190 X. Wesen der Charaktererziehung
einen Künstler, aus einem intelligenten Knaben
einen Philosophen, aus einem Naturfreund einen
Naturforscher, aus einem mutigen Knaben einen
Krieger möglicherweise entwickeln, aber ich
kann keinen Künstler, Philosophen, Naturforscher,
Krieger bilden. Das Pflegen, Entwickeln, Er-
ziehen ist an Triebe und Anlagen gebunden.
Würden die Menschen von Anfang an sich
der strengeren Ausdrucksweise bedient haben,
so wären vielleicht der praktischen Pädagogik
manche Irrtümer und Umwege erspart geblieben.
Noch heute glauben viele, daß man einen Cha-
rakter bilden kann und bilden muß, etwa wie die
Knaben einen Schneemann bilden. Man schreibt
eine Summe von Handlungen vor, die aus
irgendeinem Bildungsideal heraus konstruiert ist,
sucht wohl auch die Einsicht in ihren praktischen
oder ethischen Wert zu fördern, läßt die Hand-
lungen, wo sie nicht freiwillig ergriffen werden,
durch Zwang ausüben und glaubt damit einen
Charakter bilden zu können.
Nun gibt es, wie wir gesehen haben, eine; große
Zahl von plastischen Menschen, bei denen
dieses Verfahren zu einem nicht unerfreulichen
Ergebnis führt, wenigstens solange sie unter dem
Zwang der Erziehung stehen. Es sind die Amor-
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