Full text: L. M. (6. Band)

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2845 MYRTE — MYRTENAST 
MYRTE, f. 1) der baum myrius; ein orientalisches gewächs 
(pers. mürd), im alterihume über die südlichen gegenden Europas 
ausgebreitet, griech. uvoTOS, lat. myrtus; bei uns schon in der 
ahd. zeit bekannt, wie die glossen:? inter mirteta, unter mite- 
lahun, mirtelahun, mirtalahi, mirtlaha, mirtilpoumahi, mir- 
thehe STEINMEYER-SIEVERS 1, 685, 7—10; myria, mirteleppele 
(eppele von zweiter hand) 2,700,63 lehren: sie zeigen ein deutsch 
etwas umgebildetes mirtal, mirtel, das auch mhd. bleibt: mirtus, 
mirtelstude. voc. opt. 41, 117, und. im heutigen englischen myrtle 
haftet , neben geradezu einer umdeutschung: myrius, merdorn, 
mirdorn DıEr. 363°, also vom meere, vom süden her gekommen, 
vgl. WACEERNAGEL umdeutschung in den kl. schriften 3,327. die 
gelehrte form myrte, myrthe neben mirthe seit dem 16. jahrh. : 
ich wil in der wüsten geben, cedern, fohern, myrten, und 
kyfern. Jes. 41,19; es sollen tennen fur hecken wachsen, 
und mirten für dornen. 55,13; ein man sasz auf eim roten 
pferde, und er hielt unter den myrten in der awe. Sacharja 1,8. 
verstanden ist der baum oder strauch, als ein ziergewächs in 
schilderungen südlicher oder paradiesischer landschaften: in einer 
entfernung von vierzig bis funfzig schritten von dem felsen, 
worin Dioklea sich aufhielt, lief eine hohe und dichte hecke 
von wilden myrten um denselben. WIELAND 27,131; 
hier stund der schöne gang 
vollführt durch Gordian von tausend schuhen lang, 
mit frischem lorbeerbaum und myrien auszgeziehret. 
. . Opırz 1,95; 
die bächlein rauschen in dem sand 
und malen sich und ihren rand 
mit schattenreichen myrten. P. GERHARD 239,27; 
ich schlief in einem garten, 
len ros und myrte zierten. HAGEDORN 3,67; 
sie entwand sich dem arm ihrer gespielin, N1og 
mir entgegen, und gosz, unter der grünenden nacht 
einer Nüsternden myrthe, 
sich urplötzlich an meine brust. Hönty 77 Halm; 
wo sie (Venus) selber unter myrten 
ihren Amor uns gebar. BöRrRGER 3°; 
kennst du das land, wo die eitronen blühn, .. 
die myrte still und hoch der lorbeer steht? 
GöTHE 18, 253; 
oder der zweig des dichtwachsenden, versteckenden und darum 
der Venus heiligen baumes, welcher, nach classischem vorbild 
(viridi nitidum caput impedire myrto. Honar, od. 1,4,9), in 
kranz- oder strauszform bei unsern dichtern als sinnbild der liebe 
und des brautstandes hingestellt wird: 
da kam der Venus kind, bracht einen kranz von myrien 
vor meiner lorbeerkron, und stiesz mich zu den hirten 
in einen grünen wald, wies auf ein schönes bildt: 
die edle nymph hat mir gemüt und sinn erfüllt. 
Opıtz 2,143; 
kein kriegen würde sein, als dasz so nur betrifft 
genüge, ireud und lust, und das die liebe stift. 
die festen wolt ich ganz von myrten lassen weben, 
die uns der Venus sohn hierzu dann würde geben, 147; 
du wolltest, dasz dein haupt nicht solte myrthen tragen, 
und dich schon ganz und gar der muntren welt entziehn. 
. GÜNTHER 5983; 
nun brich, o herz, der ring ist hin] 
die perlen sind geweint! | 
statt myrt erwuchs dir rosmarin ! 
der traum hat tod gemeint! BÜRGER 16°; 
und mit einem kranz von myrten 
naht die götterkönigin, . 
und sie führt den schönsten hirten 
zu der schönsten hirtin hin. ScHILLER d, eleus, fest: 
man reicht ihm den cypressenkranz heraus, 
allein die mvrihe kann er nicht erringen, 
A. v. Droste-HöLSHOrrR ged, 102: 
in anspielungen - 
Lenore, ich halte mich am liebsten auf der insel 
der poesie in lorbeerhainen auf. 
rinzess in diesem schönen lande, hat man mir 
versichern wollen, wächst vor andern bäumen 
die myrte gern. GöTHE 9,107; 
der seemann liest in ihren stolzen mienen, . 
dasz einem mann wie er hier keine myrten grünen, 
WIELAND 10,230, 
die myrte, die von jungfrauen als kranz an ihrem hochzeitstage 
getragen wird (vergl. myrtenkranz) ist somit nicht sinnbild der 
jungfräulichkeit, diese beziehung liegt nur im kranze, vergl. theil 
5, 2051 fg. 
2) deutsche myrte, myrica communis, der deutsche kerzen- 
beerstrauch, auch myrtenheide. 
