Full text: L. M. (6. Band)

1915 
MEIN 
aber auch, was zu mir gehört, mir anhaftet, mich berührt, sich 
auf mich bezieht u. ähnl., in verschiedener abschwächung des oben 
angegebenen begriffes; so von personen des eigenen geschlechtes, 
hauses, dienstes: wer den willen thut meines vaters im himel, 
der selbige ist mein bruder, schwester und mutter. Matth. 
12, 50; meine braut, meine frau, meine kinder, mein knecht, 
meine magd w.s. w.; mein geschlecht, meine familie, meine 
angehörigen; 
hat mir ain brauns maidlein verhaiszen 
sie wöll mein aigen sein. UHLAND volksl, 69; 
fraw nachtigall, du kleines waldvögelein! 
ich wolt, du soltst mein botte sein. 47; 
das ich heur hab mein weib verlohrn. 
J. AYRER 435° (2187, 7 Keller): 
jetzt bistu mein leibeigner knecht. 436° (2194, 26); 
es galt als tadelnswert, bei nennung der eigenen eltern die herz- 
liche beziehung, die im mein liegt, mit diesem zu unterdrücken ! 
es ist ein schamliche, schantliche gewonheit hie und wer 
ein ungehört ding in dem Oberland, das einer sprechen solt, 
wa ist der vatter oder wa ist die muter, als ob sie nicht 
sein muter were und er nicht sein vater wer. ein ÖOber- 
länder, sprich ich, derselb schammet sich in sein blüt, das 
er also sprechen solt. aber er spricht schlechtlich und ein- 
faltigklich, wa ist mein vatter oder wa ist mein müter,. 
KEISERSBERG evangelia (1517) 195; während in solchem falle heutt 
die weglassung des possessivs, wie damals im unterland des El- 
sasses, gewählter klingt: der vater besuchte mich, anstatl mein 
vater; die mutter und die schwestern sind ausgegangen; 
wer weisz, ob der papa nicht schon für mich gewählt! 
KöRrRngER die braut, 2. auftr.; 
in niedriger rede ist weit verbreitet meiner für mein mann, 
meine für meine frau; alemannisch: mit mine bezeichnet die 
frau, die geliebte ihren gemahl, geliebten, mit mini der gatte 
der geliebte seine gattin, geliebte. SEILER 206°; Schles. meiner 
menner, meine, menne, die gegenseitige bezeichnung der ehe- 
leute unter einander. WEINHOLD 61°; meine sagt auch die dienst- 
magd für meine frau, meiner der knecht für mein herr; ‘mein 
herr’, sagen sie (bediente) von ihrem herrn, wenn sie bei 
ihres gleichen sind; unter sich sagen sie blosz meiner: 
meiner hat heute wieder gebrummt; meiner schläft noch. 
LICHTENBERG 4, 203; in bezug auf mehr innere, herzliche zuge- 
hörigkeit: aber ich kenne meine Italiäner schon gut. GÖöTHE 
27, 86; 
) daran erkenn ich meine Pappenheimer (spricht Wallenstein). 
ScHIıLLER Wallensteins tod 3, 15; 
gesellschaftliche zusammengehörigkeit drückt die genitivische formel 
meines gleichen (dazu verstanden ein mann oder leute u: ähnl.) 
zus, mhd. sagte man noch min geliche: 
warumb solt ich eim andern weichen, 
so er doch eben ist meins gleichen? 
(robian, C2* (v. 652); 
man hat mich 
vor ein gericht von männern vorgefodert, 
lie ich als meines gleichen nicht erkennen kann. 
SCHILLER Maria Stuart 1,2; 
mein in bezug auf den eignen körper oder die eigne seele und 
das was sie fühlt, leidet und thut; meine füsze tragen mich 
kaum mehr; meine sinne schwanden; meine freude ist grosz; 
meine stärke. beruht in meiner zuversicht auf gottes hilfe; 
du aber hast erfaren meine lere, meine weise, meine mei- 
nung, meinen glauben, meine langmut, meine liebe, meine 
gedult, meine verfolgung, meine leiden, welche mir wider- 
faren sind. 2 Tim. 3, 10; da schwimmt alles vor meinen sinnen. 
GöTHE 16,15; du kennst von alters her meine art. mich 
anzubauen. 16; 
da macht sie mir ein kränzlein drausz 
und setzet mirs auf mein har. UHLAND volksl. 69; 
du schelm, wann du 80 stolz wilt sein, 
so sag mich ledig meiner glüeb. 
