Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

148 Ill. Abschnitt: Das siebzehnte Jahrhundert. 
in die Methoden der physikalischen Forschung, sondern lediglich die 
Übermittlung physikalischer Kenntnisse war das Unterrichtsziel. 
Vergleicht man die Kompendien Tasses mit der gegen das Ende des 
17. Jahrhunderts erschienenen Mathesis juvenilis des Altorfer Professors 
Sturm, die als Lehrbuch am St. Ägidien-Gymnasium in Nürnberg eingeführt 
war, so fällt zunächst die Verschiedenheit in der Darstellungsweise der 
Optik auf, War Tasse anscheinend durch die rein mathematische Be- 
handlungsweise dieser Disziplin bei den Optikern des Altertums, z. B. Eukli- 
des und Heron, beeinflußt worden, die er jedenfalls durch das Studium 
des Witelo kennen gelernt hatte, so stand Sturm mehr unter dem Einfluß 
des Galilei und seiner ‚„discorsi‘. Auch hier werden drei Abteilungen 
unterschieden, je nachdem die Lichtstrahlen direkt, reflektiert oder ge- 
brochen ins Auge gelangen: die „Optica‘ oder „gerad ordentliche Sehensart““, 
die „Catoptrica‘‘ oder „widerstrahlende Sehkunst‘‘ und die „Dioptrica““ 
oder „durchstrahlende oder Durchsehkunst‘. Das Buch ist in deutscher 
Sprache geschrieben, zahlreiche erläuternde Figuren und Abbildungen 
sind beigegeben, und diese beiden Umstände sowie das gewählte System 
der Fragen und Antworten verleihen der Mathesis juvenilis des Sturm 
jedenfalls den Vorzug der für einen Schüler leichteren Verständlichkeit 
und Anschaulichkeit. Freilich stehen die Fragen in keinem streng logischen 
Zusammenhang, sondern sind oft rein willkürlicher Art. Daß’er mit der 
Wirkungsweise der Camera obscura beginnt, um daran die Entstehung 
der Bilder im Auge zu erläutern und die Vorzüge dieser natürlichen Dunkel- 
kammer unsers Sehwerkzeugs gegenüber der künstlichen ins rechte Licht 
zu setzen, ist als Forschritt zu bezeichnen. Noch mehr äußert sich dieser 
Fortschritt aber in dem Inhalt, wenn man den Umfang des Gebotenen 
ınd die Ausführlichkeit der Erläuterungen in Betracht zieht, obwohl diese 
manchmal etwas breit und umständlich werden. Die Perspektive wird 
sehr eingehend dargestellt und an der Hand vieler Aufgaben erläutert. 
Bei den Planspiegeln werden die Bilder in parallelen Spiegeln, Winkel- 
spiegeln, Eckspiegeln fast übermäßig ausführlıch besprochen; für die 
Winkelspiegel wird der Zusammenhang zwischen der Zahl der Bilder 
und der Größe des Winkels festgestellt, wenn auch nicht mathematisch 
genau bewiesen. Außer den sphärischen Spiegeln werden auch zylindrische 
und kegelförmige in den Kreis der Betrachtung gezogen. In der Dioptrik 
finden wir das Mikroskop, die bekannten Ferngläser und Sehröhren er- 
wähnt, die Bezeichnungen Objektiv und Okular eingeführt, doch fehlen 
auch hier die Teleskope. Die „Wurfflaterne‘“ (Laterna magica) und ihre 
wunderbaren „Würkungen‘“ werden mit unnötiger Breite behandelt. 
Zum Schluß wird noch in einem besonderen Artikel das „Kriegsglas‘““ 
(„angiscopio‘‘ oder „polimoscopio‘‘) besprochen, eine Art Winkelfern- 
rohr, bei welchem die durch das Obijektiv eintretenden Strahlen durch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.