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).
U, der fünfzehnte buchstabe unseres alphabets (vor der scheidung
des I und 3 der vierzehnte HeEDerica 1717), dessen ausführliche
behandlung in bezug auf ursprung, quantität und vertretung
anderer laute sache der grammatik ist, auf die hier unter
hervorhebung des wichtigsten nur verwiesen zu werden braucht.
AVENTIN. 1, 517,1 lehrt es “rotundi oris spiritu' und ebenso
[CKELSAMER A6° ‘mit dem athem eines runden gescheubelten
nunds’ aussprechen.
1) das organische kurze o zerfällt in zwei hauptarten.
a) wie in den übrigen europdischen westarischen sprachen ist
zuch im germanischen sprachstamme eine, wahrscheinlich durch
zinwirkung der accentuatlion herbeigeführte spaliung des kurzen
a in e und o (gotfh. al, au) vor sich gegangen, die sich im ober-
Jeutschen vor nachfolgendem a erhalten haben, während durch
nachfolgendes i (zuweilen auch durch u) des affizes das e zu
i erhöht worden ist und das o zu u sich gesenkt hat; im goth.
zrhielten sich ai und al in der regel nur vor r und h und
wurden im übrigen zu i und u: goth. nima nam numans; ahd,
nimu nam ganoman; mhd. nim nam genomen, s. Kumn zeit-
schrift 14,440. SCHERER zur gesch. d. d. spr.? 49 ff. WEINKOLD
hd. gr.? $7 und 58 ff.
b) wurzelhaftes u ist im oberd. durch nachfolgendes a des
affiwes in o verwandelt (‘gebrochen’) worden, welche erscheinung
am deutlichsten im partic. perf. der ablautenden verba der u-classe
hervortritt (WEINHOLD mhd. gr.? $ 8 und 72): goth. budans,
bugans, lugans w.s.wW., ahd. gabotan, gabogan, galogan, mhd.
nhd. geboten, gebogen, gelogen.
2) unechtes o ist aus verschiedenen lauten hervorgegangen.
a) namentlich vor liquiden findet sich schon seit ahd. zeit eine
trübung des a zu 0, die in bestimmten fällen sich nhd. fest-
gesetzt hat wie in dort, von, soll, trotz u.a. (WEINHOLD mhd.
gr. 858.60. alem. gr. $ 25, bair. gr. 8 22), ferner in den prä-
teritis ich drosch, glomm, klomm, quoll, scholl, schmolz,
molk, focht; in mond hingegen ist es verdumpfung eines alten ä
(mände, mänt LEXER 2,2024).
b) als vertreter von altem & steht o in oder, woche, wol
‘oberd. woll gesprochen): goth. aippau, ahd. &ddo und odo,
mhd. ode, oder und &der (LEXER 2, 140); gofh. vikö, ahd, wehha
und wohha, mhd. woche, niederrhein. weche (LEXER 3, 963);
goth. valla, ahd. wela und wola, mhd. wol.
c) in nonne, wonne, sonne, sonst, sondern, sommer, in
den yräteritis wir krochen, rochen, schloffen, soffen, sotten,
gossen, schossen, schmolzen, schwollen, quollen, schollen,
molken, in den parlicipien gewonnen, geronnen, geschwommen
und mundartlich in vielen andern fällen (s. WEINHOLD alem.
gr, 824. bair. gr. $21) ist o aus u entstanden.
d) o ist verkürzt aus A in (wir) fochten, droschen; aus ö in
schon, ambosz (mhd. schöne, aneböz); aus ou in soff, schloff,
roch, kroch, im mundarilichen och (auch), geloffen u. da.; aus
we in komen (ahd. chweman) u.a. WEINHOLD alem. gr. $ 25.
nairı gr. $23.
3) der an sich unorganische umlaut ö (‘der mittellaut zwischen
o und €’ ICKELSAMER AT‘) entwickelt sich seit dem 12. jahrh.
holz hölzer, stock stöcke, mochte möchte w.s.w. (WEINHOLD
mhd. gr.2? 8 61. alem. gr. $ 27, bair. gr. $ 25). — unechtes ö steht
a) für mhd. e (theil 1,4. 3,3. WEINHOLD alem, gr. $ 28. bair.
7r. 826) in dörren, hölle, ergötzen, löffel, löschen, schöpfen,
geschöpf, zwölf und vielen andern; im älteren nhd. und noch
mundartlich kommen derartige ö (für e und €) viel häufiger vor
ıls in der schrifisprache (s. zu ÄVENTIN. 4,2,30), z. b. hört
GENGENBACH gouchm. 188. 563, mör pfaffensp. 141, kröftig 94,
gefört Nollk. 1009, öpfel FıscHART flöhhatz (1573) 1584, wölln
AYRER 94,4. 95,23, nören BAUMANN quellen 1,13, schröckend
d. junge GöTHE 1,102, erschröcken 68, 222, schrök SCHILLER
3, 117, schröken 2,43. 3, 519, schröklich 2, 67. — in der ober-
österreichischen , steirischen und salzburgischen mundart kommt
ö auch vor für den unbestimmten laut e in den sproszsilben,
s. WEInnHoLD batfr. or. 827,
b) als unechter umlaut statt os. WEinnoLD bair. gr. $ 25.
c) oberpfälzisch- nürnbergisch statt ı besonders vor | (störbt,
wörft, gebörg u. s.w.) WEINHOLD bair. gr. $ 26.
d) statt ü in mönch, hölzern, ich quölle, schwölle u. s. w.
