222 AT. Charaktererziehung in der Familie
Außerdem aber gibt es eine durchaus nicht
unbeträchtliche Zahl von Individualitäten, die
spröden, eigenartigen, eigenwilligen, die eben von
Jugend auf durch äußeren Zwang nicht zu regie-
ren sind, die nur von innen heraus gestaltet
werden können, die unter den erwähnten Er-
ziehungsmaßnahmen einfach Schiffbruch leiden.
Und unter diesen Menschen befinden sich gerade
jene, die durch angeborene Willensstärke und
Klarheit ihres Intellekts zu guten Hoffnungen
berechtigen.
Dem eben geschilderten Erziehungswege ge-
rade gegenüber steht nun jener, den eine Gruppe
der Modernen anzuschlagen empfiehlt. Ich will
sie die _Sorglosen nennen. Sie verschmähen
von vornherein, ein bestimmtes allgemeines Er-
ziehungsziel aufzustellen, dem sie ihre. Zöglinge
zuführen wollen, es wäre denn das mir immer
verdächtige Erziehungsziel zur „freien Persön-
lichkeit‘ oder zur „Individualität‘‘, wobei Indi-
vidualität. und Persönlichkeit regelmäßig ver-
wechselt werden. Schon vom Beginn jeglicher
Erziehungsarbeit an glauben sie dieser Entwick-
lung der Individualität den größten Dienst zu er-
weisen dadurch, daß sie sich peinlich hüten, nen-
nenswerte grundsätzliche Anweisungen zu geben,