12 I. Die geschichtliche Entwicklung der Anschauungslehre.
stelle,“ sagt Pestalozzi schon in dem Berichte über Stanz
(1799).
Daß die so geleitete Anschauung auf eine Vorschule
der Geometrie hinauslaufen muß, scheint ziemlich einleuch-
tend. Beschränkt man sich lediglich auf die Betrachtung
der äußeren Formen aller Gegenstände, sucht man die
Regelmäßigkeiten in diesen Formen zu erfassen und nach-
bildend zu erzeugen, so ist das eben Geometrie, vielleicht
nicht in dem engen Sinne der euklidischen Schulgeometrie,
aber sicher in dem weiteren Sinne, in dem die Künstler
und Ingenieure der Renaissance die Geometrie aufgefaßt
haben und in dem sie der moderne Techniker versteht.
Dem entspricht es durchaus, wenn in der Pestalozzischen
Anstalt zu Burgdorf die Pflege der geometrischen Unter-
weisung und des geometrischen Zeichnens wenigstens eine
Zeitlang alles andere zurückdrängte.
Freilich faßte Pestalozzi die Geometrie so weit, daß er
die den Kindern notwendigsten Kenntnisse in ihr unter-
bringen konnte, und dieses Streben, das Pensum der Volks-
schule: Lesen, Schreiben und Rechnen der geometrischen
Anschauung anzupassen, erklärt die eigentümliche Form,
die bei Pestalozzi die Lehre von dieser Anschauung an-
nimmt. Am leichtesten gelingt die Anpassung bei den
Zahlen, am schwierigsten bei den Buchstaben und Wort-
bildern. Er selbst hat später diese erste, weitestgehende
Auffassung mit den vielen Gewaltsamkeiten, die sie mit
sich führt” zum Teil widerrufen und für übereilt erklärt.
Die geometrische Verbildlichung der Zahlen ist auf
doppelte Weise möglich, entweder indem man das einfache
Zählen durch ein Messen geometrischer Größen ersetzt
oder indem man für die gezählten Gegenstände geome-
trische Figuren wählt. Diesen Figuren wird man dann
gleichzeitig eine bestimmte Anordnung geben, und so ent-
steht das eigentliche geometrische Zahlbild. Ein Mittelweg
zwischen den beiden Verfahren besteht darin, daß man für
die geometrischen Figuren gleich große Quadrate wählt