266 XIIT. Die Selbsterziehung
Selbsterziehung: die Gewohnheiten immer mehr
zu verstärken und die sittliche Einsicht immer
mehr zu vertiefen.
Die Gewohnheiten verstärken fordert Gelegen-
heiten, die Gewohnheiten auszuüben. Die Absicht,
die sittliche Einsicht zu vertiefen, setzt einen
inneren Drang nach sittlicher Wahrheit voraus.
Ist dieser innere Drang nicht wenigstens schon
im Keime entwickelt, sei es durch religiöse Er-
ziehung, sei es durch wissenschaftlich-ethischen
Unterricht, sei es durch den Geist der Schule
oder der Familie, so ist es wieder im allgemei-
nen ausgeschlossen, daß der junge, der heterono-
men Erziehung entwachsene Mann für das Pro-
blem der Selbsterziehung auf diesem Boden einen
Stützpunkt findet. Nur die eine Möglichkeit
bleibt, daß der Zufall ihm neue Gelegenheiten
der Entwicklung der sittlichen Einsicht bietet.
Alles kommt dann darauf an, mit welcher Ge-
walt dieser Zufall die Seele ergreift.
Es bleibt also für die weitere Erziehung zur
Selbstbeherrschung nur die freiwillige Ein-
ordnung in einen Kreis, der den anerzogenen
Gewohnheiten des inneren Gehorsams ein stetes
Übungsfeld darbietet. Welcher Art dieser Kreis
sein kann, werden wir sofort untersuchen.