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LEX — LIBEREI
LEX, verstümmelung von lat. lectio sp. 488. nahe zu ihr steht
Fıscnarts lectz: die lectz aufsagen. Garg. 68°: und niederd,
lekse, eine lection , was den kindern aufgegeben wird zu lernen
oder zu schreiben, enem ene lekse vorschriven, einem eine seite
vorschreiben. brem. wb. 3,51; in andern niederdeutschen mund-
arten ist das geschlecht verändert: hamburg. ]ex RıcHEY 152;
holstein. lex, aufgegebenes pensum, aufyabe zum lernen, he weet
sin lex, er weisz das vorgegebene. SCHÜTZE 3,29; in der Altmark
lecks, lection, das den kindern zum memoriren au/fgegebene pensum ;
kannst din lecks all? auch tadel, scheltworte, h& hat sin lecks
weg. Danneın 125°; hernach sollte er ja wohl nach Berlin
und sich ausweisen, ob er seinen lex gelernt hätte (d.h. er
sollte ein examen machen, ein diener spricht von seinem herrn).
SPIELHAGEN in der gartenlaube 1872, 498.
LI, interjection zur bezeichnung eines sanften iones: lituus,
buccina incurva exili sono (@ quo et nomen habet) ein zink;
denn so lautet er: li tü tü. CorRviınus (1660) 1,369.
LIBBERHAFT, adj. nicht fest, ohne kern, daher vom geschmack
fud; sein (des brodes) geschmack ist zwar Süsz, aber ein wenig
libherhaft. Bode Montaigne 2,108 (le goust en est doux et un
pew fade). vergl. niederd. libber, libberig, libberhaftig, was
klebrig und deswegen widerlich zu genieszen ist, klebrig süsz.
hrem. wb. 3,29.
LIBBERN , verb. gerinnen, zu einer schwammigen masse zu-
sammenlaufen (elymologische bezüge zu lab und leber vergl.
sp. 3.460); akd. liberön, mhd. liberen und libberen:
daz iz (das blut) üz den wundin dranc
bi stuckin, want iz itzunt was
gelibbrit. JEROSCHIN 17561;
die kürze des stammvocals ist im östlichen Norddeutschland noch
vielfach gewahrt; miütteldeutsch ist Yiefern, s.d. vyl. auch belie-
beru Lheil 1,1449,
LIBELLE, f. das insect libellula. NeEMnNICcH 3,389; blauge
flügelte libellen flogen auf und ab. ScherFeL Elkeh, Ss. 205;
da fÖlattert um die quelle
die wechselnde libeile,
der wasserpapillon,
bald dunkel und bald helle,
wie ein cameleon. - der junge GÖTHE 1,103;
Nattre, Nattr um deine quelle,
kleine, farbige libelle. HERDER 2. litt. 3,42;
hörst du dort unten, wie das bächlein rauscht,
wie bläuliche libellen es umsummen? H., Hgıne 16, 87.
LIBEREI, f. büchersammlung, aus dem lat. libraria, liberaria
übernommen; die gelehrtere und sorgfältigere form ist librarei:
jibrarey, l#ibraria, bibliotheca, huchkamer. voc. inc. theut. m4';
Ptolemeus Philadelphus war sonderlich ein feiner könig, der...
eine schöne librarey aus aller welt versamlet. LurHER vorredi
über den proph. Daniel (Bınvsem bibel 7,371); aber das sprach-
bequemere liberei überwiegt bei weitem : libraria liberie DEF. 327°;
librarium lKbery, lieberey 327°; biblioteca liberye, libri 73*; librye
nov. gloss. 52°; die liberey, ein ort da man bücher hehaltet,
bibliotheca , librariu, die liberey mit hücheren wol versähen,
vil bücher darein kaufen, supplere bibliotlhecam, in der liherey
sitzen, assidere in bibliotheca MAALER 270°; bücherei, bibliotheca,
alias liberey StIıELER 256; Ptolemeus Philadelphus, . . welcher
inn ein liberey zu Alexandria fünf und vierzig tausendt bücher
zusammengestellt hat. KEiseERSBERG narrensch, 2°; wie Rhenanus
ein ganzen psalter teutsch in Gallia in einer liberey gefunden
hat. Frank Germ. chron. (1538) 295°; ein feine liberey, darinnen
alte namhafte grosze bücher. AnDr. REICHARD beschr. des klosters
Hirschau v. 1610 bet LESSING 9,248; der gelehrte Griech Char-
mides sagte einem auswendig, was einer aus den büchern
wissen wolte, die in der ganzen liberey lagen. Simpl. 1,139 Kurz;
das kartenspil und quatter drey
ist der gelerten librey,
da sy studieren ynn. Hätzlerin 1,28, 169;
lieberey, gehab dich wol.
Plato, du bist ein betrieger,
ıch weisz, was ich wissen soll.
ich will in das grüne gehen. FLEMING 442;
ausdrücklich auf das gebäude bezogen: Ptolomeus Philadelphus
‚.bawet schöne schulen, und libereyen. MarTHEs. Sar. 120°.
nach dem 17, jahrh. auszer gebrauch gekommen.
