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MEIN
aber auch, was zu mir gehört, mir anhaftet, mich berührt, sich
auf mich bezieht u. ähnl., in verschiedener abschwächung des oben
angegebenen begriffes; so von personen des eigenen geschlechtes,
hauses, dienstes: wer den willen thut meines vaters im himel,
der selbige ist mein bruder, schwester und mutter. Matth.
12, 50; meine braut, meine frau, meine kinder, mein knecht,
meine magd w.s. w.; mein geschlecht, meine familie, meine
angehörigen;
hat mir ain brauns maidlein verhaiszen
sie wöll mein aigen sein. UHLAND volksl, 69;
fraw nachtigall, du kleines waldvögelein!
ich wolt, du soltst mein botte sein. 47;
das ich heur hab mein weib verlohrn.
J. AYRER 435° (2187, 7 Keller):
jetzt bistu mein leibeigner knecht. 436° (2194, 26);
es galt als tadelnswert, bei nennung der eigenen eltern die herz-
liche beziehung, die im mein liegt, mit diesem zu unterdrücken !
es ist ein schamliche, schantliche gewonheit hie und wer
ein ungehört ding in dem Oberland, das einer sprechen solt,
wa ist der vatter oder wa ist die muter, als ob sie nicht
sein muter were und er nicht sein vater wer. ein ÖOber-
länder, sprich ich, derselb schammet sich in sein blüt, das
er also sprechen solt. aber er spricht schlechtlich und ein-
faltigklich, wa ist mein vatter oder wa ist mein müter,.
KEISERSBERG evangelia (1517) 195; während in solchem falle heutt
die weglassung des possessivs, wie damals im unterland des El-
sasses, gewählter klingt: der vater besuchte mich, anstatl mein
vater; die mutter und die schwestern sind ausgegangen;
wer weisz, ob der papa nicht schon für mich gewählt!
KöRrRngER die braut, 2. auftr.;
in niedriger rede ist weit verbreitet meiner für mein mann,
meine für meine frau; alemannisch: mit mine bezeichnet die
frau, die geliebte ihren gemahl, geliebten, mit mini der gatte
der geliebte seine gattin, geliebte. SEILER 206°; Schles. meiner
menner, meine, menne, die gegenseitige bezeichnung der ehe-
leute unter einander. WEINHOLD 61°; meine sagt auch die dienst-
magd für meine frau, meiner der knecht für mein herr; ‘mein
herr’, sagen sie (bediente) von ihrem herrn, wenn sie bei
ihres gleichen sind; unter sich sagen sie blosz meiner:
meiner hat heute wieder gebrummt; meiner schläft noch.
LICHTENBERG 4, 203; in bezug auf mehr innere, herzliche zuge-
hörigkeit: aber ich kenne meine Italiäner schon gut. GÖöTHE
27, 86;
) daran erkenn ich meine Pappenheimer (spricht Wallenstein).
ScHIıLLER Wallensteins tod 3, 15;
gesellschaftliche zusammengehörigkeit drückt die genitivische formel
meines gleichen (dazu verstanden ein mann oder leute u: ähnl.)
zus, mhd. sagte man noch min geliche:
warumb solt ich eim andern weichen,
so er doch eben ist meins gleichen?
(robian, C2* (v. 652);
man hat mich
vor ein gericht von männern vorgefodert,
lie ich als meines gleichen nicht erkennen kann.
SCHILLER Maria Stuart 1,2;
mein in bezug auf den eignen körper oder die eigne seele und
das was sie fühlt, leidet und thut; meine füsze tragen mich
kaum mehr; meine sinne schwanden; meine freude ist grosz;
meine stärke. beruht in meiner zuversicht auf gottes hilfe;
du aber hast erfaren meine lere, meine weise, meine mei-
nung, meinen glauben, meine langmut, meine liebe, meine
gedult, meine verfolgung, meine leiden, welche mir wider-
faren sind. 2 Tim. 3, 10; da schwimmt alles vor meinen sinnen.
GöTHE 16,15; du kennst von alters her meine art. mich
anzubauen. 16;
da macht sie mir ein kränzlein drausz
und setzet mirs auf mein har. UHLAND volksl. 69;
du schelm, wann du 80 stolz wilt sein,
so sag mich ledig meiner glüeb.
