Full text: L. M. (6. Band)

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MÄNNLICH 
männliche stimme, vox wvirilis. STEINBACH 2,24; ein männ- 
liches gemüthe, animus masculus. ebenda; die schlange fing 
an: kennst du die schlange nicht, Eva? ich will deine 
töchter verführen... und hier spiegelten die vipernaugen 
männliche gestalten nach, die bunten ringe eheringe und 
die gelben schuppen goldstücke. J. Paus Qu. Fixl. 34; dann 
kriech ich in eine männliche kehle. ebenda; das wissens- 
würdigste aus‘, . Luthers schuljahren, universitätenleben und 
männlichen jahren. 153; 
dir gab mutter natur aus der vergeudenden 
urne männlichen schmuck, einfalt und würde dir! 
STOLBERG 1,5; 
dann wer wirt nit gleich wie ein wild meerwunder hassen 
und für ein greuel achten ein kind einer mänlichen weis- 
heit (ein kind das einen verstand wie ein mann hat). S. FRANK 
mor. encom. 9‘; die fähigkeiten der denkenden natur (des 
menschen) erlangen erst dann ein gesetztes und männliches 
vermögen. Kant 8,367; 
die nerven und die stärke 
des männlichen gemüths sind nicht des zufalls werke. 
+ HAGEDORN 1,14; 
ernst, mit männlicher kraft, theilst du die Kostnitzer Nuthen. 
STOLBERG 1,208: 
‚n bezug auf das geschlechtsleben : 
ein man,.der do leit bei weiben 
und wil sein menlichs werk treiben. fastn. sp. 744,8; 
Gallus meidet grobe laster; eines hat er doch erkiest, 
dasz man ihm nicht kan erleiden, dasz er gar zu männlich ist 
LoGcAu 3,42,14; 
leicht in die bedeutung des vollreifen in bezug auf form und 
ausdruck übergreifend : 
ein jüngling zeigte sich, der an gestalt und tracht, 
an stolzem wuchs und männlich starken sehnen 
dem halbgott glich... WIELAND 17,34 (Idris 1,42); 
ein bräunlich männliches gesichte, 
nicht allzu klein, nicht allzu grosz, 
das sich im dichten barte schlosz. LeEssIne 1,115; 
in ‚einem bilde: die eichen sind noch nicht in ihrer männ- 
lichen stärke, wenn die linden alt werden und verdorren. 
KanT 9,3; die fruchtbarkeit .. war frisch, in der blüthe 
ihrer kräfte, oder, wenn ich mich so ausdrücken darf, in 
ihrem männlichen alter. 8. 
3) männlich, einem manne zugesellt, ihm eigen: aber etwas 
davon war nicht eitelkeit, sondern der männliche plagegeist 
der ordnung und rechthaberei wollte nicht aus ihm fahren, 
er war im stande, die kleidergeiszel, womit der bediente 
wenige stäubehen im staatrocke sitzen lassen, gegen die 
livree selber in schwung zu setzen. J. PauL Tif. 3,86. 
4) männlich, nach mann 3 sp. 1562, mit bezug auf seine 
tapferkeit und seine heldenkraft. 
a) in der älteren sprache ganz wie das unumgelautete mann- 
lich 1, heldenhaft, tapfer : 
der brüder her die heidenschaft 
bestünt mit menlicher craft 
und brächten in strites genüc, livl. chron. 6042; 
mänlicher man, sprach Loher, wie bistu als (also) gedürstig, 
solche antwurt zu geben. Aimon bog. b1; das seindt.. gal 
mänliche ritter. ebenda; so lassent uns nit reiten als faul 
und erlegne menschen, sonder als mänliche ritter. m 6° 
kecklich und menlich, als ein helt und rise. LUTHER 3,522”, 
(einen tod) welchen wir noch teglich on unterlas von den 
tyrannen und rotten, ja auch wol von unserm eigen gewissen 
und dem teufel leiden müssen, dis ist das rechte sterben, 
das ander leiblich sterben, das man auf dem bette dahin 
feret, ist nur ein kindersterben und ein vihesterben, jenes 
aber ist der rechte menliche tod, der noch fur unsern augen 
stehet, das wir ehe noch einen hals (so es müglich were) 
hingeben wolten, ehe wir den man, der Jhesus Christus 
heiszt, verleugnen wolten, das mag ein menlicher und rechter 
tod heiszen. 5, 500°; wachet, stehet im glauben, seid menlich, 
und seid stark. 1 Cor. 16,13 (drdorleode, xo0atAaL0DOT'E, goth. 
vairaleikö taujaip, gabvastidai sijaip); da durch ward sie so 
mutig, das sie einen son nach dem andern auf jre sprach 
tröstet, und fasset ein menlich herz. 2 Macc. 7,21; liefen men- 
lich mit einem sturm an die maur. 10, 35; sie wolten... 
stracks an die feinde ziehen, und sie menlich angreifen. 
15, 17; als derer erstern sturm man zwar für mehr als männ- 
lich, ihren verfolg des kampfes aber schlechter als weibisch 
hielt. LoHEnstEIN Arm. 1,47‘; ein männlicher sinn, mens 
animo0sa@ STEINBACH 2, 24: 
MÄNNLICH 1600 
unfall ists, der auf uns wacht, 
und die männer männlich macht, FLıEMinG 490; 
du magst nur deinen ruhm in deine härte seizen, 
und nach der grausamkeit dein männlich wesen schätzen. 
