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LEIB
die göttlich gnad vom himel rab
sich in der mutter leib begab. .
WACKERNAGEL kirchenlied 4,857;
alsbald du (gott) mich der entzogen,
der ich, ehe nacht und tag .
mich erblickt, im leibe lag. P.GERHARD 146, 24 Gödcke;
mein leib trägt deiner liebe frucht. BrnGER 85°;
von wem ich es habe, das sag ich euch nicht,
das kind in meinem leib. GörTHE 1,204;
in roher redeweise? sie hat den leib voll, uterum gerit, ventrem
fert, gravida est. STIELER 1132. in Appenzell heiszt der vorder Kb
vagina muliebris im gegensalz zu der hender lib, mastdarm
ToBLER 297°. . .
4) engeln und geistern, die in menschlicher gestalt gedacht
werden, ist ein zarter, ätherischer, lichter leib beigelegt;
ich dachte, dasz du zeigen,
ein lichtgewobner leib,
dich müssest mir. RöckKEerT liebesfrühl. (1872) 146.
5) des herrn leib, im abendmahl: nam Jhesus das brot,
danket, und brachs, und gabs den jüngern, und sprach,
nemet, esset, das ist mein leib. Matth. 26,26; das sie mit
solchen worten jren glauben bekennen, das Christus leib
warhaftig im abendmal ist. LUTHER 3,440";
sein leib, sein blut
solchs warlich thut .
in den gleubigen allen. WACKERNAGEL Kirchen. 3, 850 ;
mit seinem blut und leibe
hat er mich auch gespeist. 861;
warlich, warlich, eine speise
ist sein fleisch; sein blut ein trank!
jener leib, der für dein leben
ward zum opfer hingegeben! K_ıorPstocK 7,266:
ja, ich beneide schon den leib des herrn,
wenn ihre lippen ihn indesz berühren. GörTHE 12, 175;
hier sei kein priester, sagst du, keine kirche,
kein leib des herrn? du irrest dich, hier ist
ein priester, und ein gott ist hier zugegen.
SCHILLER Muria Stuart 5,7.
6) leib, auch in bezug auf die höhern und niedern thiere,
und hier ebensowol von dem duszern als von dem innern: Jona
war im leibe des fisches, drei tag und drei nacht. Jona 2,1:
es sind aber starke hunde von leibe, die nimer sat werden
können. Jes. 56, 11;
doch in dem augenblick ergreifen
die ungeheur (schlangen) ihn selbst, er steht bewegungslos,
geklemmt von ihres leibes reifen.
ScCHILLER zerstörung von Troja v. 371;
vergl. auch oben 3,d, 0 sp. 586. in bezug auf die thiere wird
vorderleib und hinterleib (theil 42, 1511) unterschieden.
7) leib, sonst übertragen.
a) in poetischer sprache ?
der güpfeln brust, des thals schosz,
der erden leib. WECKHERLIN 224;
dein (einer fichte) fusz ist so gesetzt, dasz Aeolus sein wetter
zu schanden an dir wird; ein harter fels und stein
musz dir in seinen leib zu bauen dienstbar sein. LocAu 1,191;
dein (der fichte) gerader leib bleibt immer aufgerecket,
kennt keine krümme nicht. 192;
und von der götter grimm beschützt,
eröffnet Sinon still den bauch der fichte;
gehorsam giebt das aufgethane rosz
die krieger von sich, die sein leib verschlosz.
SCHILLER zerstörung von Troja v. 44:
in gewählter sprache: ein groszer topf rahm wurde in den leib
der maschine gegossen (um butter zu machen). FREYTAG hand-
schrift 2, 139.
b) verallgemeinert , wie sonst körper 3, «a theil 5, 1836; von
gebilden der einbildungskraft? fieber, nervenschwäche, getränke
können die bilder der einbildungskraft so verdicken und be-
leiben, dasz sie aus der innern welt in die äuszere treten
und darin zu leibern erstarken. J. Pauı vorsch. d. dsth. 1,55;
von geometrischen körpern : ein leib ist eine selbständige grösze
mit flechen umgeben, lenge, breite und dicke habend. REYMERS
landrechnen (1583) G2*; dann so du ein holz in der hand hast,
so hastu vor deinen augen nur ein leib. PARACELSUS (1589)
1,79; auch wie substanz: darumb, je weniger leibs, je höher
lie arznei in tugenden ist. 305; noch heute sagen die bierbrauer
dieses bier hat mehr, hat weniger leib als jenes, ist stärker
oder schwächer gebraut; in der Schweiz heiszt es auch von papier,
tuch einen leib haben, fest und compakt sein. STALDER 2, 164.
selbst wie form, ansehen: leib, wirt auch von denen dingen
geredt die kein läben habend, man müsz dem ding ein güten
leib güäben, das ist, ein rüchte proportz. MAALER 269°,
c) leib in der baukunst, der theil an säulen und gebälk, welcher
nicht durch alieder verziert ist * die fiale hesteht aus zwei theilen-
LEIB — LEIBBAND 590
iem leibe, einem schlanken viereckigen pfeiler, der auf allen
'eiten mit einem giebel abschlieszt, worauf dann der zweite
heil, der riese, die bekrönung bildet. Rann gesch. der bild.
