Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

152 IV. Abschnitt: Das achtzehnte Jahrhundert, 
Welcher philosophischen Richtung auch die führenden Geister des 
18, Jahrhunderts angehören mögen, alle wenden der Pflege der Mathe- 
matik und der Naturwissenschaften ihr lebhaftes Interesse zu. Die mathe- 
matische Wissenschaft speziell weist einen ihres vorherigen glänzenden 
Aufschwungs würdigen Fortgang auf. Alle Disziplinen der höheren Mathe- 
matik, die Integralrechnung, die gewöhnlichen und die partiellen Differen- 
tialgleichungen, die Variationsrechnung, die Zahlentheorie, die Differential- 
geometrie, die Funktionslehre wurden durch Euler, Lagrange und Legendre 
ausgebaut; Jakob Bernoulli (1654—1705) schuf in seiner ars conjectandi 
ein vollständiges System der Kombinatorik und der Wahrscheinlichkeits- 
lehre, Monge begründete die deskriptive Geometrie. Besonders hervor- 
zuheben ist, daß alle diese Männer, die ihren Namen durch die Leistungen 
auf dem Gebiet der höheren Mathematik unsterblich gemacht haben, 
auch der Elementarmathematik ihre Sorgfalt angedeihen ließen und sich 
um deren schulmäßige Behandlungsweise große Verdienste erworben 
haben. Weitaus das meiste, was in unserem jetzigen Lehrpensum der 
höheren Schulen aus dem 18. Jahrhundert stammt, ist mit dem Namen 
Leonhard Euler (1707—1783) verknüpft. In allen Teilen der Elementar- 
mathematik, in der Arithmetik und Algebra, wie in der Geometrie, Trigono- 
metrie und Stereometrie treffen wir auf die Spuren der Tätigkeit dieses 
Mannes, Seine Bedeutung für die schulmäßige Behandlung der niederen 
Mathematik beruht nicht nur auf der Entdeckung neuer Sätze, nicht nur 
auf seiner vorbildlichen Darstellungsweise gewisser Abschnitte des mathe- 
matischen Lehrpensums; sondern nicht zum wenigsten auch auf der durch 
ihn zum Abschluß gebrachten Durchbildung des formalen Bezeichnungs- 
wesens. In dieser Beziehung verdanken wir Euler die jetzt gebräuchliche 
Bezeichnung einer Potenz, die Form (£) für den k-ten Binomialkoeffizienten 
von n, die Bezeichnung B, B, B;... für die Bernoullischen Zahlen, die 
Euler ihrem Entdecker, dem schon erwähnten Jakob Bernoulli zu Ehren 
so nannte. In der Geometrie und Trigonometrie wurde Eulers Bezeich- 
nung der Seiten und Winkel eines Dreiecks mit a, b, c, «, ß, y für die Folge- 
zeit maßgebend. Unsere heutige Behandlungsweise der Lehre von den 
Logarithmen fußt noch auf der von Euler gegebenen Darstellung dieser 
Disziplin; von ihm wurde auch der Begriff des Moduls eines Logarithmen- 
systems eingeführt. Euler bezeichnete zuerst V/—1 mit i, bei ihm finden 
wir zuerst die Beziehungen i? = — 1 und ! = —i. Er dehnte den Potenz- 
begriff sofort auf imaginäre Exponenten aus, gab zuerst die Reihe für e”, 
wie er sich überhaupt um die Entwicklung der Exponentialreihe verdient 
machte, und von ihm rührt auch die Form des Moivreschen Lehrsatzes, 
in der wir ihn kennen, her: (cos x + isin x)! = cosnx + isinnx. Er
	        
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