; J. E. SCHLEGEL 1,369; 
bei festen, und wo sonst das volk versammlet sieht, 
ists werth, dasz unser preis (lob) ihr männlich hören S7RÖRE 3 
40-4. 
b) seit dem 18. jahrh. in erweiterter bedeutung, insofern männ- 
lich nicht blosz das tapfere, sondern das feste, geschlossene, be- 
harrende des mannes in jeder beziehung hervorheben will, für 
welchen bedeutungswandel jedenfalls schon die zuletzt gegebenen 
)eispiele den übergang bilden; in diesem sinne heiszt es ein 
nännlicher mann: 
nur in dem höchsten 
weichet dem weiblichsten weib immer der männlichste mann. 
SCHILLER dus weibl, ideul; 
und ebenso wird das innere des mannes und seine handlungen 
jezeichnet: dieser männliche muth, der ihn auf den wipfel 
aundertjähriger eichen treibet. ScHILLER rduber 1,1; seine 
nännlich-schöne seele, J. PauL Siebenk. 3,77; 
sei stark, gebieterin, stähle dein herz! 
mit fassung ertrage, was dich erwartet, 
mit männlicher seele den tödtlichen schmerz (chor zu Isabelln). 
SCHILLER bruut von Mess. v. 2264; 
Rudenz. doch wie mich retten, wie die schlinge lösen, 
die ich mir thöricht selbst ums haupt gelegt? 
Bertha. zerreisze sie mit männlichem entschlusz! Tell 3,2; 
sehnsucht nach den antiken errege der weiche Canova; 
doch dein männlicher ernst triflt, o Donato, das herz. 
PLATEN 141; 
Conz hat den Klopstock studirt, und hat einen kühnern 
nännlichern ton. ScHILLER hist,-krit. ausg. 2, 378; 
er dient in der Schulzischen kammerkapelle, 
Bendas männlichem ton geneigt, abhold dem geschnirkel. 
Voss Luise 3,2, 74; 
geliebte! nicht erretten konnt ich dich, 
so will ich dir ein männlich beispiel geben, 
SCHILLER Maria Stuart 4,4; 
jetzt wahret, männer, eure würde! . 
steht auf zu männlichem entscheid, UHLAND ged, 98; 
licht alle .. würden diese erste probe so männlich bestanden 
haben. ScCHILLER hist.-krit, ausg. 4, 261; 
kommt zu euch, Tell, steht auf, ihr habt euch männlich 
gelöst, und frei könnt ihr nach hause gehn. Tell 3,3; 
von körpertheilen (mit anklang an nr. 2), wenn sie die festigkeit 
und thatkraft des mannes beherbergen oder ausdrücken: tretet 
her um mich ein jeder, und schwöret mir treu und gehor- 
jam zu bis in den tod! schwört mir das bei dieser männ- 
lichen rechte! ScHiLLER räuber 1,2; das ist der ton eines 
manns! rache geziemt einer männlichen hbrust. 2,1; 
die freunde stehn um ihn; ihr männlich auge weint 
um einen lehrer, einen freund, Uz 1,229; 
von künstlerischen oder geistigen leistungen, die eben solche dar- 
'hun? eine männliche beredsamkeit; ein männlicher stil, eine 
männliche handschrift; ein männlicher pinsel, beim maler, 
ist ein gewisser kecker-kräftiger und farbenvoller pinsel. JAcors- 
ON 3, 15° . 
5) männlich, im lehnwesen (mann IT, 7, sp. 1566): männliches 
zeschlecht ist genus ministeriale; das letztere kann man 
nicht wohl anders übersetzen, und daher sind viele frauen- 
zimmer in Deutschland männlichen geschlechts, Möser vatr. 
phant. 1,325, 
6) männlich, in unsinnlichem gebrauche: in der pflanzenlehre 
st eine männliche blüte eine solche, die blosz staubgefäsze 
rägt; mas planta, eine männliche pflanze, eine pflanze, 
welche blos männliche blumen trägt, masculus flos, eine 
nännliche blume, eine blume mit männlichen zeugungs- 
yrganen, NEMNICH 3,515; männlicher saphier, ein dunkelblauer 
‚aphier, der im orient gefunden wird. JAcoBsson 3,512"; in der 
grammatik das männliche geschlecht, dem lat. genus masculi- 
zum nachgebildet; in der verslehre männlicher reim, männlicher 
‚ers, mit stumpfem schlusz, nach dem franz. rime masculine, 
vers masculin (LITTRE 2, 464°): also verbannen und ermannen 
sind. . zofen, oder weibliche reime, wegen der kurzen end- 
:ylbe en; bann und mann hingegen sind männliche, weil 
hnen diesz angehänge fehlt. GorrEr 3,341; man musz die 
amben sich so aus einem in den andern und dritten vers 
‚ortwälzen lassen, dasz die declamation das ohr mit einer 
wohl gefallenden poetischen periode fülle, deren länge oder 
xürze, männlicher oder weiblicher ausgang den ton des 
zanzen schon ziemlich abändern. BÜRGER 140°. vol. mannreim.
	        
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