 
der kusz der letzte, grausam süsz, zerschneidend 
ein herrliches geflecht verschlungner minnen. 
3, 25 (elenie, von 1823); 
ihm war das umständliche, klang- und sangreiche minne- 
s;ängerwesen (33, 201) innerlich fremder. 
MINNE, f.? am Rheine der fisch cyprinus aspius, raubalet. 
"*aszalet. NEMNICH 2. 1355.
	        
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