‚830 IV. Abschnitt: Das achtzehnte Jahrhundert.
solle „durch lauter Fragen und Antworten das aus den Schülern selbst
herauslocken, was sie gründlich fassen sollen“ und gibt auch eine Probe,
wie der Begriff einer Linie auf diese Weise zu entwickeln sei, um die Er-
klärung und Entstehung dieses einfachen geometrischen Gebildes deutlich
zu machen. Alle Sonnabend soll eine Stunde dazu bestimmt sein, den
Schülern allerlei nützlichen Wissenschaften Unterweisung zu geben. Auch
die „mathesis applicata‘‘ will er traktieret wissen und zählt unter den
Anwendungen besonders die Feldmeßkunst, die Gnomonik, Mechanik und
Zivilbaukunst auf; die „principia optica‘‘ sollten ihnen beim Glasschleifen
bekannt gemacht werden.
Hierüber, wie über den Betrieb der Naturwissenschaften, spricht er
eingehender bei Gelegenheit der „anständigen Recreationen‘“. Ganz im
Einklang mit Tschirnhauß nennt er es eine Präparation zur Physik, wenn
ein halbes Jahr lang den Schülern einmal wöchentlich die „Generalia“
von Tieren, Kräutern und Bäumen, von Metallen, Steinen und anderen
Mineralien, von der Erde, Wasser, Luft, Feuer und mancherlei Meteoris,
von der Ökonomie und der materia medica beigebracht werden, sie außer-
dem gelegentlich zu den Künstlern und Handwerkern ins Haus geführt
werden, um alle ihre Werkzeuge und die Bearbeitung der Stoffe kennen
zu lernen, oder größere „Offizinen und Manufakturen‘‘ besuchen. Dann
unterscheidet er mechanische und zur Physik gehörige Disziplinen. In den
arsteren beschäftigen sich die Schüler außer mit Drechseln und Papp-
arbeiten, im Sommer eine Stunde wöchentlich mit Glasschleifen, um
Linsen herstellen zu lernen, wobei ihnen das „vornehmste und nötigste
aus der Optik beigebracht wird‘‘. Sie setzen die selbstgeschliffenen Gläser
zu optischen Apparaten zusammen, und dabei lernen wir ein ganzes
Arsenal solcher Apparate kennen: „Fern-, Lese-, Brenngläser und Brenn-
spiegel, einfache und englische Microscopia, kleine Perspektive, Tubae
astronomicae et terrestres und Multiplicatoria, Cistulae, Camerae obscurae,
Lucernae megalographicae, Oculi artificiales und Reißmaschinen, d. h.
Apparate zur perspektivischen Zeichnung und Verjüngung von Gebäuden
und ganzen Städten“.
Unter den zur Physik gehörigen Disziplinen finden wir, entsprechend
der immer noch unvollkommenen Klärung des Begriffs, die Botanik, die
Anatomie und endlich auch die Experimentalphysik aufgezählt, die nur
im Winter zweimal wöchentlich, in enger Verbindung mit der Astronomie,
betrieben werden soll. Nur die erwachsenen Scholaren, die „von der Fähig-
keit sind, daß sie die hier vorgetragenen Sachen und Demonstrationes
auch verstehen können‘, nehmen daran teil. Ein „Apparatus physico-
mechanicus‘“ ist für den Unterricht in der Physik angelegt, und mit be-
sonderer Genugtuung wird das Vorhandensein einer Luftpumpe, ‚„antlia
pneumatica‘‘, konstatiert, die überhaupt in jenem Zeitalter bei allen