Full text: L. M. (6. Band)

2269 MISTELBEERE — MISTFAUL 
2) mistel für mispel (wie umgekehrt mispel auch für mistel 
Afeht, vgl. sp. 2258): mistel, esculum, aliter mispel, mistelbaum, 
esculus, mespilia, mespula. voc. inc. theut, n 8°. 
MISTELBEERE, f. beerenförmige frucht der mistel. 
MISTELBUSCH, m, viscum : 
wie kann der alte apfelbaum 
so lockre früchte tragen, 
wo mistelbüsch und mooses flaum 
aus jeder ritze ragen? 
A, v. Droste-HünLsHorrF ged. 166, 
MISTELDROSSEL, f. turdus viscivorus, eine drosselart, die 
"nn den beeren der mistel lebt. 
MISTELFINK, m. dasselbe. 
MISTELGERTE, f. gerte von einer mistelstaude ; 
lächelnd 
nahm sie eine mistelgerte, 
und berührt damit mein haupt (mich zu verwandeln). 
H, Hgıne 17,92, 
MISTELGEWÄCHS, n. mistelstaude: die beerlein an dem 
nistelgewechs. anm. weiszh. lustg. 492. ; 
MISTELSCHLEIM, m. schleim von den beeren der mistel, als 
’ogelleim verwendet 
(leim) zäher als mistelschleim. Voss Virg. georg. 4,41. 
MISTELSTAUDE, f. mistelbusch. 
MISTELZIEMER, m. misteldrossel, mistelfink. 
MISTELZWEIG, m. zweig einer mistelstaude. 
MISTEN, werb. 1) mist auf den acker führen, düngen; ahd. 
mistön: chophinus ist ein chorb, den man brüchet ad servilia 
opera (ze scalchuuerchen), so man sol mundare, stercorare, 
terram portare (furbin, mistön, erda üz tragen), NoTKkER 
ps. 80, 7; mhd. nhd. fimare misten, nd. messen DiEer. 235°; 
stercorare, misten, bemisten, }. bawen 551°; misten oder tüngen, 
stercorare agros, MAALER 291”; die weinräben misten, mist oder 
hauw in die räben legen, ingerere stercus vitibus. ebenda; uber- 
ausz wol misten, mist zetten oder anlegen, stercore saturare 
agrum. ebenda; wann es aber rocken- oder gemischlete frucht- 
felder sein, so soll man dieselbigen mitten im winter oder 
ein wenig darvor misten. Sesız feldb. 484; der Nil geuszt sich 
uher gewönliche gestaden ausz, befeuchtigt und macht feiszte 
ecker und wiesen, als ob sie durch bauw gemistet weren. 
b. d. liebe 190°; sobald aber die reben zu treiben beginnen, 
..Musz man das misten oder düngen anstehen lassen. öcon. 
lex. 5380; aber was will man ohne mist? aufbrechen und nicht 
misten, macht das land nur magerer. J. GoTTHELF schuldenb. 
110; der (hafer) braucht keinen mist, im herbst kann man 
dann das korn desto bräver misten. ebenda. s. bemisten. 
2) misten, mist aus dem stalle schaffen, den stall vom mist 
reinigen? der mag inn den hof gon bant reinen oder einen stal 
misten oder ander werk dzinn dem hofe zetünd wer. weisth. 
4,118 (Elsasz, von 1354); den stall misten. Pauıı schimpf 138°; 
so wart nur Yeiszig unser ku 
hedes mit streien und mit misten. 
H, Sacas fastn. sp. 2,142,31; 
(ihn hälte) der schlauste für ein bild vom Herkules gehalten, 
für ein Herkules in ruh, 
als er dem Augias den marmorstall gemistet. 
WIELAND 22, 112 (Oberon 3,29); 
schweiz. mit dat. des thieres, dessen stall gemistet wird: wenn 
man der geisz mistet. J. GorTHELF schuldenbh. 75, veral. aus- 
misten. 
3) misten, von fhieren, mist, kot lassen: wer so toll were, 
das er solchs (fliegen) von der schwalben nicht leiden, son- 
dern jren flug wehren wolt, als sorget er, sie würde jm auf 
dem heubt nisten und misten. LuTHER 8, 256°; als sie fast 
dahin kamen, mistet das pferd. B. Krücer Hans Clawert (1591) 
116; so stehet das ross wieder auf und hebet an zu stallen 
und zu misten. PınrEr pferdschatz (1688) 406; wenn ein pferd 
nicht misten kan. öcon. lex. 1626; derb auch von menschen: 
thet es (das kind) nichts, dann dasz es frasz und denn so 
viel, als sonst vier baurn oder drescher, und sich garstig 
genug mit um sich misten hielte. KırcnRyor wendunm. (1602) 
j, 313. 
' MISTER, m. der da mistet (misten 1 und 2): fimarius, 
fimator mister, meester, misttrager. DIEF. 235°, 
MISTFAUL, adj. faul wie mist; übertragen, in anderer be- 
deutung von faul, auf einen auszerordentlich trägen menschen 
"vergl. stinkendfaul und mist 6, a): 
(die mayıd) ist selbst verlogen und vernascht, 
mistfaul, und was sie heimlich erhascht, 
das ist uns abgetragen als, AH. Sacsas fastn, sp. 1.44.2283: 
MISTFEIGE — MISTGREIL 2270 
ich kan jn (meinen mann) ausz dem heth nit bringen, 
so treg ist er und ganz mistfaul, 3,86,5; 
du treger teufel, gar mistfaul. gedichte 5,344; 
ıber auch auf einen übeln handel (vgl. faul 3, fh. 3, 1369): 
Oo gfatter, trollt euch und schweigt still! 
ir habt hie ein verloren spiel. 
ir habt ein handel, ist mistfaul. ; 
H. Sacus fastn. sp. 3,144, 225. 
MISTFEIGE, f. .verhüllend für dreck, kot (vergl. bauernfeige 
'h. 1,1180); schimpfname für ein unflätiges oder schmutziges 
weib: einem ist die verstorbene eine stattliche hauszhälterin 
3ewesen, dem andern eine mistfeige. PRILANDER 1, 71; Solche 
nistfeigen, sagte sie, thäten ihr die gebürende ehre nicht 
an, Simpl. (1684) 3, 756. 