MYRTENARTIG, adj. nach art einer myrie: myrtenartige 
iträucher, gewächse. 
MYRTENAST, m.- 
und setzten sich auf immergrün, 
hedeckt von myrthenästen. Hönty 27 Halm. 
MYRTENBAUM — MYRTENKRANZ 2846 
MYRTENBAUM, m. myrlus, vergl. unler myrie 1: myrthen- 
aum, myrius MAALER 296°; 
es steht ein myrtenbaum mit tunkelheit umbfangen, 
Opırz 2,174; 
räufiger das dim. myrtenbäumchen: 
sieh, wie dort ein kleiner Amor 
auf dem myrthenbäumchen sitzt. GLEIM 1,259; 
am nahen myrihenbäumchen 
ruhn sie auf einem blatt. Fr. MÜLLER 2,372; 
steht nicht dort am fenster ein myrtenbäumchen zum brautkranz? 
Voss 1,134. 
MYRTENBEERE, f. 1) beere, frucht der myrte. 
2) die heidelbeere, vaccinium myrällus. NEMNICH 4, 1537. 
MYRTENBLATT, n.: nimm einen jungen raaben, speisz 
enselben 40 tag mit hart gekochten eyrdotter, nachmals 
ring den raaben um, schneide ihn zu stücken, nimm mirten- 
aub, und lege es auf den grund desz distillir-kolben , als- 
Jann lege etwas vom raaben, diesen bedecke wieder mit 
nirtenblätter (gibt ein schönheitswasser). ABR, A S. CLARA Judas 
1,402; zwei schöne hbronze-wasen mit ziegenköpfen und 
nyrtenblättern. J. PAUL uns. loge 1, 113. 
MYRTENBUSCH, m.? 
mein liebster selbst gesteht: dasz sein verschmitzter sinn 
sei ein bestanden wild in Venus myrihen-püschen. 
LOHENSTEIN rosen S. 115; 
ein süszes, klatschendes getön 
scholl aus den myrthenbüschen, ;HöLTY 27 Halm. 
MYRTENDORN, m. name des ilex aquifolium, hulst, stech- 
nalme, mäusedorn. NEMNICH 3,218; und des TUSCUS aculeatus, 
mäusedorn, stechende palme. 4, 1187. 
MYRTENDUFT, m.; 
ich lasse Wälschland seine weine 
voll myrth- und pomeranzen-duft, Göxınex 1,327, 
MYRTENFÄCHER, m. füächer aus einem myrienzweige: 
angenehme kühlung wehen 
sollt ein myrtenfächer dir, BÜRGER 6". 
MYRTENGEBÜSCH, n. myrietum. STIELER 112: 
so schlich wehmuth oft in unsere freuden; so sprosset 
in dem myrtengebüsch eine zypresse mit auf. 
STOLBERG 1,16; 
asz dein dämmerndes myrtengebüsch, und das rosige bächlein. 
wo die laute dir oft ahndende liebe getönt! Voss 2,18, 
MYRTENGRUPPE, f.: 
ihr auge schweift umher; aus grünen myriengruppen 
schaun dünn und schlank die minarets. 
FREILIGRATH dicht, 1,94. 
MYRTENHAIN, m.° 
Amor ist nicht mehr mein bruder (spricht Hymen); 
wer in meinem myrihenhain 
mich in meiner freude störet, 
der kann nicht mein bruder sein! Guizgım 1,226; 
die holde liebe lockte mich 
in ihren myrthenhain, 2,39; 
sie irrten, wenn der mondenschein 
den wald mit silber deckte, 
vertraulich durch den myrthenhain, 
wo mancher vogel heckte. Höunrty 27 Halm; 
mir sangen keine musen, 
mir düftete nicht Paphos myrtenhain. GoTTER 1,1: 
im myrthenhain, 
wo Venus schläft 
bei roth- und weiszen rosen, Fr. MÖLLER 2,361, 
MYRTENHAINSDÄMMERUNG, f.: seh ich in der vergangen- 
jeit goldener myrtenhainsdämmerung Lilan an deiner hand, 
HörHE in Mercks briefsamml. 2, 40. 
MYRTENHECKE, f.? 
am tempel selbst grünt bei den rosenstöcken, 
ein heilger kreis von zarten mirthenhecken, 
HAGEDORN 2,111: 
was singt mir dort aus myrtenhecken 
im ton der liebevollen braut? BürRGER 91°. 
MYRTENHEIDE, f., vergl. myrte 2. 
MYRTENHUT, m. hut aus myrienzweigen : 
ein blumengurt, ein myrtenhuth . 
kühlt liebchen vor des sommers gluth, BÜRGER 48° 
MYRTENKRANZ, m. kranz von myrienzweigen : 
weil Venus sich mit jhrem sohn ergötzet, 
ward ihr ein myrtenkranz mit perlein aufgesötzet, 
WECKHERLIN 727; 
verhaszt ist ihr (Titanien) nunmehr der elfen scherz, der tanz 
im mondenlicht, verhaszt in seinem rosenkleide 
jer schöne mai. ihr schmückt kein myrtenkranz 
lie stirne mehr. WıgLanD 23,106 (Oberon 8, 60);
	        
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