Full text: Charakterbegriff und Charaktererziehung

264 XIIT. Die Selbsterziehung 
würdigen Alters erst recht einer sorgfältigen Prü- 
fung bedarf. Sich selbst erziehen heißt, sich 
selbst retten, sich selbst gegen sich selbst aus- 
spielen, sich selbst aus dem Moraste der eigenen 
niederen Triebe und Instinkte emporheben, sich 
selbst von üblen Gewohnheiten, schlechten Be- 
gierden, falschen Ideen befreien und sittlichen 
Ideen dienstbar machen. Sich selbst erziehen, 
heißt, um mich herbartisch auszudrücken, durch 
den subjektiven Charakter den objektiven in die 
Gewalt zu bekommen. 
Um das Problem in seiner Lösbarkeit zu er- 
fassen, genügt es, eine der Aufgaben, die es stellt, 
durchzudenken. Die wichtigste vielleicht: ist die 
Aufgabe, sich selbst beherrschen zu lernen. Große 
Selbstbeherrschung ist eine der vornehmsten 
Eigenschaften des Menschen, die unwillkürlich 
unsere Bewunderung hervorruft. Die Vorschule 
dieser Tugend ist Gehorsam, erst der äußere Ge- 
horsam des kleinen Kindes, dann der innere des 
reifen Knaben. Die Mittel zur Erziehung des 
äußeren Gehorsams sind Furcht, Liebe, Autori- 
tätsgefühl. Für die Erziehung des inneren Ge- 
horsams scheidet die Furcht gänzlich aus; an ihre 
Stelle muß die Einsicht treten. Für Menschen mit 
starkem Selbstgefühl und klarer Einsicht sind
	        
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