MISTFINKE, MISTFINK, m. 1) name des berg- oder winter- 
inken, fringilla monftifringilla. NEMNICH 2, 1665; scherzhaft? 
lieses ist der otahitische mistfinke, nach dem Linne mone- 
tula ryparocandula. GöTHE 14, 101. 
2) schimpfname für einen menschen schmutziger gesinnung? 
schemest dich nit der schnödigkeit?’ am aller mynsten, die- 
veil es um gut ist. ‘o mistfink.” Terent. (1499) 130° (stereulinium 
im lat. texte, daher die bemerkung: o mistfink. das recht tütsch 
wer misthuff); der mistfink! für die stute sechsundzwanzig 
pistolen haben zu wollen! Immerwmann Münchh. 1,131; man 
vernahm den ruf: was haben (beim bethlehemitischen kinder- 
norde) die armen kinder verschuldet, der bösewicht! und 
Tans spuckte verächtlich aus und rief mit mächtiger stimme: 
lieser könig Herodes war zu seiner zeit ein mistfink. FREYTAG 
ıhnen 4, 275 ; gewöhnlicher für einen schmutzigen, sich unsauber 
haltenden menschen: mistfinke, stercorarium STEINBACH 1,444; 
nistfinke, ein vulgares scheltwort gegen einen besudelten menschen, 
terquilinium. Frisch 1,665’; fällt er unverhofft in eine wüste 
kothlacken, worinn er als in einem sauhad herum gewalzet 
ınd einem mistfinken nicht ungleich gesehen. ABr. AS. CLARA 
'udas 1,7; seine erudition und erfahrenheit in praxi bedörfte 
nicht erst, dasz er von einem solchen mistfinken recommen- 
lirt würde. unw. doctor 662, verächtlich von einem landarzte; 
lasz dich die pest! du mistfinke du! WıkLAND 11, 77; auch 
)on einem weibe: ihr mund wird ein sautrog, ihr nasen ein 
‘otzcanal, ihr zungen ein hibergall, ihr hand stinkende leim- 
zpindeln, ihr augen zerstunkene taubeneier, und wird ausz 
ejner süszen zuckerbacherin ganz schnell ein stinkender 
mistfink. (ConLin) hundert ausbündiger närrinnen (1713) 52; ein 
'refflich gestalter mistfink. Molieres comöd. (1695) s. 75, s. die 
telle unter kitzmädern fh. 5, 886; ob sie (die magd) ein mist- 
Äink ..seye. mägdelob 17. 
3) mistfink, name der pflanze leontodon taraxacum, löwen- 
sahn, röhrleinkraut. NEMNICH 3, 365, 
MISTFINKIN, f. schimpfwort für ein weib; vgl. mistfinke 2: 
in summa, 400 fl. klecken für diese pollierte mistfinkin zu 
\eklaiden nicht. Asr. AS. CLARA Judas 1,178. 
MISTFLECHTE, f. geflochtenes gerät zum misitragen: crates 
torcorariage, mistkörhe, mistleitern, mistflechte. Kırsch cornuc. 
MISTFLIEGE, f. musca fimetaria. NEMNICH. 
MISTFORKE, f. mistgabel; nd. messforke. 
MISTFÜHRE, f. ausführung des mistes auf die felder: die 
arste mistfuhre geschiehet zur wintersaat auf das hrachfeld 
im junio. öcon. ler. 1626; auch die zeit, da der mist auf die 
felder geführt wird. ebenda. wmistfuhre endlich auch eine fuhre 
oder ein fuder mist. 
MISTGABEL, f. gabel zum mistladen : copula mistgabel DıEr. 
149°; mistgabel, fridens. voc. inc. theut. n 8°; die mistgahlen 
furca fimarta MAALER 291°; auch als bauerwaffe (vgl. gabel IL, 1, 
ih. 4‘, 1119): die den herren von ihrer partei mit knitteln, 
feuerzangen, hämmern, fleischmessern, mistgaheln, und dem 
ersten dem besten was ihnen in die hände gefallen war, zu 
hülfe kommen wollten. Wırnann 20, 78: in einer scherzhaften 
"edensart ? 
die klugheit het ich vorwar nicht 
mit einer mistgabel in dir gesucht. Grer Lazarus J4. 
MISTGESICHT, n. als schimpfwort? mistgesicht! mengst du 
mich auch unters stroh? Fr. MÖLLER 3, 196. 
MISTGRÄBER, m.: der unsauber-compagnie nicht zu ge- 
denken, die ihre geile zotten . . auf den schauplatz ziehen, 
und sich wundergrosze poetenmeister lassen dünken, wann 
sie irgend einem kitzlichen leser dadurch ein sprützendes 
zgelächter abjagen. 0 wie ferne war Taubmannus von solchen 
mistgräbern! Brandt bericht vom leben Taubmanns 34. 
MISTGREIL, s. mistkräuel.
	        
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