J. AYRER 434° (2184,31 Keller):
ist denn nun mein dorfgeheule
auch bisz in die stadt erschallt? P. FueMmme 431 :
meine ruh ist hin,
mein herz ist schwer...
mein busen drängt
sich nach ihm hin. GörtaE 12,178;
mein dasein, daheisein, meine anwesenheit, ahbwesenheit, mein
bleiben;
woiauf, gut gsell, von hinnen!
meins bleibens ist hie nit me, UHLAND wvolksl, 125;
mein theil, mein antheil, der mir zukommt, der mir gebührt:
ich habe meinen theil empfangen: auch in der verbindung für
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nein theil, so viel mir zukommt, mich betrifft, ich für mein
heil habe genug; meines teils, pro mea parte STIELER 881,
'ergl. auch zusammengerücktes meinestheils ;
denn jeder mensch hat neigung und beruf,
wie sie denn sind — ich, für mein armes theil,
seht ihr, will beten gehn, Shakesp. Hamlet 1,5;
meine jugend, mein alter:
ich schäme mich der unerfahrenheit
und meiner jugend nicht. GÖTHE 9,153;
meine zeit, meine lebenszeit:
meine lebenszeit verstreicht. GELLERT 2,174;
mein lebtag, meiner lebtage vergl. oben sp. 470, daneben auch
meiner tage: ich hab meiner tage so etwas nicht gesehen;
und mein tag:
kein mensch mich mein tag also schlug.
J. AYRER 436° (2195, 10 Keller);
meine zeit, auch in bedeutendem sinne, meine blütezeit, die zeit
in der ich jung und tüchtig war: zu meiner zeit waren die
menschen noch anders, sagl der greis;
zu meiner zeit
bestand noch recht und billigkeit.
HAGEDORN 3, 72 (‘die alte’);
meine stunde, die stunde zu der ich etwas bestimmtes thun oder
'eiden werde: meine stunde ist noch nicht komen, Joh. 2,4;
nach zweien tagen kömmt die nacht,
da man das osterlämmlein schlachtt;
dann ist auch meine stunde. P. GERHARD 31,18;
nun ist mein stündlein für der thür. 32,55;
nein in versicherungsformeln , die mit bezug auf eigenes heil
der eigenen besitz gegeben werden: hei meinem leben!; bei
meiner seele!; wenn das vornehm gedacht ist, bei meiner
armen seele, so ist es auch sehr abgeschmackt gedacht!
LESSING 1,556; dafür auch nur meiner seele: meiner seele!
zetroffen! rief der kleine dicke rathsherr. WIELAND 19, 247;
und entstellt meiner six (da man sich scheut, seine seele aus-
Trücklich zu verschwören): mein six! das fenster ist offen!
\RNIM 1,158; mein blut: o! mein blut, du wärst mir die
rechte! Lessing 2,394; bei meiner treue und meiner treue:
meiner treu, herr vetter, ich bin ganz verwundert über ihn.
SCHILLER parasit 2,8; bei meinem eide;
ich nime ez üf die triuwe min,
deich iu niht schaden wolte. Goldemar 6,7;
so sprechen dann die gest güt rund:
mein eid, das ist ein freier hund,
+ Grobian, L4* (v. 2876);
‘wer ist die dam auf jener alten zinn,
die mit dem Roland spricht und er mit ihr?’
‘bei meiner treue’, Lambert ihn hbeschied,
‘schön Alda ists, das edle frauenbild.’
UHLAND ged, 425;
mein von dem, dessen thun mich trifft! mein ankläger, der
mich anklagt; und wer war mein vertheidiger in dieser ge-
sellschaft ?; mein unbekannter wohlthäter; mein fögteüfel,
ler mich so kestiget und plaget, meus carnifex. MAALER 286°;
ohnehin
hatt ich beschlossen, seine majestät
noch heut zu bitten, meinen kläger mir
zu stellen, SCHILLER don Carlos 4,14;
vergl. mhd. min diep, der mich bestohlen hat:
er muo0z sin ijemer sin min diep. WALTHER 112,1;
zuch in der formel um meinen willen, es ist der gute wille,
der auf mich geht, vergl. unten meinetwillen :
ımb mein willen jn der straf erlat.
H. Sacys 3,1, 152";
von dingen: ein vorspringender fels war mein schutz; das
ist mein schaden, mein pech (schutz, schaden, pech für mich);
durch meine schuld (die schuld die mich trifft); wie mhd.
min tumber meisterloser muot
der ist der mir dä leide iuot,
der ist der minen schaden wil. Trist, 28,7;
meine seite, eigentlich die seite die auf mich bezüglich ist, bei
mir sich befindet , vergl. auch meinerseits, meinethalben: das
glück ist auf meiner seiten, ist mir günstig und lachet mich
an.‘ MAALER 286°; von meinen selbs wägen, meapte causa. ebd.,
vergl. meinetwegen ; endlich mein, wenn es nur bezug auf eigenen
gebrauch, gewohnheit, übung hat: ich mache täglich meinen
spaziergang, auch meinen gewohnten spaziergang; ich gehe
meines weges, auf dem wege, der mır vorgezeichnet ist; ich be-
sorgte erst, wie gewöhnlich, meine geschäfte, dann gieng ich
nes wirtheshanes mein glas hier trinken: so vertraulich. so heim-
MEIN