LIBEREI, f. bedientenkleidung mit abzeichen; das franz. livree,
ital. livrea, span. librea, nach mittellat. liberata, liberatio, was der
herr dem bedienten liefert, vgl. Dıez etym. wörterb. 1,252. das
wort ist seit dem 15. jahrh. häufig, es meint zunächst ein ab-
zeichen an der kleidung, welches die zugehörigkeit zu einem fürst-
lichen oder herschaftlichen hause darthun soll, welches aber ein
fürst oder herr auch selbst trägt: herzog Jörg heit einen kost-
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ichen zerhauten, engen, kurzen rock der bemelten seiner
rarib an, darauf sein liebrey von perlin und edelin gestain
zestickt was. Scham. 1,1413 Fromm.; welches er ferner solchen
euten verleiht, die er seines schulzes oder seiner gesellschaft
würdigt: es soll auch kein burger dieser statt einicherlei
zesellschaft oder liberey weder von fürsten, herren oder an-
lern erwerben. Nürnberger pol.-ordn. 108; und welches er seine
sausdiener tragen läszt: desselben tägs kam einer von Fridperg
‚u dem rotten tor, der trueg herzog Hansen von Münichen
ibrei und hbüchs, und sprach, er wer herzog Hansen pot.
1. städtechron. 5, 271, 271; ein nachklang dieser bedeutung ist,
venn liberei im Schwarzwalde für einen hutschmuck (blume oder
and) gilt:
(ich hätte bald) der viel ehr- und tugendsamen jung-
. frauen vergessen,
die uns diesen kranz haben formirt,
und mit schöner lieberei geziert;
ich dank für alle diese liebereien gut,
die werden uns hübsch stehen aufm hut.
zimmerspruch bei AUERBACH dor/gesch.
1 (1843) s. 326,
liberei meint ferner die farbe, die ein herr als abzeichen für die
kleidung seiner hausdienerschaft wählt: Yiverey, insignium prin-
#palium , ducalium , regiorum etc. color in vestilu. prompl. von
1618 bei ScHm. 1,1414; lieberey, color wvestis, er giebt rothe
liberey, vestimenta rubra pro servis habel, STEINBACH 1,1052;
und endlich diese kleidung selbst: nehmt nur mit dem kleinen
schmucke vorlieb, bisz wir die liberey kriegen. Cur. WEISE
körbelmacher 132; der bediente, . gosz richtig das halhe glas
über die liberei hinab. HeseEL 3,27;
ist aber jemand reich, nach dem wird alles fragen.
Ja, hätt er in Paris gleich lieberey getragen,
und wüste selber nicht, wie recht sein name sei,
ein schmeichler steht ihm bald mit hundert ahnen. bei.
Canız 143
(nach Bowgaus: et Velt on vü porter la mandille &a Paris;
la mandille war eine besondere lakaienkleidung) ;
die schönsten rosse, libereien, falken,
und was nur selten herrlich ist zu nennen,
das nennt er sein, TıiEcK 3,218;
häufig in bildlichem gebrauche, wobei an die bedeutung von liberei
ıls farbe der dienerkleidung angeknüpft ist: dieser (Tabernae-
montanus) nennet die krankheiten des tods furirer, und die
zgrawe haar, sein paner und liberey (oder hoffarbe). ZINKGREF
zıpophthegm. 1,274; (die hyacinthe) ist gleichsam ein anderer
Vertumnus, in so vielerley gestalten und farben und libereyen
‚erwandelt sie sich. HOHBERG 1,656";
(die kipper und wipper) kleiden sich
all in einer lieberei
bei ihr groszen dieberei,
abr nach ihrn stande nicht. ÖpPEL u. COoHN 424,5;
4a musz das angesicht in solche liberey (in blässe).
HOFFMANNSWALDAU {n d. auserles. yed. 6,29 ;
fort, lasz dir beim Vulcan die siegs-trompete bessern,
und ihre lieberey in frischen purpur wässern. GÜNTHER 507,
lie liberei der trompetle ist hier das an derselben hängende bunte
wappentuch, welches blutig werden soll;
ach, wohlgestalltes kind! dein hals-tuch tröstet mich,
weil es die lieberey der grünen hoffnung träget. 562;
nachdem betrachtet ich (an den violen), zu meiner lehre,
der hellen farben glanz und schein,
und eben hierbei fiel mir ein,
wie alle drei des geizes und der ehre
beliebte lieberey und farben sein.
dem purpur ist der ehrgeiz hold:
der geiz liebt weisz und gelb, als silber, geld und gold.
Brockes 1, 18.
die form liberei ist sel dem vorıgen Jahrhunderte zu gunsten des
franz. livree und des in gehobener sprache noch üblichen livrei
's. d.) erloschen.
LIBEREIEICHHORN, ». sciturus getulus. NEMNICH 4, 1246.
LIBEREIER, m. bibliothekar. ScHm. 1,1413 Fromm,
LICHT, adj. Iucidus.
1) ahd. lioht mit dem adv. liohto; mhd, lieht mit liehte;
ılts. lioht, liaht, ags. le6ht, fries, liacht; im gothischen und
altnordischen fehlt die bildung, doch hat das gothische verbum
(iuhtjan sie zur voraussetzung. das ältere nhd. bis ins 17. jahrh.
schreibt hier, wie bei dem folgenden subst., liecht, welcher schreibung
noch heute diphthongische aussprache im alemannischen dialekte
sowol, wie im bairischen (Schm. 1,1430 Fromm.) entspricht. in
nördlichen quellen aber hat in jener schreibung ie nur den wert
eines längezeichens ; und es fragt sich, ob selbst noch im 16. jh.
das wort durchaus lang gesprochen ward. in niederdeutschen und
ans niederdeutsche anrührenden quellen ist das wort schon früh
Se