Full text: L. M. (6. Band)

505 LEDIGEN — LEDIGKEIT 
1,65,1; und danach; swer lip oder hant oder hüt oder hör 
‚ediget, daz im mit rehter urteil ist verteilet, der ist rehtlös. 
Schwabensp. 81,2; swes der man swert, dä er sinen lip oder 
sin güt mit lediget. 255,2. vgl. dazu auch ledig 6. . 
3) ledigen, in erweiterter construction; mil dem genitw? die 
unterthanen aller pflicht gelediget. FıscHART bienk. 138°; mit 
der präp. von, losmachen, lösen, befreien: gestern mocht wol 
Alexander manigen ledigen von dem tod, heut mag er ım 
selb nicht gehelfen von dem tod. gesia rom. 25 Keller; der 
ackermann Ilediget die ochsen von dem joch. STEINHÖWEL 
(1487) 98; die lecker, deine freund, künnen dich von meinen 
henden nit ledigen. Aimon bog. S; sagen auch, den glaub- 
prüchigen soll man wider kein glauben halten: ledigen auch 
die underthanen von jrer oberherren eiden. FıscHART bienk. 52’; 
got wil si nü. der muotet dir, ; 
daz dü ledegest dich von ir. Barl. 279, 30; 
weil ich . . die frau von flöhen ledig. 
FıscHART /löhhatz v. 14; 
Aristoteles schreibt, dasz diese muscheln sich zu zeiten von 
den felsen ledigen, nahrung zu suchen. ForEr fischb. 147°; 
stockmeister, ledig jhm zu hand 
von seinem leib fesel und band. 
J. AYRER 364° (1828,6 Keller); 
mit der präp. aus: dise lidigete der künig allesament uszer 
strenger gevengnüsse, die man mit groszem güte nüt möht 
gelöset han. d. städtechr. 8, 48, 7; liesz sich auf dem Newenpau 
zu Nürmberg in die Pegnitz werfen, da sie am tiefsten was, 
und er lediget sich selber ausz dem sack. 10,165, 16; nun 
als die fischer die dörn aus dem garn gelediget hatten (dorn- 
gestrüpp das hinein gekommen war), Wickkam rollw. 120, 27 Kurz; 
braun ist der minne pot 
und ledigt laidigs herz ausz not. fastn. sp. 780,20; 
so seind gefangen noch die neun. 
die sollen auch nicht widerumben 
ausz der gfängknusz geledigt kommen. 
J. AYRER 236‘ (1178, 6 Keller); 
in die bedeutung zurückhalten (von einem rechte) überspielend. 
(Paulus) spricht auch nicht, der mensch esse allein vom brot, 
und trinke nicht den kelch, wie der bapst uns leret (lehrt) 
und ledigt von unserm eigen sacrament, LUTHER 1,418°. vgl. 
ledig 3. 
4) ledigen, leeren (nach ledig 10): evacuure ledigen + rumen 
Dies. 211°; und namen hinweg, was inen zu handen kam an 
köstlichem geschmeide, kleidern, gerste, fleisch und ledigten 
die heuser gar aus. WaIısseL chron. (1559) 216°; unter dessen 
feierte das hörnere trinkgeschirr nicht, sondern gienge zum 
oftern die runde herumb, .. dasz davon in weniger zeit eine 
von den zwei flaschen, so in gegenwart stunden, gelediget 
wurden. junker Harnisch 124 ; ein glas ledigen, ebibere, exinanire 
vitrum , den oelkrug ledigen, oleum decapulare. STIELER 1108; 
verhüllend den leib ledigen, purgieren, vgl. unten ledigung no. 3. 
vergl. abledigen, ausledigen, entledigen, erledigen. 
LEDIGGANG, m. müsziggang (vyl. das folyende und ledig 5): 
ein gerader starker bengel, dem keine arbeit schmecken wolt, 
sondern liesz ihm den lediggang und bettelstab besser ge- 
fallen. Kırcanor wendunm. (1602) 2,282. mniederd. von'n ledig- 
gang bet men nits (kann man nicht leben). ScHAMBACH 120°; 
hei werd wol sinen lediggang dervon ehat hem (es wird wol 
so viel eingebracht haben, dasz er fortan nicht mehr zu arbeiten 
brauchte). ebenda. 
LEDIGGÄNGER, m. müsziggänger (vgl. ledig 5): aber keinen 
lediggenger soll man leiden bei groszer strafe. WaısseL chron. 
(1559) 105°; so kan es desto weniger einem jeden landstreicher, 
lügner und lediggenger die hende füllen. Papr heftel- u. qarte- 
teufel (1586) L6’; 
vögelfenger, lediggenger, 
darnach schlegt der Tiehhenker. 
sprichwort bei HEniscH 692,33; 
niederd. leddiggänger brem. wb. 3,34. SCHÜTZE 3,16. 
LEDIGKEIT, f. zustand des ledigseins; nuch ledig in mehreren 
hbedeutungen. 
1) nach ledig 4, coelibatus, status hominis soluti, Frıscu 1,593’; 
in der altern sprache auch verhüllend für concubinat: bezüglich 
der pfaffenweiber heiszt es: 
es ist ain grosze unwitze 
driszig Jar bi der ledkait sitzen. (leufels netz 11879. 