WEINHOLD bair. gr. $& 26. alem. gr. $21; statt © im conj. prät,
ch drösche, föchte. .
4) das lange o (0) wird in der nhd. schrift entweder gar nicht
ıom kurzen 0 unterschieden (tod, brot, schonen, krone, £gT0SZ,
;tosz) oder durch 00, oh bezeichnet: moos, loos; ohr, lohn.
ınechtes Ö entsteht
a) aus o durch dehnung (schon seit dem 13. jh., Ss. WEINHOLD
nhd. gr.2 8 62. 68, 74. bair. gr. $ 55. alem. gr. $ 43): boden,
1ogen, loben, trog, bohren, hohl, kohle w.s.w.
b) aus &ä durch trübung (bair.- österr. schon seit dem 13.,
chwäb.-alem. seit dem 14. jh., WEInyoLD bair. gr. $ 56. alem.
ır. $ 44): wo, woge, docht, montag, mohn, ohne, (arg-)wohn,
lohle x. a. (mhd. wä, wäc, täht, mäntac, mähen, äne, wän,
äle aus tähele); im präteritum pflog, wog, gohr entspricht es
#nem kurzen, im plur. pflogen, wogen, gohren einem langen a.
c) aus ou durch verdichtung, die nach dem hochdeutschen laut-
ıesetze schon seit dem 8. jh. vor h (j, w) und vor den zungen-
guten d tz s rn stattgefunden hat (WEinzoLD mhd. gramm.?
5109. bair. gr. $ 54), alemannisch auch vor andern consonanten
alem. gr. $ 42), wie noch nhd. in strom stalt straum, ferner
n den präteritis ich bog, flog, klob, log, schob, stob, schnob,
ichrob, sog, trog.
d) einem alten u entspricht es in sohn (mhd. sun, md. und
nnd. son) und in den präteritis wir kloben, schoben, flohen,
logen, bogen, zogen, logen, boten, froren, verloren.
5) der umlaut des langen 0, dessen spuren sich bis ins 11. jh.
verfolgen lassen (WEInuoLD mhd. gr.? 8111), wird nhd. durch
©, Ö, gewöhnlich (wie beim kurzen o) durch ö (öh) bezeichnet:
böse, lösen, trösten, löhne, höhnen. wunechtes ce steht
a) für kurzes ö in löblich, öl, höhle, die tröge w.S. W.
‚WEInHOLD bair. gr. $ 57).
b) als unechter umlaut statt & (s. WEINBOLD bair. gr. $ 57,
nhd. gr.? 8 113).
c) statt e oder & in löwe, möwe, schwören, köder, trödel
mhd. kerder, tredel).
.d) stalt © in argwöhnisch; ältere und mundariliche belege bei
NEinNnoLD alem. gr. $ 46. bair. gr. $ 57. 58.
e) statt ü in könig, mögen, möglich, söhne, ich flöge,
‚Öge U. 8. W.
f) statt franz. eu in den fremdwörtern möbel, pöbel.
6) die biblische redensart das A und O für das erste und
las Jetzte, der anfang und das ende ist hergenommen vom
ıriech. alphabet, in welchem «& (&) den letzten buchstaben bildet:
ich main dich, chünig, Alpha et 0. H. VinTtLErR 26;
ch bin das A und 0, der anfang und das ende. offenb. 1,8;
‚ch bin das A und 0, der erst und der letzt. 1,11, vgl. 21, 6,
22, 13;
) bist gott und liegst auf heu und stroh,
wirst mensch und bist doch A und O0. ;
P, GERHARD 55,39 Göd.;
so bleibet disz das A und 0
vom gantzen evangelio. ZINZENDORF feulsch, ged, 1,305:
and seid von herzen froh;
das ist das A und 0. GöTHE 10,218, vgl. 17,64;
und das ist das A und 0. CuAmısso (1872) 1,169;
A und O0 von dieses lebens psalter,
trübe jugend sinds, und trübes alter, PLATEN 1,85.
7) etwas o-förmiges: da that der herzog einen groszen aus-
ruf, und machte mit dem munde ein 0. GöTHE 35,168; plural;
die schöne Helena, die so die nacht durchfunkelt,
dasz sie die lichten O’s (fiery O’s), die augen dort, verdunkelt.
SCHLEGEL sommernachtstraum 3,2;
las goldene O, ein falter, der gelbe heuvogel: ‘auf den hinteren
Aügeln ist ein weiszes auge in einem gelben ring, daher man
liesen falter auch das goldene 0 nennt.” OKEN 5, 1401.