1351 LUSTSPIEL — LUSTTAUMELND
LUSTSPIEL, n. 1) allgemein, spiel zum vergnügen? der vor-
ırab.. der in tausend leichten reutern bestand, welche alle
sehr lange gerade empor gehaltene lanzen, und daran oben
rothe und blaue fähnlein führten, mit welchen die anmuthige
luft auch ihr lustspiel hatte. LOHENSTEIN Arm. 1,1162‘; em-
pfanden wir.. an allerhand ehrbaren lustspielen einen hbe-
sondern wohlgefallen. Felsenb. 1,317;
hier lebt man göttern gleich,
man lacht, man lebt, man geht, man tanzt um lind und eich,
fängt tausend lustspiel an, man iszt, man liszt, man küszt.
A, GRYPHIUS 1698 1,665;
man sah dasz beiden des kampfes gefahr
und lanzenbrechen gewohntes lustspiel war.
WIELAND 5, 103 (n. Amadis 15, 30);
auch in edlerm sinne, freude gewährendes spiel, von den lieb-
kosungen beim wiedersehen getrennter :
indessen steht der held, auf seinen sper gelehnt,
dem süszen lustspiel zuzuschauen. 17,79 (Idris 2,15).
2) lustspiel, übersetzung von xwu@dion, comoedia, begegner
schon auf büchertiteln der jahre 1536 und 1537 (WACKERNAGEI
litt. gesch, 1. aufl, s. 445 anm. 18), kommt jedoch langsam und erst
gegen das ende des 17. jahrh. in allgemeinere aufnahme, weil
vorher neben dem fremden comödie, in volksmäsziger form co-
medi, die überseizungen scherzspiel, schimpfspiel, freudenspiel
(ch. 4}, 155) eben so häufig angewendet wurden: A. Graypuius
nennt den schwermenden schäffer ebenso wie die seugamme lust-
spiel, dagegen herr Peter Squenz . schimpfspiel, Horribilicribrifax
scherzspiel; FıLıDOR (Jac. ScHwIEGER) Schreibt zwischen 1665
und 1667 drei lustspiele, aber auch ein singe- und freuden-
spiel, vgl. GÖDEKE grundrisz 1,456; bei STIELER und STEIN-
BACH freudenspiel comoedia neben lustspiel gleicher bedeutung ,
und bei Frıscn 2, 300° ein lustiges spiel, fabula, comödia.
GorrschHED und seine schule haben den ausdruck lustspiel
stehend gemacht, vgl. GÖDEKE a. a. 0. 547 ff,; die betschwester.
ein lustspiel in drei aufzügen. GELLERT 3,145 (zuerst 1745):
es ist meines herrn reisebibliothek. sie besteht aus lust
spielen, die zum weinen, und aus trauerspielen, die zum
lachen bewegen. LEssSING 1,320; dasjenige (spiel)... was seine
anhänger das rührende lustspiel, und seine widersacher das
weinerliche nennen (franz. comedie larmoyante). 4,109; viele..
der sogenannten dramen, mitteldinge zwischen lustspiel und
trauerspiel. ScHILLER 1127°. bildlich: er sah höhere wesen
oben herunterschauen auf das dreistündige weinerliche lust-
spiel unsers lebens, worin das rothe kind des ersten akts
im fünften zum jubelgreis ermattet und dann erwachsen und
zebückt vor dem herablaufenden vorhang verschwindet. J. Pavı
Titan 2, 82,
LUSTSPIELDICHTER, m. dichter von lustspielen.
LUSTSPIELDICHTUNG, f.
LUSTSPRUNG, m. sprung aus lust: kurzweil und lustsprung.
HENISCH 306.
LUSTSTUBE, f. 1) stube in der man zum vergnügen sich
zufhält. dim. luststüblein (einer königin). H.Sacuys 4,2, 8°.
2) in der man der wollust pflegt: vielleicht suchen daher
manche deutsche kriegjünglinge das avancement-alter so gul
sie können in lusthäusern und luststuben aller art, durch
glatzen und schwächen so sehr zu antizipieren und zurück
zu datieren, dasz sie wirklich als greise anzustellen wären,
1. PauL dämmer. 31.
LUSTSUCHT, f., wie lustseuche 1: das sie euserster gail-
hait und lustsucht zaichen an ihnen tragen. FıscnarTt podagr.
trostbüchl. 1577 H8°; zu einer bubenschul aller lustsucht, un-
maszigkeit und unfläterei. ehz. 467.
LUSTTAG, m. (ag der lust, der freude: lusttag, dies hilaris
StIELER 2247; bürgerliche waschtage und adelige lusttage.
3. PauL herbstblum. 3,195;
an jenem tage wehten die winde sanft,
und kündigten der erde den lusttag an,
die blumen blühten, und am abend
träufelte leiser der abendregen,
als dich, o sohn der schöneren grazie,
die multer sanft im arme zuerst umfing.
HerDer z. litt. 12,87.
LUSTTAUMEL, m.: wenn unsere politischen freudenfeste
ıns den staat und das grosze in gemeinen lusttaumel ver-
;enken, J. PauL dämmer. 78.
LUSTTAUMELND, wart. :
0 lieber süszer wonnetraum !
ruft Sixt, und springt von seinem schragen
lusttaumelnd auf. WIELAND 9. 207.