‚ünste in der Schweiz (1876) s. 338.
d) bei den schneidern der leib eines kleides, das rumpfstück ;
ler leib an einem hemde, im gegensatz zu kraygen und ärmeln ;
ıir. leih weste Scum. 1,1411 Fromm. vergl. leibchen.
LEIB, m. 1) das brot nach seiner form, als ganzes. golh.
ılaifs; ags. hläf, engl. loafe; altn. hleifr, älter schwed. lef, älter
län. lev; ahd. hleip, mhd. Jeip. das einst über alle deutschen
‘jalekte gehende wort findet sich in verschiedenen formen (kirchen-
lavisch chljebü, nslav. hleb, bulg. 1eh) in den slavischen sprachen,
vird aber dort als entlehnt angesehen, vergl. LOTTNER in Kuhns
üschr. 11,173 ; sichere etymologische anhalte fehlen. die schreibung
'aib (zum unterschiede von leib corpus) ist auch in neueren quellen
jewöhnlich, aber nicht berechtigt, laib, panis orbicularis major,
laib-brod. Frısch 1, 565°; unsere herren vom rate gebieten,
las hinfür kein beck .. . einicherlay layb oder ruckinprot
ınnders pachen sol dann pfenwertsweise. Nürnb. poliz.-ordn.
22; besonders wo das roggenbrod in laiben von zwei pfund
sebacken wird. Möser pafr. phant. 4, 149; gegen einiges trink-
zeld lieszen die husaren von dem brod etwas ab . . ich theilte
nehr als einen laib unter die zunächst angehörigen. GÖTHE
10, 72; im wäszrigen, zu schnell gebackenen brote trennte
ich krume von rinde und in den zwischenräumen erzeugte
ich schimmel. abermals in angst vor gift brachte man mir
lergleichen laibe. 94;
ich heut ein süpplein asze,
darein ein laib geschnitten wase.
H. Sacsys dicht. 1,224;
in der formel leib brot: zwo masz weins, ein laib brod und
ınder ding. PauLı schimpf (1546) bl. 92; ein leib brotes, panis
nteger, non prosectus, unangeschnitten. STIELER 246; da bei-
ıahe eine thräne oder ein seufzer als aufschlag, der ent-
ichtet werden muste, auf jeden laib brod geleget war. J. Pauı
Yiebenk. 35. in einer bildlichen redewendung: man weisz ja, wie
lie Schweizer von den Schwaben mit allerlei geschichten ..
zeärgert wurden. wie nahe liegt es, zu glauben, dasz die
Schweizer ihrerseits den Schwaben die laibe aus demselben
»fen heimgegeben haben. Germania 17,310,
2) übertragen auf anderes; auf einen groszen käse, von der
form z.b. der Schweizer käse, vergl. auch käselaib theil 5,254;
jsterr, an lab kas. Vocı Ööstr. volkskal. 1849 s. 79; auf ein ge-
‘ormtes stück butter: ein laib (butter) von 1/2 pfund, von 1 pfund.
Kölner zeitung, in den localnachrichten ; auf den zucker, ein leib
zucker, sonst brot zucker genannt; die bildhauer nennen teig
oder laib (franz. pain) die masse aus zubereiteter erde, die sie
zum modellieren brauchen. Jacossson 4,380". vergl. auch unten
das zweite leihen, und leibung.
LEIBARZNEIL, /.:; leibarznei, die durch ordnung ässens und
trinkens und arzneien in leib zegäben, arznet (die krankheit
heilt), clinice. MAALER 269°
LEIBARZT, m. 1) arzt für den leib; im gegensatz zum
;eelenarzt : sahe ich umb mich und wurde gewahr, dasz keine
der doch sehr wenig würgende soldaten mehr, sondern beides,
jeelen- und. leibärzt, auf der walstatt, ich wolte sagen, ein
ariester und etliche feldscherer oder barbierer vorhanden
waren, davon jener die abscheidende seelen der sterbenden,
Jliese aber die wunden der beschädigten leiber zu curiren
ınd zu verbinden sich bearbeiteten. Simpl. 4,174 Kurz; auch
arzt für innere krankheiten, im gegensatz zum wundarzt : dz man
vil müsz purgieren und laxieren, das gebürt mer dem leib-
arzt dann dem chirurgico. GERSDORF feldb. d. wundarzn. 91;
eibärzte braucht man nur selten, wundärzte jeden augen-
'lick. GÖTHE 21, 105.
2) arzt eigens für die person, z.b. eines fürsten:? leibarzt,
ırchiater, der einem groszen herrn allein wegen der arzenev
bedient ist, Frısch 1, 600°;
was krankheit hat jetzt dein gewalt?
zeigs an, dasz du nicht drin erhartst,
dasz dir zu hilf komb mein leibarzt. H. Sacus 4,2, 8".
LEIBÄRZTLICH, adj.: die leibärztliche verordnung verhot
lem fürsten das bett zu verlassen.
LEIBBÄCKER, m. bäcker, der allein für eine fürstliche person
“as gebäck liefert.
LEIBBAND, n. schmuckband um den leib, mit herabhangenden
chleifen, der weiblichen tracht des vorigen jahrhunderts anaehörig.
AMARANTHES franenz.-ler, (1773) 1916.