Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

Il. Kapitel: Die pädagogischen Strömungen im 17. Jahrhundert. 149 
einen unter einem Winkel von 45° zur Achse des Rohrs geneigten Plan- 
spiegel in eine zur ursprünglichen senkrechte Richtung in horizontaler 
Ebene abgelenkt werden und dann entweder sofort durch das Okular ins 
Auge gelangen oder erst durch einen zweiten ebensolchen Spiegel wieder 
der ursprünglichen Richtung parallel gemacht werden und dann durchs 
Okular ins Auge kommen. Da es eine gedeckte Aufstellung des Beobachters 
ermöglichte, so konnte es im Kriege wohl von Nutzen sein, und seine Er- 
wähnung im Sturmschen Lehrbuch zeigt, wie schwer die Erinnerung an 
den Dreißigjährigen Krieg und der Druck der im 17. Jahrhundert fast 
unaufhörlichen Kriege auf Geist und Gemüt lasteten. Wie die Tatsache, 
daß die Ars fortificatoria als die „fürnehmste‘“ der mathematischen Dis- 
ziplinen galt, so beweist auch die Erwähnung des Kriegsglases in der 
Mathesis juvenilis des Sturm den Einfluß, den politische Ereignisse, nament- 
lich Kriege, auf die Pflege der Wissenschaften haben; sogar in den Lehr- 
büchern der Mathesis spiegelt sich dieser Einfluß wider. 
Wie der geographische Unterricht im 17. Jahrhundert gehandhabt 
wurde, darüber liegen die Nachrichten so spärlich vor, daß es unmöglich 
ist, ein Bild davon zu entwerfen. Wohl finden wir in den Schulordnungen 
jenes Zeitraums die Wichtigkeit des studium geographicum hier und da 
betont, allein nähere Angaben werden nirgends gemacht. Zieht man die 
ziemlich stattliche Anzahl der Geographiebücher zu Rate, die nicht nur 
in lateinischer; sondern auch schon in deutscher Sprache in jenem Zeit- 
raum erschienen sind, so finden wir selbst in den kleineren Kompendien 
keine Andeutung,®”) daß ihre Verfasser sie zu Schulbüchern bestimmt 
haben. Jedenfalls wurde nach Neanders Vorgang die beschreibende Länder- 
kunde in den Gelehrtenschulen in enger Verbindung mit der Geschichte 
gelehrt, die mathematische: Erdkunde als zur Mathesis mixta gehörig be- 
handelt. Was hierin am Hamburger Johanneum gelehrt wurde, darüber 
gibt wieder Tasses Kompendium Auskunft. Seine geographia universalis 
beginnt mit der Lage und Gestalt der Erde, bespricht die Meridiane, Parallel- 
kreise, Wendekreise, Polarkreise, die Zonen. Als erster Meridian gilt der 
durch den Pik von Teneriffa. Auch über die Größe der Erde wird das 
Nötige mitgeteilt. 1° auf dem Äquator oder einem Meridian wird gleich 
15 deutschen Meilen gesetzt. Der Erdradius ist 859?/,, „milliaria Germa- 
nica‘“. Außerdem werden die Größenangaben gemacht, wie sie sich aus 
den Messungen des Snellius ergeben. Nach Besprechung der Windrose, 
der Magnetnadel, der Deklination wendet sich dann Tasse der für die 
Schiffahrt wichtigen Loxodrome und einigen Problemen der Nautik zu, 
die ja in der alten Hansastadt von besonderer Bedeutung war und daher 
auch wohl von Tasse mit in den Unterricht hineingezogen wurde. 
Wie für die Erdkunde, so versagen auch für die beschreibenden Natur- 
wissenschaften die Nachrichten fast vollständig. Gleichwohl dürfen wir
	        
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