Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

— I. Kapitel: Wissenschaftliche Leistungen im „saeculum philosophicum“‘. 153 
machte auf die Bedeutung und den Nutzen komplexer Größen aufmerk- 
sam, gab auch eine geometrische Darstellung des Imaginären, dehnte 
die trigonometrischen Funktionen auf imaginäre Winkel aus und erkannte 
die Vieldeutigkeit des Logarithmus. 
Durch Euler wurde die Arithmetik auch um den binomischen Lehr- 
satz für Binomialkoeffizienten bereichert. Auf ihn geht unsere heutige 
Behandlungsweise der Kettenbrüche zurück, die ihm ja auch ihren 
Namen, fractiones continuae, verdanken. Die 1770 erschienene Algebra 
Eulers ist grundlegend für den algebraischen Unterricht bis auf den heuti- 
gen Tag geblieben. In ihr finden wir zuerst den Begriff der primitiven 
Wurzel, den Begriff und die Lösungsmethode der reziproken Gleichungen, 
den Begriff der Resolvente und die heute gebräuchlichste Methode der 
Lösung einer Gleichung vierten Grades mit Hilfe einer kubischen Resol- 
vente. Den wissenschaftlichen Zusammenhang zwischen den verschiedenen 
Lösungsmethoden der Gleichungen 3. und 4. Grades hat später erst La- 
grange aufgedeckt. Euler war auch bemüht, den Fundamentalsatz der 
Algebra, daß jede algebraische Gleichung wenigstens eine Wurzel hat, 
zu beweisen, doch wurden die Lücken seines Beweises erst 1799 durch 
Gauß ausgefüllt, der den ersten vollständigen Existenzbeweis lieferte. 
Euler wie Lagrange haben ferner die Unmöglichkeit der Lösung der Glei- 
chungen a3 + b3 = c? und a* + b* = c*4 bewiesen. 
in der Geometrie nennen wir ja heute noch die Verbindungslinie des 
Höhenpunktes eines Dreiecks mit dem Mittelpunkt des Umkreises die 
Eulersche Gerade. Von Euler stammen auch die Bezeichnungen Ähnlich- 
keitszentrum und Ähnlichkeitspunkt. Die Stereometrie bewahrt seinen 
Namen in dem bekannten Satz über die Zahl der Ecken und Kanten und 
Flächen eines konvexen Polyeders, auch rührt der direkte Beweis des 
Lexellschen Satzes über die Spitzen sphärischer Dreiecke mit gemein- 
schaftlicher Basis und gleicher Winkelsumme von ihm her. Die Trigono- 
metrie verdankt Euler insofern einen bedeutenden Fortschritt, als er 
zuerst die trigonometrischen Funktionen als einfache Verhältniszahlen 
auffaßte. Ihm folgend hat dann zuerst Klügel 1770 sinus, cosinus, tangens 
und cotangens direkt als die Verhältnisse der Seiten eines rechtwinkligen 
Dreiecks definiert, für sie die Bezeichnung trigonometrische Funktionen 
eingeführt und auch die Goniometrie als besonderen Teil von der eigent- 
lichen Trigonometrie getrennt. Nicht minder bedeutsam ist Eulers Wirk- 
samkeit für die sphärische Trigonometrie, in die er den Begriff des sphäri- 
schen Exzesses eingeführt hat. Alle uns bekannten Formeln der sphärischen 
Trigonometrie, z. B. auch die Formel zur Berechnung des Exzesses aus 
den Seiten eines Kugeldreiecks, werden von ihm aus drei Grundformeln, 
dem Cosinussatz für die Seiten, dem Cosinussatz für die Winkel und dem 
Sinussatz abgeleitet. Auch lehrt er die Berechnung des Tetraeders aus
	        
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