2587 MORGENWORT — MORISKENTANZ
MORGENWORT, n. wort am morgen:
den Hyazinth, den frommen,
der gärten frühe zier, hab ich so ümm sehn kommen,
sein blaues haupt hengt ab, wenn etwan ihm der nord
mit sturme zugeweht ein scharfes morgenwort,
larvon er ganz erstarrt, P. FLEMING 136.
MORGENWUNSCH, m. wunsch am morgen; wunsch an jedem
morgen?
von auszen guter fried und gute ruh von innen,
in wohl gesundem leib auch wohl gesunde sinnen,
des himmels freude dort, der erde segen hier;
diesz ist mein morgenwunsch, nichts weiter wünsch ich mir.
Lessing 5,193, ‘täglicher wunsch’,
nach LocAu, wo indes die letzte zeile lautet:
ein mehres weiter nicht: ist täglich mein begier.
MORGENZECHE, f. zeche am morgen; im diminutiv: auch
ıaben mich meine erste lehrmeister darzu gewänet, und
gesagt, das früstücken und die morgenzechelin gute gedächt-
ıusz machen. Garg. 160°.
MORGENZEIT, f. tempus matutinum, frühzeit STIELER 2620 :
was klagst du, dasz ihr fusz so zeitig weggegangen?
da nichts bequemer ist als um die morgenzeit
die schönste reise thun. GÜNTHER 623;
in diesen lieblichen gebüschen . .
pflegt öfters sich zur stillen morgenzeit
Almansaris mit baden zu erfrischen.
WIELAND 23, 254 (Oberon 12,10);
wer streicht bei stiller morgenzeit
da aus der fremde durch die haid?
EICHENDORFF faugenichts Ss. 118.
MORGENZUG, m. zug am morgen:
aller lüfte morgenzug. RÜcKERT 28,
MORGIG, adj. aus morgenig, morgnig (sp. 2571) gekürzt.
1) nach dem adv. morgen, cras: crastinus, morgig DıEr. nov.
loss. 117°; der morgig tag wirt sein eigen creuz, Sorg, un-
zlück mit sich bringen. S. Frank sprichw. 1,97; zihe von
stundan . . von dannen, dz du zum aller lengsten des morgigen
‚ags in deins lands grenzen und boden legerst und stallest.
Garg. 216°; sie (die bettler) sein von dem morgigen nie sorg-
’ältig, ja und von dem heutigen gedenken sie nur obenhin.
SCHUPPIUS 697;
das du magst kosten auch ein stück
mein künglicher wolfart und glück,
und das auf den morgichen tag.
H. Sacuys fastn, sp. 4,114,35;
Kurz ist dein leben,
und waist nit eben
db du wirst leben
die morgige stundt.
flieg. blatt von 1637: zwai schön: gar newe
geistliche lieder;
morgig, matutinus, crastinus noch bei STEINBACH 2,77; dann
ıber vor morgend zurückgetreten.
2) nach dem subst. morgen, ackermasz (sp. 2563), in zusammen-
zelzungen? ein dreimorgiger, sechsmorgiger acker, ein acker
von drei oder sechs morgen. AÄDELUNG.
MORIANE, MORIANER, m. mohr; gelehrte weiterbildung des
16. jahrh. zu mohr, mhd. möre, mör (sp. 2472): wer kan mori-
aner weis machen? Wıcannus ob die newen Wittemberger u. s. w.
bl.7°; witzig von den flöhen: von den jungfern zu bleiben,
könnte ich nicht über mein herz bringen, wenn ich auch
wüste, dasz mich die kleinen morianen fressen sollten. Car.
WeEısE überfl. ged. 2, 115.
MORILLE, s. morelle.
MORISKENTANZ, m. was mohrentanz sp. 2475; nach dem
bereits im 15. jh. vorkommenden franz. danse moresque (LiTTRE
2, 628°) übernommen, um allgemein einen fremdartigen, grotesken
tanz zu bezeichnen :
dir wirt yetz zmal von uns kein kranz,
spring mit dem bapst den moriskentanz.
U. ECKstEIN concil 743;
dafür morischgentanz, überschrift eines fastnachtsspiels. fastn,
sp. 121; sie biegen sich gleich als wolten sie den morischgen
tanz tanzen. KEISERSBERG 15 staffeln 30; machen grosze kreuz,
zerdenen ire arm und reiszen die selzamisten bossen über
altar, als wölten si den morischken danz springen. SCHADE
zat. u. pasqu. 3, 65,29 (von 1521); die spätere gelehrsamkeit hat mit
jem namen das griech.-lat. pyrrhicha verdeutscht: morischger
danz den Pyrrhus erfunden hat, pyrrhica MAALER 293°; und
nach dem ersten theile der nun auseinander gefallenen zusammen-
zefzung gebildet; der morischger, chironomus, chironomon
ebenda.
MORKEN — MORN 2588
MORKEN, verb. murren?:
wenn man jn (den affen) schilt, er greuslich tobt,
mit viel morken und zanblecken.