J. AYRER 434° (2184,31 Keller): 
ist denn nun mein dorfgeheule 
auch bisz in die stadt erschallt? P. FueMmme 431 : 
meine ruh ist hin, 
mein herz ist schwer... 
mein busen drängt 
sich nach ihm hin. GörtaE 12,178; 
mein dasein, daheisein, meine anwesenheit, ahbwesenheit, mein 
bleiben; 
woiauf, gut gsell, von hinnen! 
meins bleibens ist hie nit me, UHLAND wvolksl, 125; 
mein theil, mein antheil, der mir zukommt, der mir gebührt: 
ich habe meinen theil empfangen: auch in der verbindung für 
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nein theil, so viel mir zukommt, mich betrifft, ich für mein 
heil habe genug; meines teils, pro mea parte STIELER 881, 
'ergl. auch zusammengerücktes meinestheils ; 
denn jeder mensch hat neigung und beruf, 
wie sie denn sind — ich, für mein armes theil, 
seht ihr, will beten gehn, Shakesp. Hamlet 1,5; 
meine jugend, mein alter: 
ich schäme mich der unerfahrenheit 
und meiner jugend nicht. GÖTHE 9,153; 
meine zeit, meine lebenszeit: 
meine lebenszeit verstreicht. GELLERT 2,174; 
mein lebtag, meiner lebtage vergl. oben sp. 470, daneben auch 
meiner tage: ich hab meiner tage so etwas nicht gesehen; 
und mein tag: 
kein mensch mich mein tag also schlug. 
J. AYRER 436° (2195, 10 Keller); 
meine zeit, auch in bedeutendem sinne, meine blütezeit, die zeit 
in der ich jung und tüchtig war: zu meiner zeit waren die 
menschen noch anders, sagl der greis; 
zu meiner zeit 
bestand noch recht und billigkeit. 
HAGEDORN 3, 72 (‘die alte’); 
meine stunde, die stunde zu der ich etwas bestimmtes thun oder 
'eiden werde: meine stunde ist noch nicht komen, Joh. 2,4; 
nach zweien tagen kömmt die nacht, 
da man das osterlämmlein schlachtt; 
dann ist auch meine stunde. P. GERHARD 31,18; 
nun ist mein stündlein für der thür. 32,55; 
nein in versicherungsformeln , die mit bezug auf eigenes heil 
der eigenen besitz gegeben werden: hei meinem leben!; bei 
meiner seele!; wenn das vornehm gedacht ist, bei meiner 
armen seele, so ist es auch sehr abgeschmackt gedacht! 
LESSING 1,556; dafür auch nur meiner seele: meiner seele! 
zetroffen! rief der kleine dicke rathsherr. WIELAND 19, 247; 
und entstellt meiner six (da man sich scheut, seine seele aus- 
Trücklich zu verschwören): mein six! das fenster ist offen! 
\RNIM 1,158; mein blut: o! mein blut, du wärst mir die 
rechte! Lessing 2,394; bei meiner treue und meiner treue: 
meiner treu, herr vetter, ich bin ganz verwundert über ihn. 
SCHILLER parasit 2,8; bei meinem eide; 
ich nime ez üf die triuwe min, 
deich iu niht schaden wolte. Goldemar 6,7; 
so sprechen dann die gest güt rund: 
mein eid, das ist ein freier hund, 
+ Grobian, L4* (v. 2876); 
‘wer ist die dam auf jener alten zinn, 
die mit dem Roland spricht und er mit ihr?’ 
‘bei meiner treue’, Lambert ihn hbeschied, 
‘schön Alda ists, das edle frauenbild.’ 
UHLAND ged, 425; 
mein von dem, dessen thun mich trifft! mein ankläger, der 
mich anklagt; und wer war mein vertheidiger in dieser ge- 
sellschaft ?; mein unbekannter wohlthäter; mein fögteüfel, 
ler mich so kestiget und plaget, meus carnifex. MAALER 286°; 
ohnehin 
hatt ich beschlossen, seine majestät 
noch heut zu bitten, meinen kläger mir 
zu stellen, SCHILLER don Carlos 4,14; 
vergl. mhd. min diep, der mich bestohlen hat: 
er muo0z sin ijemer sin min diep. WALTHER 112,1; 
zuch in der formel um meinen willen, es ist der gute wille, 
der auf mich geht, vergl. unten meinetwillen : 
ımb mein willen jn der straf erlat. 
H. Sacys 3,1, 152"; 
von dingen: ein vorspringender fels war mein schutz; das 
ist mein schaden, mein pech (schutz, schaden, pech für mich); 
durch meine schuld (die schuld die mich trifft); wie mhd. 
min tumber meisterloser muot 
der ist der mir dä leide iuot, 
der ist der minen schaden wil. Trist, 28,7; 
meine seite, eigentlich die seite die auf mich bezüglich ist, bei 
mir sich befindet , vergl. auch meinerseits, meinethalben: das 
glück ist auf meiner seiten, ist mir günstig und lachet mich 
an.‘ MAALER 286°; von meinen selbs wägen, meapte causa. ebd., 
vergl. meinetwegen ; endlich mein, wenn es nur bezug auf eigenen 
gebrauch, gewohnheit, übung hat: ich mache täglich meinen 
spaziergang, auch meinen gewohnten spaziergang; ich gehe 
meines weges, auf dem wege, der mır vorgezeichnet ist; ich be- 
sorgte erst, wie gewöhnlich, meine geschäfte, dann gieng ich 
nes wirtheshanes mein glas hier trinken: so vertraulich. so heim- 
MEIN
	        
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