230 IV. Abschnitt: Das achtzehnte Jahrhundert.
Stunden geboten wurde, meist nur dürftig bestellt. Wohl waren Ab-
bildungen als Anschauungsmittel in Gebrauch, wohl wurden auch lebende
Pflanzen als Unterrichtsmittel herangezogen oder Herbarien angelegt,
allein von einem Unterricht im heutigen Sinne des Wortes, von der An-
leitung zum Beobachten der Natur selbst, von der Einführung des Geistes
in das Verständnis des Naturlebens, des biologischen Zusammenhangs in
Tier- und Pflanzenwelt, war damals noch nicht die Rede. In den meister
Fällen beschränkte sich der Unterricht aus Mangel an einer geeignet vor-
gebildeten Lehrkraft auf Vorlesen der betreffenden Abschnitte aus dem
Lehrbuch und einige sich daran knüpfende „gemeinnützige‘‘ Belehrungen.
In der Botanik galt die Kenntnis des Linneschen Systems als das wichtigste
Ziel. Die überwiegende Beschäftigung mit der Systematik in der ersten
Hälfte des Jahrhunderts ist die Ursache, daß bis tief ins folgende Jahr-
hundert hinein der botanische Unterricht an den höheren Schulen an einer
Überschätzung der Bedeutung jenes künstlichen Systems gekrankt hat.
Der erdkundliche Unterricht bleibt in dem ganzen Jahrhundert von
der Auffassung beherrscht, daß die Geographie ihren Wert nur als Hilfs-
wissenschaft der Geschichte gewinnt. Freilich wird für den Anfangs-
unterricht schon die Vorschrift des Comenius befolgt, daß die Erdkunde
aus der Heimatkunde erwachsen soll, auch wird der Schüler sorgfältig in
das Verständnis der Karten eingeführt, und die Grundbegriffe der physi-
kalischen Geographie werden flüchtig durchgesprochen, sonst wird aber
nirgends näher auf diese eingegangen, und was über die Grundbegriffe der
mathematischen Geographie hinausgeht, das wird Aufgabe des mathe-
matischen Unterrichts. In Wolffs Auszug finden wir diese daher auch
behandelt, wenn auch nicht gerade sehr eingehend, und durch die Lösung
folgender Aufgaben erweitert, die ja auch heute noch im Unterrichte be-
handelt werden: 1. Berechnung eines Längengrades und der Länge des
Erddurchmessers. 2. Berechnung der Länge eines Grades auf irgendeinem
Breitengrade. 3. Berechnung der Aussichtsweite. 4. Bestimmung der
Länge eines Ortes. 5. Anfertigung eines Globus. 6. Herstellung von Land-
karten. Weit ausführlicher als bei Wolff finden wir die mathematische
Erdkunde in dem schon erwähnten Lehrbuch der Naturlehre von Erxleben
behandelt; nicht nur die Gestalt und Messung der Erde, ihre Abplattung,
das koppernikanische Weltsystem, die Ekliptik, die Zonen, die Jahreszeiten
und die Zeitrechnung, sondern auch die Sonne, der Mond, die Planeten
mit ihren Trabanten, die Kometen und die Fixsterne, die Koordinaten-
systeme am Himmel und die astronomischen Rechnungen worden in den
Kreis der Darstellung gezogen. Interessant sind manche historische An-
gaben: so teilt er mit, daß der verbesserte Kalender von den Protestanten
in Deutschland erst 1700 angenommen wurde, daß England ihn erst 1752,
Schweden erst 1753 ihn einführte, und daß erst im Jahre 1778 die deutschen