G. NIGrRınus affenspiel 1571 G3*.
MORN, adv. für das adv. morgen (sp. 2559) in oberdeutschen
juellen seit dem 14. jahrh. entstanden und gewöhnlich geworden ;
isweilen noch mit dativendung als morne, vergl. dazu unter
norgen a. a. 0.° cras, morne, morn DıEr. 155°; morn, morgens,
'ras, secundum hunc diem, post hunc diem MAALER 293°; be-
'eichnend
1) den nächst zukünftigen tag: es seind etleich reich, die
wol vermöchten schuld zu bezalen, aber sie verziehens morn,
norn, morn. KEISsERSBERG narrensch. 151°; 0 narr, weistu nicht,
ver hüt gesunt ist, das der morn siech ist, ist hüt lebendig,
norgen todt. 182°; heut gesundt, morn siech, heut frölich,
norn traurig, jetz in eren, morn in schand, jetzt reich, morn
ırm. frostspiegel BB 3*; heut sind si französisch, morn keise-
isch. ScHADE sal. u. pasqu. 3, 67,30; spricht der kaufmann:
wie lang bist ein lässer geweszt? antwort der baur: morn
st der neündt tag. WıckraMm rollw. 23, 12 Kurz;
wer singt cras cras glich wie ein rapp
der blibt ein narr bisz jnn syn grapp,
morn hat er noch ein gröszer kapp.
Brant narrensch. 31;
wie’sz dann den hüren ist nit nüw,
die hüt ein hend, den andern morn. trag. Joh. A7;
erwarten solt des todes stund, ,
sie kum gleich morn oder jetzund. Wickram bilg. C3;
wann du daran ein gfallen hast,
so komb gleich morn, und sei mein gast.
Grobian, P2*° (v. 3819);
heut weiser An morgen diltap:
der heut ein hirt, ist morn ein apt. EYzZRING 1,165;
‘ubstantivisch! wenn du wenest und hoffest noch weisz wie
ang zü leben, so würt ein morn darusz. KEISERSBERG bilg. 35° ;
nit präpositionen: (dasz) der römisch künig auf heint gen
Jalsprunnen und auf morn her gen Nuremberg komen sol,
I. städtechron. 3, 345, 22; hetten jr jetzt Valerium todt ge-
'chlagen, es würde euch ehe (vor) morn rewen. Livius von
SCHÖFFERLIN 73°;
habt jr vergessen,
das jr nit solt auf morn gedenken?
B, WaLDis Esop 4,18, 59,
2) den nächstfolgenden tag, den andern tag in schilderungen
ler vergangenheit: die.. koment gen Wiene uf den dag do also
norn ein strit solt sin. d. städtechron. 8,43, 21; do koment
‚@ ouch dar und sprochent zu den antwerken, dasz sü heim
‚ogent und morn auf die pfalze kement für den roet (rat).
28, 11;
die andern rechten jr verlust
den sie den tag hetten gehan,
und was jnn gwins dar usz möcht gan
oder wie sie maorn wolten liegen.
Brant narrensch., vorrede 100;
in übergängen zwischen beiden bedeutungen?
so wirt dein alle menschen lachen,
und würst dir grosze freuntschaft machen,
dasz sie auch morn gedenken dein,
Grobian. 03" (v. 3590);
(er sieht die arbeiter) in den kes so dapfer schneiden,
gleich wie sie morn wöllen arbeiten.
FıscHArRT Lob des landlusts v. 264;
uf morn berüfen, in crastinum vocare, bisz auf morn auf-
‘jehen, in crastinum differre MAALER 293°;
daselbs sie überain all kamen,
dasz sie auf morn den imbis namen
zu Altstetten, von Zürch nicht weit. .
FıscyHART glückh. schiff v. 1062,
8) morn ist oberdeutsche, von der schriftisprache seit dem
7. jahrh. abgestoszene form geblieben; noch jetzt vorzugsweise
m alemannischen sprachgebiete, im gegensatze zu der nicht ver-
ürzten subst. form morgen: morn, moren STALDER 2,214;
norn, morgen, morn z’obed, morgen abend, morna, morga,
norgen in der frühe. TOBLER 223°; morn, morgen, mornemorgge,
1orndemorgge, morgen früh. SEILER 209°; im Elsasz morn, als
'erneinende und verweigernde redensart jo morn! neben jo morje!
'RoMM. 3, 14; schwäb. moran, mora, morgen, am folgenden tage,
‚cHMID 390; auch in Nordböhmen morne, morgen FRoMM. 2, 234;
m fränkisch-hennebergischen morn, morgen 3, 226; nassauisch
norn, marn, morgen, am folgenden tag KEHREIN 282; hessisch
norn zu morgen, mör morgen, more morgen, morgen früh
'jLMAR 272; und selbst im Niederdeutschen: mörn, morgen
'ROMM., 3. 424 (mundart von Jever); von der mundart beeinfluszte