Full text: L. M. (6. Band)

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LASTER, n. crimen, vitium. 
md. laster, ahd. lastar und lahster (ScHM, 1,1523 Fromm.), 
welche letztere form deutlich auf den zusammenhang des wortes 
mit dem alten verbum ahd. lahan, alts. lahan, ags. leahan und 
lean, schmähen , tadeln, verbieten , hinweist, die alts., altfries. 
und altnfr. form entspricht der ahd., ags. erscheint ohne ablei- 
tendes s leahtor, leahter, vilium, crimen, flagitium, convicium, 
im altnord. stehen neben einander das masc. löstr fehler, ver- 
letzung, übertretung, tadel, und das (in der alten sprache sellene, 
im heutigen isländischen, schwedischen und dänischen aber empor 
gekommene) neutr. last, schmähung, tadel, laster. 
1) die eigentliche bedeutung des ehrenrührigen, was einem gesagt 
wird, des tadels oder der schmähung, hält sich lange: convicium 
jaster Dıer. 149°; improperium laster, spot, schantrede 290°; 
obprobrium laster 288“; dwyl lumbd vergrift (leumund in sich 
begreift) lob und laster: usz welichen dingen dann lob er- 
wechst, usz deren widerwertigen sachen erwechst laster. 
Frıdr. RIEDERER Spiegel der waren rhetoric (1493) g*; so het- 
testu .. mit allerlei lügen, laster und schmachwort, wie dein 
art ist, mich uberschüttet. LurHER 1,360°; in der verbindung 
laster reden, mhd. üf einen laster sagen (LExer handwörterb. 
1, 1836): wo man von andern leuten laster reden wolt, wens 
recht zugieng, So solt solchs geschehen dem nehesten zur 
besserung, Nicht zu schaden und nachteil. LUTHER 4, 530°: 
sie tratent auf dem ne 
hettent ein groszen bracht, 
redtent dem (ürsten laster, 
habent jn gar veracht. SoLtAU 305 (von 1525). 
vergl. dazu unten lästern; noch bair. einem alle schand und 
aster sagen, ihn gründlich schmähen. Scam. 1,1522 Fromm. 
2) in weiterem sinne ist laster jede schmach, die einem an- 
yethan wird oder anklebt: contumelia laster Dıer. 148°; und wolt 
nüt ungerochen lon die bosheit die ime geschehen waz, und 
sprach, er wolte lieber sterben, wan solich laster liden. 
J. slädtechron. 8, 43,28; got losse uns das laster nyme ge- 
schehen, das ein wip über uns richse. 274, 15; (der papst) hette 
sin wip offenliche bi ime, dovon gros schande und laster in 
der pfafheit ufstunt. 9,548, 7; schmachbücher, so die juden 
zu schand und laster der cristenlichen kirchen hetten lassen 
auszgon. REUcHLIN augensp. 1’; zu hon oder schmach, schand 
oder laster unser cristenlichen kirchen. wverstentnus 10°; so 
müsse mein weib von einem andern geschendet werden, und 
andere müssen sie heschlafen. denn das ist ein laster, und 
eine missethat fur die richter. /Miob 31,10; vertreib uns ausz 
Montfort mit groszem laster. Aimon bog. 1; 
ze vil eren ist halb laster. edelstein 51,57; 
ach Neithart, was hastu gethan? 
das laster, das ich von dir han, 
dasz tunket mich von dir zu vil, 
Jasz du aus mir machest dein spil, 
und allen junkfrauen, die hier sein. fastn. sp. 414, 1: 
der an mir das laster hat gethan. 414,29: 
ar wirt noch heut zu laster. 472,11; 
allitterierende verbindung laster und leid: du müst . , sähen, 
das du dir zü groszem schaden mich gsücht hast, der dir 
‘aster noch leid nie gtan hab. Hans Saıart 85 Bächtold. 
3) laster, fehler, makel.: (der esel) tregt gar swer pürd auf 
im. dag sint diu lob, diu der esel hät. aber seineu laster 
sint, daz er unkäusch ist. MEGENBERG 119,32; gebrechen: weı 
si (capernrinde) seudet mit wein, sö ist si guot für des milzes 
laster. 366, 3; alles das zü fil ist, würt gekert in ein laster. 
KEISERSBERG eschengr. b1‘; auch in rein duszerlicher bedeutung : 
Laban hete zuuö tohter, 
diu eine was äne laster: 
Rächel die scönen, 
die bat er geben ime ze löne. 
genesis in den fundgr. 2,42,1; - 
kein laster ist an jrem leib, 
vom fusz bis auf die scheitel. 
Ambraser liederb. no. 18,6; 
würdt ainem ain or abgehawen, . . dz ist ain grosze wund 
und ain ewig laster, dann er mag verdacht werden, das es 
jhm abgeschnitten sei diebstals halber. Hızr. BRAUNSCHWEIG 
chirurgia (1539) 7. 
4) laster, vergehen, sünde, und zwar zunächst die einzelne? 
srimen laster DıiEr. 157°; laster scelus, vicium, crimen, repulsa, 
repulsum, convicium. voc. inc. heut, m2*; das laster, anlaster, 
prästen, vilium, crimen, labes, dedecus MAALER 264°; grausam 
und greüwlich, oder scheützlich laster, horridum facinus, 
»benda; ein laster begon. ein schandtliche böse that thün,. 
