Full text: L. M. (6. Band)

2839 MÜTZE 
MÜTZE, f. die kopfbedeckung. 
1) das mittellatein. almucium, almucia, aumucia, mit neben- 
formen armutia, amicia, und dem dim. almucella bezeichnete 
eine geistliche kopfiracht, die zugleich die schultern mit bedeckte, 
und wird seit dem 11. jahrh. in spanischen, italiänischen und 
französischen quellen erwähnt (vergl. Du CANGE ausg. von 1883 1, 
s. 191” f9g.). da die kopftracht keine liturgische war, sondern zu 
den willkürlichen paramenten gehörte, so gieng sie auf vornehme 
laien über (ebenda). der name hat arabischen klang, und sein 
frühes vorkommen in Spanien könnte auf solche herkunft deuten ; 
doch wird sie bezweifelt (Dızz wb. der roman. spr. 1,17), im 
deutschen kommt das wort vor als neutr. almutz, aremutz, seif 
nachweisbar dem 13. jahrh., als tracht der geistlichen wie auch 
modischer leute: mitra, almucz Dıer. nov. gloss. 254°; 
dö wären die kalwen vil unwert, 
durch einen glimpflichen nutz 
gedähte man der almutz. 
altd, beispiel bei Haupt 7,375,22; 
swer niht kluoge gürtel treit, 
und ein niuwesliffen kipfelklingen, 
und ein vehez aremuz üf sinem här, 
der hät vierteil kornes nie gewunnen. 
minnes. 3,220* Hagen; 
mnd. malmuse, chorkappe SCHILLER-LÜBBEN 3, 16; mnl. almutse, 
amutse, almuys (neben mutse) amiculum pelliceum, amickus, 
nocgeum, pallium pelliceum, quo sacrificus capul humerosque 
fegit. KıLıan; und hat sich im 15. jahrh. zu mütze und neben- 
formen gekürzt: almucium ein mycze, myezz, mutz, mutse, en 
muzeke also de domheren hebbet Dıer. 25°; mitra, mutsche, 
mutz, mutze, musse, musche, mocze 364°; milra, mütze nov. 
gloss. 254°; als allgemein gewordene weltliche tracht bezeichnet sie 
dasselbe was kappe oder haube: mutzen, vulg. hauben, mitra. 
voc. inc. theut. 03°; wie auch die beiden genannten gleichbedeu- 
tenden worte einflusz auf den wechsel des geschlechts vom neuitr. 
zum fem. haben. doch ist mütze nicht überall volksmäsziger 
ausdruck geworden, wamentlich in Baiern (vergl. SCHMELLER 1, 1708 
Fromm.) und in Alemannien nicht, wo haube oder kappe noch 
immer gelten. das alemann. masc. mutz, weibliche kopfbedeckung 
wird nicht hierher gehören, vergl. mutz 2,b a. €. 
2) mütze in der fracht beider geschlechter: mütz, fem. pileus, 
honnet, galerus SCHOTTEL 1367; eine mütze aufsetzen, mitram 
imponere, eine mütze tragen, milram gerere STEINBACH 2, 95; 
als männliche kopftracht nunmehr unterschieden von haube: die 
männlichen figuren ... haben den kopf entweder mit einer 
haube oder mütze bedecket. WINKELMANN 3,97; verschieden 
nach stoff und form: rauche mütze, cudo, penula pellita. STIELER 
1315; sammete mütze, mifra holoserica. 1316; marderne mütze, 
mitra martis pelle fimbriata. ebenda; vergl. auch pelzmütze, 
tuchmütze, fuchsmütze; fracht verschiedener stände, vergl. her- 
zogsmütze, doctormütze, studentenmütze, schülermütze, sol- 
datenmütze, schiffermütze u.s.w.; zu verschiedenen zwecken: 
reisemütze, nachtmütze, schlafmütze; warumb ziehen sie an- 
dere kleider an, und setzen alte mützen auf? Cur. WEISE erzn. 
158 Braune; der kanzler und die staatssecretaire sollten ihm 
sehr weit entgegen kommen, mit der herzoöglichen müzze. 
SCHILLER hist.-krit. ausg. 4, 151; 
hier in der mitte, mit der heilgen mütze, 
sah man den erzbischof von Arras stehn. 
H, v. KesIist zerbr. krug, T. auftr.; 
hurtig, den schlafrock her, den festlichen neuen von damast; 
auch die mütze von feinem battist! denn ich musz ja geschmückt 
sein! Voss Luise 2,83: 
sah ich, ein graus geleite, 
den henker wartend stehn; 
er stand in rother mütze, 
im scharlachrothen rock, FREILIGRATH dicht. 1,58; 
mütze des. narren, des hanswursts, vergl. narrenmütze, schellen- 
mütze: Lapus. amme, du hast einen kranz verdient. Musca, 
eine zugespitzte mütze wil der herr sagen. A. GRYPHIUS (1698) 
1, 949: 
solch thier man einen narren heiszt; 
gevatter, wer dazu geboren, ) 
trägt an der mütze eselsohren, 
und auch ein langes kleid mit schellen, 
Tızck Octavian, 370: 
hanswurst schaut über die bude heraus, 
und winkt mit der klingenden mütze, 
A, v. Droste-HüLsHOoFF ged. 240; 
mütze, weibliche kopfbedeckung? dagegen verbilden sich die 
weiber (am groszen Brenner) durch weisze, baumwollene, 
zottige, sehr weite mützen, als wären es unförmliche manns- 
nachtmützen. GÖTHE 27, 24; frau von Mirville. kommen sie, 
tante! sehen sie doch die schönen mützen an, die man mir 
gebracht hat. SchiLLER neffe als onkel 1.12: 
MÜTZE — MÜTZELN 2840 
dynen rock lath besetten mit sammit! 
mützen, kragen und schörteldock lath wesen wyt! 
fastn, sp. 973,13; 
wär ich nur das fledermäuschen, 
das um ihre mütze schwirrt! Hönsty 206 Halm. 
