218 IV. Abschnitt: Das achtzehnte Jahrhundert.
Andreas Hecker im Programm der Königl. Realschule vom Jahre 1768
gegebene Aufzählung von Modellen, die dem mathematischen Unterricht
dienen sollten.
Für die Durchführung der beweisführenden Lehrart hatte man zwei
Methoden, die synthetische und die analytische. Während die erstere vom
Allgemeinen und Einfachen ausgeht und aus ihm durch ein deduktives
Schlußverfahren unter Anwendung der Regeln des Syllogismus zu dem
Besonderen und Zusammengesetzteren fortschreitet, nimmt die analytische
Methode das Unbekannte als bekannt an, verbindet es in Gleichungen mit
bekannten Größen und entwickelt es durch Auflösung dieser Gleichungen.
Beide Methoden waren anfangs, z. B. bei Wolff, streng gesondert; später
entstand durch ihre Vereinigung die analytisch-synthetische Methode, der
z, B. Kästner den Vorzug gab. In dem Vortrage der Geometrie herrschte
ausschließlich die synthetische Methode; Euklids unerreichtes Vorbild, die
strenge Folgerichtigkeit in der Anordnung seiner Lehrsätze, die unwider-
legliche Richtigkeit der auf diese Weise gewonnenen Ergebnisse veran-
laßten, daß man dabei auf die Natur des auszubildenden Geistes gar keine
Rücksicht nahm, sondern lediglich das Gebäude der Geometrie in seiner
folgerichtigen Schönheit aufzuführen bemüht war, und daß man den Schüler
über den Lehrgegenstand vergaß. Daher denn auch die noch im nächsten
Zeitraum lang andauernde Herrschaft der euklidischen Methode mit ihrem
streng geordneten Apparat von Definitionen, Postulaten, Axiomen, Theo-
remen, Korollarien, Lemmen und Scholien, eine Herrschaft, unter welcher
der mathematische Unterricht so lange zu leiden hatte, ja beinahe noch
heutzutage leidet. Diese strikte Befolgung der euklidischen Methode ver-
schaffte auch der Mathematik in dem Lehrplan der Gymnasien jene eigen-
tümliche Stellung einer der Vertreterin der Philosophie im Schulunterricht,
wie später Spilleke mit Recht hervorgehoben hat.
Für die Besprechung des physikalischen Lehrpensums der Gymnasien
des 18. Jahrhunderts sei wieder von dem Auszuge Wolffs Ausgang ge-
nommen, dessen Inhalt, wie die oben mitgeteilten Kapitelüberschriften
zeigen, zu einem Drittel physikalischer Art war. Jedes dieser Kapitel trägt
ein durchaus. euklidisch-mathematisches Gepräge, bildet ein Gefüge von
Erklärungen, Grundsätzen, Erfahrungssätzen, Lehrsätzen, Zusätzen, An-
merkungen und Aufgaben. Die Mechanik bringt außer den bekannten
einfachen Maschinen die Unterscheidung zwischen oberschlächtigem und
unterschlächtigem Wasserrad, die Wasserwage, ihre Herstellung und An-
wendung, die Messung des Gefälles von fließendem Wasser, die Herstellung
verschiedener Mühlen, von Maschinen, die durch Gewichte oder Federn
bewegt werden, die Regulierung des Ganges von Maschinen sowie der Uhr.
{in der Hydrostatik finden wir das Gesetz der kommunizierenden Röhren,
die Höhen verschieden schwerer Flüssigkeiten in den beiden Schenkeln