2279 MISZBRAUCHEN
wenn ihr euch nicht gewöhnen könnt, dasz gnade
gemisbraucht wird, so steckt sie in die tasche,
denn nur für misbrauch ist die gnade da.
misbrauch! ist auch ein wort, das man oft misbraucht.
TIEcK Öctavian, 376;
in sprichwörtern: da gilt die wolbekandte regel: abusus non
tollit substantiam rei, das ist, der misbrauch hebt das wesen
eines dings nicht auf. L. SanDrus kurzweil 89; brauch hat
chre, miszbrauch hat schande, usus habet laudem, crimen
abusus habet. STIELER 222; miszbrauch ist keine gewohnheit.
PısTorius thes. par. 8,58; miszbrauch lehrt den rechten brauch.
miszbrauch friszt ihr eigenes herz, kein fremdes. SIMrRocK
sprichw. 378; es heiszt miszbrauch mit etwas treiben, von et-
was machen, in miszbrauch kommen: wiewol das wort al-
mosen auch mit der zeit in den misbrauch komen ist, das
man almosen nicht anders heiszt, denn ein stück brots, dem
bettler für der thür gegeben. LuTHER 5,45’; der miszbrauch
der von der kunst gemacht wird. WIELAND 25, 50; des kurzen
miszbrauchs wegen, den die instrumente und lungen meiner
vasallen von einem so herrlichen elemente machten, J. PAuL
uns. loge 1,26; miszbrauch mit subjeclivem genitiv:
indem der miszbrauch der poeten
so viel bereimt papier verschickt. GÜNTHER 222;
mit objectivem: miszbrauch oder verwüstung der güteren,
abusus. MAALER 290°; dann dazumal ein sehr groszer misz-
brauch desz spihlens eingerissen. ABR. A S, CLARA Judas 2,153;
einen vertrag, ungeachtet die verabredete oder vorgeschrie-
bene form nicht beobachtet ist, für klagbar zu erklären, ist
ein grober ... miszbrauch des*naturrechts. Huco naturrechi
(1819) s. 461; dafür miszbrauch in etwas”?
sein miszprauch hi in güt und eer,
SCHWARZENBERG 110°,
2) verkehrter oder schlechter brauch, im sing.:
wie mancher miszbrauch auszurotten,
und wie gedrückt die armuth sei. GÜNTHER 173;
im plural: ei wer kan alle miszbräuche abschaffen. Cur. WEISE
erzn. 183 Braune;
solt ich all miszbruch hie beschriben,
die man düt ob dem essen triben.
BrRanTt narrensch. 110°, 191.
vgl. miszgebrauch.
MISZBRAUCHEN, verb. falschen , verkehrten oder bösen ge-
brauch von etwas machen: abuli missebruchen , miszbruchen,
mischbruchen Dıier. 6°.
1) absolut, miszbräuchlich verfahren? hais du mit der sunden
misbrucht intgain got. Fromm, 2, 445° (kölnisch, 15. jahrh.);
dann alle gut künst mögen gezogen werden in bös übung
durch verkerung der miszbrauchenden menschen. WYLE fransl.;
item wir seind bericht, wie an etlichen enden miszbraucht
werde, dasz die richter von eines jeden übelthüäters wegen
sondere belonung von dem ankläger begern und nemen.
Carolina art. 205;
die menschen sehr miszbrauchen,
wenn sie inn gnaden stehn,
jhr odem thut da rauchen,
wie fewer aus jhn thut gehn.
SELNECCER Psalmen (1587) 128.
2) mit gen. einer sache, schädlich oder übel brauchen oder
anwenden: die herrn misbrauchen jrs schwerts, und würgen
ja so grewlich. LuTHER 3, 146°; sihe, das heiszt .. sundigen
oder miszbrauchen der ordnung Christi. 6, 97°; endlich zer-
störestu durch deine gewalt, das reich Christi, misbrauchest
jr, das evangelium damit auszurotten und zu vertilgen. 7, 28°;
(ich sage) die dieser welt brauchen, das sie derselbigen nicht
misbrauchen. 1 Cor. 7,31; auf das ich nicht meiner freiheit
misbrauche am evangelio. 9, 18; nach dem hie der könig
Balthasar der heiligen. gefäsze misbraucht. Jonas Melanchthons
auslegung des proph. Daniel deutsch (1546) 38; das etliche un-
gezogene leute dieser lehre miszbrauchen. MELANCHTHON im
corp. doctr. christ. (1560) 738; du must desz dings nicht mehr
miszbrauchen. ScHurpius 84; ich halte dafür, dasz das viel
tausend menschen in die höll bringe, dasz sie der barm-
herzigkeit gottes ıniszbrauchen. 146; sie verlassen sich oft
zu vil auf die genade (des königs), und misbrauchen derselben
zu ihren unmüszigen begirden. BurschkY Patm. 704; die welche
seines (des königs) nahmens misbrauchen. kanzl. 818;
wer seins namen misbrauchen tüt. MeLıssus ps. Y2';
dasz ich der trukkerei in keinem weg miszbrauch,
. ROowpPLER 59;
verzeihe, dasz ich noch miszbrauche deiner güte,
A. GRYPHIUS (1698) 1.206:
MISZBRAUCHEN 2280
noch oft im 18. jahrh.! die sich einbilden, ich miszbrauche
der schrift. Lıiscov 133; man miszbraucht des zutrauens des
zemeinen wesens. KAnT 1, 101; sollte ein ausrufer des um-
standes, dasz der landtag noch entfernt ist, zu sehr misz-
brauchen. KıorsTock 12,68; als er seines glücks oder seiner
macht miszbrauchte. GARvE anm. zu Cic. off. 1,259;
er schweigt, und sinnt, neigt, und entfernet sich,
und denkt die frau misbrauchet ihrer gaben.
