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II. Abschnitt: Das siebzehnte Jahrhundert.
Als Hauptergebnis der diesem Zeitraum angehörigen Forschungen
haben wir aber die Aufstellung grundlegender Anschauungen über die
eigentliche Natur des Lichtes anzusehen. Nachdem Snellius das Brechungs-
gesetz entdeckt und Descartes es in der heutigen Weise formuliert hatte,
wurde das Rätsel der Farbe gelöst. Der schon erwähnte Marci widerlegte
die alte Lehre, daß die Farbe nur an der Grenze von Licht und Schatten
entstehe, stellte einen gewissen Zusammenhang der Lichtfarbe mit der
Brechung fest und suchte die verschiedene Brechbarkeit auf eine ver-
schiedene Kondensation des Lichts zurückzuführen. Grimaldi (1618—1663)
sprach zuerst die Behauptung aus, daß das farbige Licht ein Bestandteil
des weißen sein müsse; er entdeckte auch die Diffraktion oder Beugung des
Lichtes und beobachtete zuerst Interferenzerscheinungen. Newton end-
lich stellte fest, daß die Farben durch die verschiedenen Brechungsexponen-
ten bestimmt sind, zerlegte das weiße Licht in seine farbigen Bestandteile,
um die farbigen Strahlen wieder zu weißem Licht zu vereinigen, bestimmte
die verschiedenen Brechungsexponenten und bewies, daß einfache farbige
Strahlen nicht weiter zerlegbar sind. Er berechnete zuerst die Radien der
einzelnen Farbenbögen und die Breiten des Haupt- und Nebenregen-
bogens. So eingehend seine Forschungen über die Dispersion des Lichts
waren, so stellte er doch die irrige Behauptung auf, daß sie der Brechung
proportional sei, weshalb er auch die Möglichkeit achromatischer Linsen-
systeme leugnete und die Verbesserung der Fernrohre auf teleskopischem
Wege zu erreichen suchte. Newtons Landsmann und Zeitgenosse Hooke
(1635—1703) stellte über die eigentliche Natur des Lichts die Lehre auf,
daß es in Schwingungen des Äthers bestehe, die senkrecht zur Fortpflan-
zungsrichtung sich bewegen. In Huygens Traite de la lumiere vom Jahre
1690 findet sich eine nahezu vollständige Undulationstheorie des Lichts aus-
gearbeitet, die alle Erscheinungen der Spiegelung, der Brechung und sogar
der Doppelbrechung übereinstimmend mit unsern jetzigen Anschauungen
erklärt. Nur hinsichtlich der Richtung der Schwingungen, die er für longi-
tudinale hält, hat er noch irrige Vorstellungen.“)
Obwohl Huygens somit am Ausgange des 17. Jahrhunderts sich schon
fast zu der Höhe der Vorstellungen emporgearbeitet hatte, die noch
gegenwärtig für die Natur des Lichts maßgebend sind, gelangte seine
Undulationstheorie zunächst noch nicht zur Herrschaft, Die Ursache
hiervon war der überwiegende Einfluß Newtons, den seine unbestreitbar
aohen Verdienste zu einer alle Zeitgenossen überragenden Höhe des Ruhms
und des wissenschaftlichen Ansehens emporhoben. Er huldigte hinsicht-
lich des Lichts der Ansicht, daß die leuchtenden Körper einen feinen
unwägbaren Stoff aussenden, dessen Aufprallen auf die Netzhaut die
Empfindung des Lichts hervorruft. Da er nun von sich selbst behauptete,
„hypotheses non fingo‘‘, so übersahen seine Anhänger, daß seine Emissions-