847 LEUTE — LEUTENANT
ohne adjectw: der leute tüchter in dieser stad werden er aus
komen wasser zu schepfen, 1 Mos. 24, 13.
18) leute, in prägnantem sinne, rechte, hervorragende leute
unsere väter waren leute! die wuszten was ihnen nütz war.
Görne 8, 202; sprichwörtlich kleider machen leute; kleider
machen leut, lumpen machen leusz. AGcRr. spr. 25°. mil leuter
sind erwachsene gemeint, im gegensatz zum kind: sprichwörtlich
aus kindern werden leute, kinder wachsen heran; der drit dorn,
das seind die kind, so man lange zeit groszen fleisz, mühe
und arbeit auf sie legt, wenn sie dann zu leuten werden,
so wollen sie nit geraten. KEISERSBERG pre. 75°,
19) umgekehrt aber auch, leute wie kinder:
darumb so gee wir zusamn und zechen
und sagen von tanzen und von stechen
und wie man bei der nacht leut sol machen.
fastn. sp. 770,10,
20) leute, die menschen gegenüber der gottheit? der herr ist
richter uber die leute. ps. 7,9; ists euch zu wenig, das jr
die leute beleidiget, jr müszt auch meinen gott beleidigen?
Jes. 71,13; das sie angenem waren fur gott und den leuten.
Tob. 14,17;
und wan jhr englische gestalt
die götter und die leut versehret. WECKHERLIN 347.
21) leute, menschen, gegenüber den thieren? schlugen mit der
scherfe des schwerts die in der stad, beide leute und vieh.
richt. 20,48; das niemand drinnen wonen wird, sondern beide,
leute und viehe davon fliehen werden. Jer. 50,3; es were viel
leut und viehs verdorben. WurstTIiSsEn Basler chron. 381;
von liuten noch von tieren
wart nie gestriten herter kampf. Purz. 211, 18.
22) leute, nicht nur von menschen, vergl. honigleute bienen
theil 42, 1790; mit diesen wundervollen geistern, mit feen und
dergleichen leuten. W. Haurr 2, 134.
23) mundarten haben sich zum plur. leute eınen sıng. leut in
der bedeutung einzelner mensch gebildet: bair. e mannets leut,
eg weibets leut, mannsperson, weibsperson, um Würzburg das leut
zunächst eine person weibliches geschlechts Schm. 1,1538 Fromm. ;
östr. das leut einzelne person, namentlich eine gemeine weibs-
person , leutl alte weibsperson: Fromm. 3,193, 129; kärntn. leut!
person, e guets leutl LExeEr 179; im Hohenlohischen leut, neutr.,
person , namentlich weibliche Fromm. 3, 537, 7; fränk.-henneberg
'üt neutr. person 6,422, 33; im südlichen Westfalen 1üd neutr.
mädchen , in verächtlicher rede 2,96, 42; im fürstenthum Lippe
luit, im Ravensbergschen 1üt, n. der gewöhnlichste ausdruck für
mädchen, dat esz en wacker (kübsches) luit 6, 354;
Künigundt sie genennet ist,
ihr vatter heiszt pfalzgraf Sigfridt.
ihrs gleich ist balt zu finden nit,
ein überausz schön gottsfürchtigs leut.
; J. AYRER 132° (663, 12 Keller).
LEUTEBESCHMEISZER, m.: weil ich durch böse lente-
beschmeiszer sehr ins armuth gebracht worden bin. Felsenb,
2, 432.
LEUTEBETRÜGER, m. irrg. der liebe 343. leutbetrieger,
versipellis, hypocrita , inficiator, falsarius , circumseriplor, Saecu-
larius STIELER 2327.
LEUTEBETRUÜGERIN, /.- sie ist eine leutebetrügerin, eine
;eelenmörderin, deine frau. PEesraLozzı Lienh, u. Gerlr, 3, 162.
LEUTENANT, m. aus dem franz. lieutenant (LıtTRE 2, 306)
seit dem 15. jahrh. im sinne einer militärischen statthalterwürd«
übernommen , schnell verbreitet und daher mehrfach umgedeutet.
der erste theil erinnert an leute == kriegsvolk (oben sp. 840) und
in alemannischen quellen erscheint daher dieser mundart anbe-
quemtes lütenant, lietenant: lütenant, statthalter, legatus, vicarius
MaAALER 275° (neben hochdeutschem leütenant, statthalter, vicarius
269°) ; Jütinant quelle des 16. jahrh. bei TOBLER 307;
so müsen wir auch ietz da neben
hauptman, fendrich, lietenant,
vrafasz und weihel hon zür hant.
MUuRNER lulh. narr 2113;
und weiter umgestaltetes lütiner: disem houptman und sinem
lütiner oder stathalter. kriegsordn. der schwäb, städie von 1532
bei ScHmıD schwdb. wörterb. 364; oder ähnliche formen: houptlut,
luttener, weibel und fenrich. Basler chron. 1,116;27; wart
houptman Jacob Götz, der salzher, und fenrich meister Hansz
Luxenhoffer, ludenner her Symon Albrecht. 119,3; houptman
.. fenrich.. ludner. 131, 12; houptman . . lutaner . . fenrich
147,27; anderswo leutinger: alsdann sollen sie dem leuttinger
in des zeugmeisters beiwesen angeloben einer nach dem an-
dern. FRONSPERGER krieasb. 2. 45°: der zweite theıl aber ıst oft
LEUTENANTIN — LEUTESEL 848
ın das deutsche amt ungelehnt worden: in Appenzell lütenamt
TosLErR 307°; auch in Düringen und Meiszen beim volke leutenamt :
obersten, hauptleut, fenderich,
auch rittmeister und leutenampt (: allesampt).
mückenkr. 1,773;
dieser ein obrister-leutenamt war.
