Full text: Charakterbegriff und Charaktererziehung

220 XI. Charaktererziehung in der Familie 
gen von autoritativen Vorschriften abzuweichen. 
Das ist der günstige Fall, der Fall, in welchem 
die Liebe zum Zögling zur Zwangsjacke für die- 
sen wird. Er wächst aber auch aus der Seele 
kleinlicher Pedanten, beschränkter Köpfe oder 
bequemer Handwerker, und das ist der ungünstige 
Fall. In beiden Fällen ist die Strafe nicht nur ein 
erlaubtes, sondern je nach der Natur des Er- 
ziehers ein schwächer oder stärker, immer aber 
regelmäßig angewandtes Zuchtmittel. Wie 
weit dieser Weg fruchtbar, unfruchtbar oder gar 
schädlich ist, hängt ganz ab von der Individuali- 
tät des Zöglings. Zu einem selbständigen 
Charakter allerdings wird dieser Weg, sofern er 
ganz konsequent durchgeführt wird, nie führen. 
Das_beste_Material_ liefern hierbei immer noch 
die in hohem Grade plastischen Naturen. Aber 
der moralische Charakter, der sich hierbei ent- 
wickelt, wird, wie wir schon einmal angedeutet 
haben, meist genau ebensolange standhalten, wie 
die anerzogenen Gewohnheiten und die Unver- 
änderlichkeit des Vorstellungskreises andauern, 
der mit den gewohnheitsmäßigen Handlungen 
aufs engste verknüpft wurde. Die Unveränderlich- 
keit des Vorstellungskreises hängt aber ebenso 
ab von der Art, wie später der geistige Verkehr
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.