2 I. Die geschichtliche Entwicklung der Anschauungslehre,
dabei weder vollständig noch besonders ausführlich zu sein,
es genügt, wenn wir die Hauptpunkte deutlich hervorheben.
Der Grundsatz der Sachlichkeit im Unterricht ist sicher
nicht von einem einzelnen Manne entdeckt und der Welt
verkündet worden, er ist eine einfache Forderung des prak-
tischen Verstandes. Nur der Umstand, daß sich — wie wir
heute meinen, unberechtigterweise — die sprachliche Aus-
bildung und die gedankliche Abstraktheit ausschließlich und
einseitig vorgedrängt hatte, machte es notwendig, auf die
sachliche Seite wieder nachdrücklich hinzuweisen. In diesem
Sinne. kann Comenius, der den Kampf gegen den einzig
und allein auf den mündlichen und schriftlichen Ausdruck
des Gedankens in gelehrter Sprache hinarbeitenden Huma-
nismus mutig aufnahm, als der Vater des Anschauungs-
prinzipes gelten. Er war es, der den Grundsatz prägte:
Non verba sed res, Sachen und keine Worte! Aber Comenius’
Anschauung ist für unsere Begriffe noch recht trocken und
schulmäßig, der Gedanke des eigenen Beobachtens taucht
wohl auf, aber zu seiner Durchsetzung im Unterrichte fehlen
die Mittel und Wege. Es sind daher nur Bilder, die in dem
berühmten Orbis pictus gegeben werden, Darstellungen von
Einzelgegenständen, die mehr zur Belebung der Erinne-
rung als zur Erweckung einer deutlichen Vorstellung dienen
können.!
Es gehörte noch eine weitere Entwicklung der Ideen,
ein stärkeres Vordringen des sachlichen Interesses und der
Abneigung gegen leere Wortspielerei dazu, ehe die Wand-
lung, die Comenius für die höheren Schulen erstrebt hatte,
auf allen Unterricht Anwendung fand und sich zu einer Er-
fassung der Wirklichkeit und zu einer anschaulichen Er-
ziehung für das praktische Leben verdichtete. Was hier
den Boden bereitete, war das Aufkommen einer natur-
wissenschaftlichen Forschung, die unmittelbar an die Er-
fahrung anknüpft und sich von aller Schulüberlieferung
freimacht, verbunden mit dem Streben, den Geist der
Aufklärung in die weitesten Kreise zu tragen. Derselbe