Il. Kapitel: Unterricht im 18. Jahrhundert. 203
während die mathematische Erdkunde als mathesis applicata im Mathe-
matikunterricht gepflegt wird. In seinem Elementarwerk finden wir daher
auch die „Erste Geographie‘ und die „Andere Geographie‘ als zwei Kapitel
des von den „Elementen der Geschichtskunde‘ handelnden siebenten
Buches. Die erste Geographie beginnt mit einer Einführung in das Ver-
ständnis und den Gebrauch der Landkarten. Dann werden die wichtigsten
Kreise auf der Erdkugel, ihre Gestalt, ihre Abplattung, Horizont und
Polhöhe erläutert, wobei nicht außer acht gelassen wird, daß die letztere
gleich der geographischen Breite ist. Die darauffolgende kurze Nachricht
von den Ländern und Meeren der vier Weltteile — Australien fehlt noch —
wird durch einige Mitteilungen von „Inseln und halbbekannten Ufern
ergänzt. In der zweiten Geographie wird zunächst die Einteilung Europas
in Staaten gebracht, darauf werden diese nach Größe, Einwohnerzahl,
Macht — d. h. Heeresstärke — und Religion miteinander verglichen.
Dann folgt eine eingehendere politische Geographie Deutschlands und
darauf die aller außerdeutschen europäischen Länder; bei diesen wird
zunächst stets mit einem Abriß der Geschichte des Landes begonnen, WO-
mit das geschichtliche Moment wieder in den Vordergrund rückt.
Die Lebensdauer des Philanthropins war verhältnismäßig kurz: nach
noch nicht ganz 20jährigem Bestehen ging es 1793 vollständig ein. Man
darf wohl sagen, daß die Ursache seines frühen Untergangs in Basedow
selbst zu suchen ist, der mehr ein erfolgreicher pädagogischer Agitator
als tüchtiger Pädagoge war und durchaus nicht die für einen Leiter einer
großen Erziehungsanstalt erforderlichen Charaktereigenschaften besaß.
Auch darf man sich von der Pflege der Mathematik und der Realien in
seinem Philanthropin keine übertriebenen Vorstellungen machen. Im
ganzen waren der Mathematik, Physik, Naturbeschreibung und Erdkunde
in jeder der beiden obersten Klassen — das Philanthropin hatte im ganzen
4 Klassen — nur 3 Stunden wöchentlich gewidmet. Schon darin, daß
für die Pflege der Realien das „Allgemeinnützige‘“ der oberste Grundsatz
war, lag die Gefahr einer Verflachung des Unterrichts. Nimmt man nun
noch hinzu, daß es Basedow besonders darum zu tun war, den Unterricht
angenehm, anmutig zu machen, daß die Jugend alles spielend lernen sollte,
daß er das Prinzip der Anschauung in übertriebener Weise betonte, daß
seine Bearbeitung des naturwissenschaftlichen Lehrpensums in vieler
Hinsicht durchaus oberflächlich genannt werden muß, so erkennt man,
wie mangelhaft trotz der vielen Tafeln und Kupfer der naturwissenschaft-
liche Unterricht im Philanthropin geblieben ist. Während die Philanthropi-
nisten im mathematischen Unterricht streng darauf hielten, daß kein
Lehrsatz gegeben wurde ohne genügenden Beweis, keine Regel ausge-
sprochen und eingeübt wurde, ohne den Schülern eine genügende Einsicht
in ihre Richtigkeit zu verschaffen, war der naturwissenschaftliche Unter-