LUSTTRUNKEN — LUSTWEG 1352
LUSTTRUNKEN, part.:
'_ wo ein mann in eines weibes stricken,
als wie ein taumelnder lusttrunkner auerhahn,
sich fangen läszt, und liegt und girrt sie an,
WIELAND 22,304 (Oberon 6,100);
besieget ward er von der sanften luft
Campaniens, von jenen fröhlichen,
lusttrunknen tagen, die ihn bald zerflossen
in ruh und weichheit untersinken sahn.
HERDER Z. litt, 3,202.
LUSTVERSAMMLUNG, f.: lustversammlungen und gesell-
schaften, BurscHky Patm. 436; freundbahre gespräche und
‚ustversammlungen. 442.
LUSTVOLL, adj. voll freude oder vergnügen: keine lust-
vollere, keine jugendlichere zeit. BETTINE fageb. 232.
= LUSTWALD, m. wald zur lust angelegt und unterhalten
‚gegensatz nutzwald): nemus ein lustwalt Aıs. Ee4’; lustwald,
von lusts wägen gezogen, nemus, lucus MAALER 277‘; und (er)
angt auch noch selbigen tages in einem sehr anmuthigen
Iustwalde ,. an. WIELAND 5. suppl.-band s. 124;
uns brennt der sonne gluth auf unbepflanzten heiden,
die uns zur anmuth strahlt, wenn sie ein lustwald kühlt.
HAGEDORN 1,83;
komm! jener lustwald ruft dir zu:
o mägdchen! was du thun willst, thu! LeEssıne 1,83.
LUSTWÄLDCHEN, n.: mancherlei lustwäldchen, eine
zahme und wilde fasanerie und die reste mancher ähnlichen
anstalten zeigten, wie angenehm diese kleine residenz ehe-
nals müsse gewesen sein. GÖrHE 25, 319.
LUSTWANDEL, m. 1) wandel in fleischeslust, ausschwei-
fungen: die kränkungen, denen sich ein ehemann durch
seinen lustwandel aussetzt, HıprpeL 5, 115.
2) spaziergang: spaziren gähen, lustwandeln, einen Ilust-
wandel oder lustwal tuhn. ZEsEn adriat. Rosemund 367; lust-
vandel inambulatio STIELER 2502.
LUSTWANDELN, verb. spazieren gehen; ein von ZESEN ge-
»ildetes wort, vergl. lustwandel 2 vorher; gaben si fohr, dasz
3 aus Ilustwandeln fahren würden. adr. Rosem. 284; das im
17. jahrh. in aufnahme kommt: vor etlichen tagen spazierte
'potz! lustwandelte solt ich auf neu teutsch gesagt haben) ich
nit einem solchen (bauer) in seinem krautgarten herumber.
yimpl. 4, 377 Kurz; lustwandeln, i.e. spaziren gehen, spatiari,
leambulare, obambulare STIELER 2501; mit ihm und seiner ge-
mahlin lustwandeln. Felsenb. 4,434; an Agathons seite lust-
wandelnd. WıELAND 1,274; wir..zogen mit, wenn man lust-
vandelte. GöTHE 25,141; in diesem aufzuge stellte sie die ver-
;chollene freiin von Schnurrenburg-Mixpickel aus den bädern
von Nizza dar. - so costumirt war sie dort mit Rucciopuccio
zelustwandelt. ImmerRmAnn Münchh. 3,146;
werd ich lustwandeln frei .
unter blüten und blumen im mai. PLıATtEN 9;
justwandeln gehen, sich lustwandelnd ergehen:
und weil ein silbergewölk den strengen sonnenschein
zu dämpfen begann, entschlieszt sie sich, im hain-
lustwandeln zu gehn. WIELAND 4, 177 (n. Amadis 9,19) ;
hab ichs euch doch schon erzählet,
wie in einer sommernacht
ich dort in dem nahen walde
mich lustwandelnd einst erging.
GRILLPARZER ahnfrau, 1. act;
»s heiszt zu lustwandeln und lustzuwandeln: gelegenheit im
'reien zu verkehren und zu lustwandeln. GöTHE 21,69:
und wer frauenlob gepriesen
der verdient an ewigen orten
lustzuwandeln wohl mit diesen. 5,256;
ustwandeln bildlich? die schönen bunten wiesen in den grün-
len des deutschen parnasses, wo ich so gern lustwandelte.
5, 63; ein leser der in ihr (der einleitung) als in einer ordent-
ichen deutschen vorrede lustwandeln will. J. Pauı grönl, proc.
‚vın; er übernahm die leitung der wechselreden und ein
(leines gespräch lustwandelte über die berge und wälder des
heimathlandes. Freytag handschr. 2,123.
LUSTWANDLER, m.-: lustfuhren und lustwandler begeg-
neten uns fleiszig, letztere öfters mit sonnenschirmen. GörTHE
‘3,249;
so in der mainacht oft um die silberne scheibe des mondes
schwebt ein dünnes gewölk, den äuszern rand nur enthüllend,
wann im nachtigallhain lustwandeler stehn und emporschaun.
Voss Luise 3, 1,234,
LUSTWANDLUNG, f. deambulatio. STIELER 2501.
LUSTWEG, m.: spatzir- sive lustweg, ambulatio, via amoena,
mollis, placida StTIELER 2455; wenn wir ihre kleinen lustwege
n landstraezen verwandelten. LessınG €. 878.