Full text: L. M. (6. Band)

1621 MÄRCHENHAFTIGKEIT — MARDER 
der zauberwelt des mörchens: jene die uns mit rohem muth- 
willen anzufechten ein vergnügen fanden, und uns freilich 
oft sehr unsanft aus jenen mährchenhaften, selbstgefälligen 
träumen aufweckten, in die wir uns, ich erfindend und meine 
gespielen theilnehmend, nur allzugern verloren. 24,101; ich 
bewog ihn alsdann zu einer offenen erzählung der kurz vor- 
her bestandenen hofverhältnisse, welche ganz mährchenhaft 
zu sein schienen. 25, 146; und so ist überrhein gerade ein 
solches ehepar, wie du es, nur übertrieben und mährchen- 
haft, schilderst. 26,6; so gibt man im dunkeln alles übrige 
wunderbare zu, man läszt ihn sein mährchenhaftes wesen 
treiben. 31, 231; der mährchenhafte thurm, auf unverwüst- 
lichem quarzstein gebaut, blieb uns zur linken. 43, 289; 
da fährt ein schifflein, märchenhaft 
vom abendroth beglänzet. H. HEIneE 18,46; 
ich auch (spricht der Rhein) komm aus mährchenhafter 
heimath, fremde alpengeister 
stehn an eiscrystallner wieg mir. 
ScHEFFEL irompeler Ss. 74 (4. stück). 
MÄRCHENHAFTIGKEIT, f.: es war jetzt nicht mehr die 
zaubermacht der ersten überraschung, die märchenhaftigkeit 
ler wildfremden erscheinung. H. HEıne 2, 77. 
MÄRCHENLAND, n. land in welchem die märchen sich ab- 
entelen ? 
aventure, sendest mir 
deinen greifen, breit von schwinge, 
dasz im traum das fabelthier 
mich nach mährchenländern bringe? 
N FREILIGRATH dicht. 1,134. 
MÄRCHENPALAST, m.: 
wie ein mährchenpalast der 
sultanin Scheherezade, . . 
steht die mohrenburg Alhambra. ebenda 1,132. 
MÄRCHENREICH, n.- 
einmal athmen möcht ich wieder 
in dem goldnen mährchenreich. UHLAND ged, 77. 
MÄRCHENSCHERZ, m. : 
freut es dich, so kann es wohl geschehen, 
dasz man deinen mährchenscherz vollende. 
GöTHE 1,219, 
MÄRCHENTON, m. ton, wie er in märchen herscht: der 
heitere märchenton des ersten theils (der Odyssee), FREYTAG 
handschr. 1,349, 
MÄRCHENTRAUM, m. traum wie im märchen oder der ein 
märchen bildet + . 
wäldesruhe, waldeslust, 
bunte märchenträume, 
o, wie labt ihr meine brust, 
lockt ihr meine reime! FREILIGRATH dicht, 1,112, 
MÄRCHENZEIT, f.: 
in alter verschollener märchenzeit 
verstiesz ein könig sein töchterlein. ebenda 1,60. 
MARCHZAHL, s. markzahl. 
MARDER, m. mustela martes. das wort lebt bis heute in 
zwei formen: einer kürzeren mard, heute der schriftsprache ent- 
fremdet, aber in mitteldeutschen mundarten noch lebend: das 
märd, märt marder. ALBRECHT 166° als leipzigisch und düringisch, 
die alt und weit verbreitet ist: ags. meard, altnord. mörd-r. 
dat. merdi, engl. marten, niederd. marte, schwed. märd, dän 
maar, auch im ältern hochd. mart, marte Dıer, 349°; marte, 
is alzo ein ratte, £. grillus. nov. gloss. 247°; mart, marthe 
ebenda : 
dar quam der zobel und der mart. 
Reinhart fuchs 1336; 
Braunrock der wiesel, falk und mart, 
alles was ist derselben arth, 
Fressen uns frösch in hungersnoth. 
froschmäus. G8* (1,1,6); 
und einer erweiterten, ahd. marder (Grarr 2, 858), mardun 
(Haupts zeitschr. 16,73), mhd. nhd. marder, mit leicht abweichen- 
den, jetzt von der schriftsprache ganz zurückgewiesenen neben- 
formen, wie mardel (DıEr. 349°), oder, mit verlust des inneren 
r, mader (ebenda, nov. gloss. 246°); mader, vulg. marder v0c. 
inc. theut. n 3°; ain ander tier, daz ze däutsch mader haizt. 
MEGENBERG 158, 1; ir sein der oter und der mader, der in 
gefressen hat. PaurLı schimpf 3; weitere belege unten nr. 2; 
oder endlich marter: marder und marter martes STIELER 1244; 
mit dem marter und der wiesel hat er (der iltis) einerlei natur. 
Brockzs 9, 277. 
von der form mard scheint das erst in der silbernen lafinität 
und selten bezeugte lat. martes wahrscheinlicher entlehnt, als dasz 
letzterer ienem urverwandt sei. es setzt sich im franz. marte. 