HAGEDORN 2,164;
doch du miszbrauchst des unbegrenzten rechts,
das dir die schönheit giebt.
WIELAND 23,275 (Oberon 12, 46).
3) auch sich miszbrauchen eines dinges (vergl. sich brau-
;hen 4, b, theil 2, 320): ihr miszbrauchet euch unserer ein-
ältigkeit. Hurren 5, 233 Münch; da er sich des worts poli-
icus miszbraucht. MoscHErRosca de politico 38; ein kluger, der
jich eines andern einfalt miszbrauchte, machte sich muth-
willig mit zum narren. Cur. Weise erzn. 31 Braune; da Bern-
ıardus der in händen habenden macht sich gewaltig misz-
brauchte, Hanns hist. 1 (1721), 116; Ludovicus liesze das
neiste auf seine ministres ankommen, welche ihrer gewalt
ich nicht selten miszbrauchten. 137; da Agnes ihrer gewalt
sich miszbrauchte. 3 (1723), 44; verhelfen sie mir zu dem,
vas mir gehört, und lassen sie nicht zu, dasz meine feinde
zich meines armuths misbrauchen. RABENER Ssaf. 3, 84; man
ziebt ihnen (den bedienten) eine freiheit, deren sie sich mit
der zeit gewisz misbrauchen, 237;
dann der gmein mann ist unverschembt.
solch grosze gnad er gern annempt,
miszbraucht sich aber derselben baldt.
J. AYRER 142° (713,12 Keller).
4) miszbrauchen mit acc. der sache (vorzüglich in der neuern
;prache): du solt den namen des herrn deines gottes nicht
nisbrauchen, denn der herr wird den nicht ungestraft lassen,
ler seinen namen misbraucht. 2 Mos. 20, 7; desz leibs sterke
ınd gesundtheit miszbrauchen, viribus corporis abuti. MAALER
290°; einsi nammen schendtlich miszbrauchen, sein nutz zü
'ürderen, abutt nomine alieno ad suos quaestus. ebenda; es ist
vol wahr, dasz sehr viel poeten solche edle kunst misz-
rauchen. SAnDRuB kurzweil 89; das maasz (des trinkens) läszt
;ich doch so vollkommen nicht bestimmen. diesz miszbraucht
Xratipp, der gern seinem geschmacke folgen ... möchte.
JELLERT 6, 153; unser verstand ist ein kostbares pfund, das
uns der allmächtige zum wucher anvertraut hat. .. können
wir es miszbrauchen? 7,38; ich kann seine Jangmuth nicht
miszbrauchen sehen. GoTTER 3, 104;
miszbrauche die gewalt! GELLERT 2,39;
auch mit acc. der person: zu den kindern des hauses.. hatte
sich ein kleiner, munterer, armer junge gesellt, der sich eben
brauchen und miszbrauchen liesz, wie es gerade das spiel
mit sich brachte. GöTHE 21, 38.
5) miszbrauchen, verhüllend für schänden, notzüchtigen (vgl.
Jazu unter brauchen 1,a, fh. 2, 316): ein weib misbrauchen,
sfuprare STIELER 222; solten sie dann miszbrauchen unser
schwester als ein gemeine frauen. bibel von 1483 21° (numquid
ut scorto abuti debuere sorore nostra? 1 Mos. 34,31); für heraus
len mann, der eingegangen ist in dein haus, das wir in
niszbrauchen. 121° (ut abutlamur eo. richt. 19, 22) ;
Baumgartens weib, der haushält zu Alzellen,
wollt er zu frecher ungehühr miszbrauchen,
ScHILLER Tell 1,4.
6) das part. präl. in dreifacher form; am häufigsten und
ältesten miszbraucht: da ich aber bedachte, was vor groszes
ınglück es (das unsichtbare vogelnest) zur welt gebären möchte,
vann es in eines gewaltigen herrn händen wäre und viel-
eicht miszbräucht würde. Simpl. 3, 430 Kurz; dazu dein name
niszbrauchet wird. ScHuppius 432; eine miszbrauchte leicht-
;läubigkeit. KanrT 2, 567; sie haben die befehle des kaisers
chändlich miszbraucht. GöTHE 8, 125; wegen miszbrauchten
ertrauens. 26, 333; dasz die guten pflanzen nicht miszbraucht
verden von bösen händen. KLINGER Ollo 19,9;
diesen gwalt sie miszbraucht haben. OpgEL u. CouHn 27,29;
ach! schon schwören sich, miszbraucht zu frechen flammen,
meine geister wider mich zusammen!.
SCHILLER hist.-krit, ausg. 1,298;
was hat doch dein vertrauen wohl gesündigt —
wann habe ich es miszbraucht? Tızck Octavian. 44;
(ich) hoffe meine gnade wird nicht misbraucht, 375;
als gemiszbraucht: wird er (der wein) aber zu oft gemis-
wancht. und der magen darmit üherfüllet. so bringet er nicht