2) nach ledig 5, musze, freiheit, unabhängigkeit? ociositas ledic- 
keid Dıer. 392° ; ocium ledigkeit 392°; ledigkeit, rüw, vacuilas, 
MAALER 266°: ledigkeit aller pflichten und heschwärden. vacatio 
LEDIGLASSUNG — LEDIGUNG 506 
mnium munerum. ebenda; nach gemeinem lauf mag ein mensch 
ait kummen zu stille und ledigkeit seines herzen, der aus- 
wenig bei vil unruw und geschäften ist. KEISERSBERG pred. 9"; 
die wahre ledigkeit ist wie ein edles fasz 
das nectar in sich hat: es hat, und weisz nicht was. 
ANGELUS SıLEsıus in Wackernagels leseb. 22,437 
(überschrift die wahre ledigkeit). 
3) ledigheit, in jure feud, non ratione vasalli sed domini 
ıliorumque olim vocabatur libera servitus feudalis, qua quis uni 
lomino erat addictus contra quemlibet, nemine excepto, vel uno 
'antum atque altero, in feudis Germ. excepto imperatore atque 
mperio, HALTAUS 1216 /9. 
4) ledigkeit, leere (vgl. ledig 10), inane, inanitas. STIELER 1108. 
LEDIGLASSUNG, f. freilassung (van haft oder strafe, vergl. 
edig 1): allen kosten und schaden, der..ausz solcher un- 
echtmäsziger lediglassung entstehen... wird. erklärung des 
andfriedens von 1522, arl. XXV. 
LEDIGLICH , adv. 1) frei, ungefangen (vgl. ledig 1): der 
zeiser .. lies den zuhtmeister (der sich an ihm vergriffen halte) 
idekliche dennen scheiden. d. städtechr. 8, 421, 2. 
2) von gut und eigenthum frei, unbelastet (vergl. ledig 6): 
nerumb gap der künig sant Florencien die gebreite und die 
tat, do er innen wonende was, ... lidekliche zü eigen. 
I. städtechr. 9, 632, 13; ist, das es (das gut) dann versetzt ist, 
and das im (dem käufer) der purchtherre das versweiget, und 
et ins dann chaufen, und geit ims darnach ledigleich auf, 
Wiener stadtrechts- und weichbildbuch s. 128 Schuster; (das gut) 
ediglich zu versetzen und zu verkaufen, und zu geben, wem 
x wil. 115. 
3) von lehen und gut, erledigt (vgl. ledig 7): der sol mein- 
:idig und erlosz sin und nimer me gen Straszburg kommen 
ınd sol darczü alles sin güt unser stat lidiclich verfallen sin. 
l. städlechron. 9, 944, 17. 
4) lediglich aus dem begriff des freien und ungehinderten in 
lie bedeutung durchaus, nichts als, völlig, gänzlich übergehend 
(vgl. dazu das hessische lidig unter ledig 16,b und einen ähn- 
‘chen übergang des adv. frei in der oberdeutschen volkssprache 
‘heil 4%, sp. 100): absolute lediglichen, on ein zusacz Dier. 5°; 
ainem die sache lediglich anheimstellen, penitus commäültere, 
totam causam ulicujus judicio permiltere. STIELER 1108; 
ich hän vil ledecliche bräht 
in ir genäde minen lip. minnes. frühl, 152, 5. 
5) in der neuern sprache uber beschränkend, so viel wie einzig, 
ılosz, rein (vergl. ledig 16, b): lediglich nach deinen willen, 
'uo solo arbitratu, omnino ex voto tuo STIELER 1108; künftigbin, 
var ihre vorschrift, würde es gar nicht mehr als unverstand, 
der als mangel an kenntnis, sondern lediglich als ein grober 
jerstosz, gegen das, was sich ziemte, angesehen werden. 
{LOPSTOCK 12, 366; ich bin lediglich in meinen eigenen ange- 
legenheiten hier. Lessinc 1,531; die zeichen der poesie (sind) 
nicht lediglich willkührlich. 11,128; in der that scheinen sie 
ich in diesem stücke lediglich nach einem allgemeinen glauben 
‚gerichtet zu haben. WIELAND 1,358; anstatt dasz aller nutzen 
‚on ihrer unterdrückung lediglich in die kassen einiger privat- 
leute und ehmaligen günstlinge des volks geleitet worden war. 
2,125; wie oft entsteht in beiden arten der tragi-komödien 
die verwicklung selbst lediglich daher, dasz Hans Wurst.. 
den klugen leuten ..ihr spiel verderbt! 3,62; aber so wie er 
war, überliesz er diese art von spekulazionen seinem freunde 
Plato, und schränkte seine eigenen nachforschungen über die 
intellektualen gegenstände lediglich auf diese einfältigen wahr- 
heiten ein. 230; hätte er doch einsehen sollen, dasz die gute 
wirkung dieses mittels lediglich von dem glauben an seine 
kraft abhängt. 7,104; die gegend ist durchaus nicht, was 
man eine schöne nennt, denn sie besteht lediglich aus wel- 
enden hebungen und senkungen des erdreichs. IMMERMANN 
Münchh. 1,171; 
mit einem wort — der mallieschlägel 
hat grosze ehre von der kur. 
doch diese (wies in solchen fällen 
zu gehen pflegt), kommt lediglich 
auf Dubans rechnung. WIELAND 10, 338. 
LEDIGUNG, /. das ledigmachen ; 
1) befreiung von gefangenschaft, schuld, pein (vgl. ledigen 1): 
las ich alles das ich geschrieben und geleret hab, gott zu 
‘ob und zu einer ledigung der ganzen heiligen christenheit aus 
zo viel unendlichen verkleinerung, beschwerung und gottes- 
lasterunge fürgewand und gethan habe. LUTHER 1, 397°
	        
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