MARDER — MARDERFUTTER 1622 
rov. markt, span. portug. maria fort, während die erweiterte 
leutsche form mittellateinisches mardarius, mardurius, mardalus, 
mardellus u. ähnl. (Dıer. 349°), ital. martora, franz. martre ge- 
;eugt hat. ob die eigentliche bedeutung des wortes der beiszer 
st und urverwandtschaft mit lat. mordere vorliegt, kann sicher 
zicht entschieden werden; merkwürdig klingt ein hessisches das 
närt, das gebisz, die zähne in ihrer gesamlheit (VILMAR 263) an. 
ıls geschlecht von marder gilt immer das männliche, nur STIELER 
giebt auch weiblich die marder, ohne dasz sein zeugnis sonst 
gestützt würde. 
marder meint 
1) das säugethier martes in seinen verschiedenen arten (vgl. 
yaummarder, edelmarder, hausmarder, steinmarder u. a.) :' der 
marder ... möcht von den Teütschen genannt werden marder 
von dem mörden, dieweil er alles erwürgt und ermördt. 
FoRrRER fhierb. 151°; da werden unternander laufen marder 
and geire. Jes. 34, 14; einen marder im eisen fangen, martem 
ferro capere STEINBACH 2,28; seine tauben (sagt der wirt zu 
unversehens gekommenen gästen) hätte der stoszvogel gehohlt, 
and erst diese nacht hätte ein kleiner teufel von einem 
marder seinen ganzen hühnerstall entvölkert. WIELAND 11,336; 
sie (die hausfrau) wahrt ihren hühnerhof, dasz nicht der 
marder eindringe. FrEyTAG ahnen 1,98; 
wolf, fuchs, marder, kraen und raben 
wil als sein narung von mir haben (spricht der bauer). 
H. SacyHs fastn. sp. 1,117,89: 
ein marder frasz den auerhahn; 
den marder würgt ein fuchs; den fuchs des wolfes zahn. 
HAGEDORN 2,44; 
das wüste haus, wo in der mauer ritzen 
ein marder wirft, und kauz und eule sitzen. 173; 
niemand ist 
uns feindlich als der marder höchstens, der 
in unsre hühnerställe bricht. 
H. v. Kuıgrst familie Schroffenstein 2,1; 
in bildern: ein anschlag gegen die Doria musz den grafen 
n athem halten und mir im palaste zu schaffen gehen. 
xährend er nun den wolf aus der hürde scheucht, soll der 
narder in seinen hühnerstall fallen. ScHiLLER Fiesko 1,3; 
ch wittre den frasz, laure den burschen in einem hohlweg 
uf. baff, liegt der marder — wir haben das huhn. 3,4: 
euch marder und euch füchse 
erwartet schand und qual! hist,-krit. ausg. 1,208; 
sie schleichen wie ein marder herein, 
mein armes täubchen zu erwürgen. 
KOoTtzEBUE dram. sp. 2,272; 
was ich der red entgegene? 
dasz sie, herr richter, wie der marder einbricht, 
und wahrheit wie ein yokelnd huhn erwürgt. 
EB. v. Kuzsıst zerbr. krug, 7. auftr. 
heute nennt norddeutscher volkswitz paletotmarder einen dieb, 
der in öffentlichen wirtschaften oder versammlungen die von den 
jästen abgelegten überzieher stiehlt; briefmarder, ein ungetreuer 
nostbeamter , der die auf die post gegebenen briefe unterschlug, 
um die freimarken für sich zu verwenden. 
2) das fell des marders: gefärbter marter, pellis martis 
nfecta, ungefärbter marter, pura STIELER 1244; mir sol auch 
iro hin ewigelich zobell, mader und alls vechwergk... 
nachen lassen und ze tragen ganz verbotten (sein). d. städtechr. 
5, 283 anm. 2; in seinem damastenen mit martern durch- 
rüttertem schlafbelz. Simpl. 4,97 Kurz; 
die deck fewerk. zöbel und mader. H,Sacıs 3,3, 72° 
MARDERBALG, m. balg eines marders: (der jagdbediente 
soll) der herrschaft an verziechn gebn die mäderpälg, umb 
das hat er die recht, wo er dem mader rycht (fallen stellt), 
Jas sol man im mit rüe und unbekümert lassen, weisth. 3, 660 
(Baiern, von 1431); dem maderpalg. 661, 
MARDERDRECK, m. egestio martium. STIELER 345; als par- 
füm verwendet: (er soll an den hals henken) bissem in einem 
syden düchlin, oder marderdreck, der schmackt ouch wol 
und kost nüt. Murner in Scheibles kloster 8, 1086. 
MARDERFALLE, f. falle für marder: marder- oder ratzen- 
"alle, ferramentum seu decipula ferrea sub glacie pro capiendis 
narlibus et gliribus. STIELER 420; in gekürzter form des ersten 
vortgliedes (vgl. marder oben sp. 1621): marticipula martfalle 
YyIEF. 350°. 
MARDERFELL, n. fell eines marders. 
MARDERFUTTER, n. futter aus marderfell: es soll jhnen 
den rittern) auch marterfutter, und dergleichen zu tragen 
ınverhotten sein. reform. quter policey, Augsb. 1548, XI $ 4. 
1Nn92*
	        
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