ÖPEL u. CoOHN 420, 119,
lie ım 16. und 17. jahrh. gewöhnliche form leutenant: vicarius
jeutenant Dıer. 617° (16. jahrh.); ob sich gleich höhere als
hauptleute bei mir anmeldeten, die stelle seines leutenants
zu vertretten. Simpl. 3,35 Kurz; in welchem treffen mein aus-
zerissener mann, der leutenant, gefangen . . worden. 43; einen
'eutenant von den Hessen. 248; wann ihr schon ein obrist
eutenant weret. ScHUPPIUS 248; als seinen fürfechter oder
zapitain leutenant. 790; der vor diesem im kriege leutenant
zewesen. Cur. Weise erzn. 142 Braune, fängt im letzteren der
jelehrten schreibung an zu weichen, die bei uns völlig eingebürgert
st, obwol die aussprache auch heute noch ganz der umdeutschung
les 16. jahrh. folgt: ein obrist lieutenant. ScHUPPIUS 249;
BöckKLERS kriegsschule (1668) schreibt schon stets so. niederländisch
‚utenant .%& lieutenant Kıi1ANn.
LEUTENANTIN, /. frau emmes leutenants: Courage schreitet
zur dritten ehe und wird aus einer hauptmännin eine leute-
1antin. Simpl. 3,36 Kurz.
LEUTEPLAGER, m.
was war das nicht für ein placken und schinden
bei Gustav, dem Schweden, dem leuteplager!
SCHILLER Wullenst. lager, 6. auflt.
LEUTESCHEU, LEUTSCHEU, adj. scheu vor leuten: leut-
scheu, soliturius , morosus, misanthropus STIELER 1764; Jeute-
scheu, homines fugiens STEINBACH 2,399; warumb die mönch
veltflüchtig, liecht und leutschew sind. Garg. 245°; es war zu
ıthen ein mann Timon genannt, mit dem zunamen Misan-
hropos, das ist leutschew uder menschenhasser. anm. weiszh.
'ustg. 184; dasz sie noch viel strenger und leutscheuer war
als ich erzehlet. Pierot 1,447; sie müssen mich für sehr leute-
scheu und sich für sehr gefährlich ansehen, wenn sie glauben,
dasz ich deswegen forteile, um nicht allein mit ihnen zu
;prechen. GELLERT 3,297; dem leutescheuen freigeiste, der an
len häusern hinschleicht. LEssING 10, 192; leutescheu, zurück-
1altend. FıcHTE leben 1,164; ein ehrliches unschuldiges mäd-
;hen ist zwar nicht leutescheu, aber doch immer behutsam
zegen mannspersonen. SALZMANN Conrad Kiefer 214.
LEUTESCHEU, f. scheu vor leuten: er hat eine grosze leute-
scheu.
LEUTESCHEUER, LEUTSCHEUER, m. der die leute scheut,
nenschenfeind : wie hat man sie gesehen lachen und seint
Jieselben niemantz freund, sie seint leutschüher. KEISERSBERG
iarrensch, 138°.
LEUTESCHEUIG, LEUTSCHEUIG, adj. dieser leutschewige
Timon und menschenfeind. anm. weiszh. lusty. 185; lassen das
euthschewig leben... fahren. Phil. Lugd. 5, 281; ein einfältiges,
‚eutscheuiges . . weib. ABELE unordn. 2, 334.
LEUTESCHINDER, LEUTSCHINDER, m. der die leute
ichindet, ‘das fell über die ohren zieht’, namentlich durch un-
yillige zins- oder steuerentnahme: und es eitel wueherer und
eutschinder regnet. MaTHEs. Sar. 3°; welche einen eigenen
nosen, leutschinder, plager oder einmahner darauf halten,
welcher die leute stöcket, pflöcket, pfendet, und vorm ge-
richt umher zeucht. Syrach 2,25"; solche leuteschinder, die
jen leuten mark und blut aussaugen. 80°; dann wird Salomo
vielleicht geschickt haben zu dem rentmeister Adoram, welchen
ıls einen rechten leuteschinder die israelitische gemeine mit
steinen endlich zu tode warf. ScHuPPıUuSs 125; was für zeug
wird von ihnen in der stadt gesprochen! ein alter betrieger,
in leuteschinder, ein blutigel, — das sind noch ihre besten
>hrentitel. LEssınG 1,470; wer ist denn dein herr? fragte
ler bauer. ‘ein schinder, aber ein fürnehmer. meinst du,
ar schindet gemeines vieh, pferde, hunde und dergleichen?
nein, ein leuteschinder ist er. W.Haurr 10, 157.
LEUTESCHLÄCHTER, m.:
0 tod, du grimmer menschenfrasz,
du streckebein, du leuteschlächter.
CHR, WaIlsE erzn, 156 Braune.
LEUTESEL, m. uls schimpfwort eines dummen menschen :
dan gen fur dich zwen oder drei,
so spricht der ein: sich der stat far,
der ander: iha yeder mansz nar,
der lewtesel heist vn der drit. fastn. sp. 1274.