3) mütze in symbolen, bildern und redensarten. als zeichen 
ler hochachtung wird die mütze abgenommen: hleibe ja bei 
ler folie des Milano, denn vor der muszt du die mütze ab- 
ıehmen, GöTHE 34,270; nun sagte Cajo, wenn dir das gerälh, 
30 will ich gern selbst die mütze abziehen. 2:1; die mütze 
ichwingen, zum grusze und im jubel; 
nur schlecht gesindel läszt sich sehn, und schwingt 
uns zum verdriesze die zerlumpien mützen. 
SCHILLER Tell 3,3; 
wer lässig ist zum abziehen derselben, von dem sagt man er hat 
sperlinge unter der mütze; unter der mütze nicht richtig 
sein, im kopfe verwirrt: 
der mensch musz unter seiner mütze 
nicht richtig sein, versetzt ein alter kan: 
so etwas allenfalls begehrt man an der spitze 
von dreimahl hundert tausend mann. 
WIELAND 22,223 (Oberon 5,59); 
vie der hut (th. 4, 1979) zeichen der mannesherschaft in der ehe 
st, so die mütze zeichen der unterordnung der frau; hat daher 
ler mann die mütze auf, sie den hut, oder die hosen an, so 
teht er unter ihrem regiment: he wil sick de mütze nicht up 
etten laten, sondern den hodt beholden. GrYse wedewen 
negel (1596) bei ScHILLER-LÜBBEN 3,142’; 
16 moeste vor my (der vater vor der multer) duken als ein müs. 
16 hadde de mützen, ick de broek (hosen). 
ılso do em, myn leve dochter, ock! fastn. sp. 973,6; 
‚eve Alheit (sagt Henneke), thü vorth düsse broeck an! 
so mach ick de mützen dragen. 976,11; 
du armer stümpfer und dudntopf, 
die mutze hastu auf den kopf, 
soltestu keins hunds mechtig sein, 
es erleubts erst die frawe dein? 
StTRICcKER schlemmer (1584) E2; 
ine mütze ward gefallenen jungfrauen aufgesetzt, die nicht mehr 
'm haar gehen durften, vergl. SCcHILLER-LÜBBEN a. @. 0.; gleicher 
nütze sein, ebenso geartet: 
weil manche frau von gleicher mütze, 
und so viel, als die magd oft nütze. mdgdelob 57; 
wie eine mütze, als bezeichnung groszer leichtigkeit? ich hätte 
hn wollen wegschieszen als eine mütze. Cur. WEIseE comöd. 
80; eine formel der betheuerung: 0 bei meiner mütze! HERMES 
'oph. reise 6, 308. . 
4) mütze, träger der mütze, im folgenden soldat der Östreicher - 
® 
aus sieben schanzen jagten wir 
die mützen von dem bär, GLEIM 4,20; 
ein sturz auf sie, so sind sie fort, 
die mützen von dem bär. 125. 
vergl. dazu bärmütze. 
5) mütze, die haube eines falken: 
ich hab ’nen falken! nimm die mütz mal ab, 
du klausner, — dasz dich! wie so klug er schaut! 
Tızck Octavian, 201. 
6) mütze, fhurmhaube + nimm den thürmen die mütze, welche 
‚hnen vor hundert jahren aufgesetzt wurde, und gieb ihnen 
die alten spitzen zurück, FreyTAG handschr, 1, 58. 
7) mütze, der zweite magen der widerkäuenden thiere, reli- 
zulum. NEMNICH 4,1142. vergl. haube, 
8) mütze, calyptra, das hütchen an moosen, auch mooskappe, 
nooshaube. NEMNICH 2, 768, 
9) mütze, name verschiedener schnecken? patella barbara, 
nütze, patella chinensis, die sinısische mütze. NEMNICH 4, 876; 
uccinum testiculus, die polnische mütze, 1, 706. 
10) die mütze des Hippokrates heiszt bei den wundärzten 
»ne art verband; bei den hufschmieden ist die mütze eines 
»jsnagels ein stück eisen mit einer in den kopf des nagels 
assenden vertiefung, das beim einschlagen desselben aufgesetzt 
wird; im neueren haushalt mütze ein wollenes gerät, das über ein 
‚efäsz gestülpt wird, um das darin befindliche essen oder trinken 
varm zu halten; so kaffeemütze, theemütze. 
MUTZEL, m. die assel, ohrwurm* scolopendra, langer ohren- 
nützel Dıer. 519°; die namensform schwankt ungemein: auch 
nitzel und nützel Schm. 1, 1705. 1778 Fromm; mittel, orn- 
nückel. DıEr. a. a. 0.; und selbst durch nassel auf assel (ebenda) 
%inleitend. vergl. auch mettel. bei Trochus N 6" ist orenmutzeln 
narotlides, d.i. zagwrides, okrengeschwulst. 
MÜTZELN, verb.: mit welcher er (mit der frau der mann) 
ungehindert mag scherzlen, sterzelen, merzelen, kützelen, 
iritzeln. schmützeln. schwitzeln, nfitzelen, dützelen, mützelen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.