LASTER 
LASTER 254 
Amittere scelus, facere crimen, ein laster bekennen und uber 
ich nemmen, erimen aliquod suscipere. ebenda; allein bitt ich 
uch, das ir nicht würkt dis laster an dem mann wider die 
atur. bibel von 1483 121” (tantum obsecro, ne scelus hoc contra 
aturam operemini in virum. richter 19,24); crimen laesae maje- 
'atis das laster der beleidigten majestät Kırsch cornuc.; crimen 
erjurä, laster des meineids ebenda; man sol die christen 
ren, das die, so des bapsts ehre und hoheit etwas ent- 
‚jehen, der strafe des fluchs, und des lasters der verletzten 
nejestet schüldig werden, TETzeL bei LUTHER 1, 16°; du solt 
teine töchter nicht zur hurerei halten, das nicht das land 
ıurerei treibe, und werde vol lasters. 3 Mos. 19,29; wenn 
emand ein weib nimpt, und jre mutter dazu, der hat ein 
'aster verwirkt. 20,14; Heliogabalus war so ein unmensch, 
lasz es auch ein laster ist, an seine laster nur gedenken. 
JpıTz 1, vorrede bl. 5°; (der du ein pasquill) entweder selbst 
jeschrieben, abgeschrieben, schreiben und auszsprengen lassen 
der aber verhelet, und mit stillschweigen dich gleichen lasters 
heilhaftig gemacht. ScHupPPıus 679; wenn der strenge rach- 
üfer geringe fehler dem laster der verletzten majestät gleich 
;echnet. BurTscuky Patm, 691. formelhafte verbindung von sünde 
‚nd laster: wenn die entschüldigunge sollte gelten, so müsse 
nan keine sünde noch laster strafen. LurHER 3, 147°. 
5) dann aber auch die zur gewohnheit gewordene sünde: die 
‚orsätzliche übertretung, die zum grundsatz geworden ist, 
nacht eigentlich das aus, was man laster nennt. KAnr 5,216; 
ichon in der ältern sprache: haufen laster an jm haben, von 
astern übergon, cumulari vildis. MAALER 264”; inn laster fallen, 
lelabi in wvitium, ebenda; mit zimmlichen oder leidenlichen 
asteren behaft sein, mediocribus vilüs teneri. ebenda; damit ich 
‘ber nit auch mit dem laster der undankbarkeit behaft werde. 
NıckrRAM rollw. 3,11 Kurz; das er in dem unnatürlichen laster 
chweben wird .. das man heiszet welsche hochzeit und stum- 
nen sünde. LuruER randbemerkung zu Daniel 11,37 (Bindseils 
“übel 7,530); in der neueren schriftsprache die einzige gebliebene 
'edeutung des wortes: das laster, vilium, geccatum , delictum, 
apsus, offensio STIELER 1058; das laster ist ihm angeboren, 
d vitium innatum ei est, niemand ist ohne laster, wvillis sine 
ı1emo nascitur, er steckt ganz voller Jaster, scatet viltis. ebenda ; 
las laster des geizes, der trunkenheit, der spielsucht, der 
lieberei; es heiszt laster treiben, einem laster fröhnen, ein 
aster an sich haben, den lastern ergeben sein, ein laster 
liehen; ich war mit dem laster zu vertraut geworden. LESSING 
», 13; er sagt nichts, was er nicht denkt, und falschheit ist 
hm ein unbekanntes laster. 48; es ging also sehr natürlich zu, 
wenn zu Isfandiars zeiten alle arten von lastern in Scheschian 
m schwange gingen. WIELAND 7, 90; 
ein herz das ehre sucht, und das die laster scheut. Canız 137: 
wohl dir vergnügtes volk! dir hat ein hold geschicke 
der laster reichen quell, den überflusz, versagt. 
HALLER (1768) 22; 
bei euch, vergnügtes volk, hat nie in den gemüthern 
der laster schwarze brut den ersten sitz gefaszt, 44; 
sag, dasz mein herz von lastern frei, 
und, (doch nur einmal) unbesonnen, 
wie mädchen sind, gewesen sei. 
GöxKıneK lieder zweier lieb. (1779) s. 10. 
im gegensatz zu tugend: bischof. es sind die heidnischen 
ijugenden. Mephist. und das sind glänzende laster. GörTng 
57,277. häufig der sing. laster im allgemeinen sinne: der über- 
zang von einer stufe des lasters zur andern ist unmerklich; 
28 kostet unendlich mehr mühe, sich zu der kleinsten vor- 
jetzlichen übelthat , wenn es die erste ist, zu entschlieszen, 
als das ärgste zu begehen, wenn man einmal die unglück- 
liche leichtigkeit, böses zu thun, erlangt hat. WIELAND 7,90; 
gern auch personificiert* das häufige schauspiel der unter- 
drückten tugend und des siegprangenden lasters, ebenda; das 
jaster verlor in der that die sicherheit, die es so lange ge- 
nossen. 94; was ist dem laster kirch und altar? LEssING 
2, 135; aber dasz fremdes laster uns, wider unsern willen, 
zu mitschuldigen machen kann! ebenda; 
die larve vom gesicht des lasters weg zu reiszen. CANız 93; 
das laster auf dem thran. die tugend auf dem block. 
GOoTTER 1, 406. 
6) laster, eine lasterhafle person: sie achtens fur wollust, 
las zeitliche wolleben, sie sind schande und laster, prangen 
;on ewren almosen, brassen mit deın ewern. 2 Petr. 2, 13 
(omilor xai umuor); jetzt im gemeinen leben schimpfwort für 
ne weibliche nersan. so bairisch (Scum. 1.1523 Fromm.) kürntnisch
	        
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