Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

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I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
lich aus der Ackervermessung, aus dem praktischen Bedürfnis, Karten, 
Pläne und Risse herzustellen, hervorgegangen ist, hat sich dieser Ursprung 
doch fast gänzlich verwischt, weil namentlich Plato und Euklid ängstlich 
bemüht waren, aus der Nomenklatur ihrer geometrischen Gebilde alle 
Ausdrücke auszumerzen, die irgendwie an die Sprache der Banausen, 
d. i. Handwerker, erinnern konnten. 
Die bisherigen Bemerkungen über die Vorliebe der Griechen für eine 
philosophische Betrachtungsweise sowie über die Methode derselben zur 
Gewinnung allgemeinerer Erkenntnis genügen, um die hellenische Geistes- 
richtung zu kennzeichnen, die sich gerade in der Mathematik und den 
Naturwissenschaften so überaus glänzend betätigt hat. Die Früchte der 
Kulturarbeit der Hellenen auf diesen Gebieten eingehend zu besprechen, 
ist hier nicht der Ort; nur die Hauptergebnisse ihrer wissenschaftlichen 
Betätigung, die Hauptetappen ihres Fortschreitens in mathematischer 
und naturwissenschaftlicher Erkenntnis sollen hier kurz erörtert werden. 
Die mathematischen Leistungen der Hellenen knüpfen sich an die 
Lösung dreier Probleme, der Quadratur des Kreises, der Dreiteilung eines 
beliebigen Winkels und des delischen Problems, d. h. der Verdoppelung 
des Würfels.®) Dies sind die drei Hauptprobleme der antiken Mathematik, 
deren Lösung mit Hilfe von Lineal und Zirkel ja unmöglich ist und daher 
zum Ersinnen neuer Verfahrungsweisen Anlaß gab, zur Entdeckung neuer 
Kurven führte, und so der mathematischen Forschung neue Gebiete er- 
schloß, die Mathematik der Hellenen auf ein höheres Niveau erhob. Fast 
jeder namhafte Mathematiker nach Pythagoras hat sich an der Lösung 
dieser Probleme versucht. Schon Anaxagoras (500—428 v. Chr.) beschäftigte 
sich mit der Quadratur des Kreises, doch scheint er kaum über die rohe 
Annäherung, x = 3, hinausgekommen zu sein. Von seinem Zeitgenossen 
Oinopides wissen wir, daß er die Lösung zweier elementarer Aufgaben, 
das Antragen eines gegebenen Winkels an eine Gerade und das Fällen des 
Lotes von einem Punkt auf eine Gerade lehrte. Hippias von Elis (um 
420 v. Chr.) erfand die erste transzendente Kurve, die Quadratrix, um mit 
ihrer Hilfe sowohl die Quadratur des Kreises wie die Dreiteilung des Winkels 
zu lösen. Hippokrates von Chios (um 440 v. Chr.) erkannte, daß zwei 
Kreisflächen sich wie die Quadrate ihrer Durchmesser verhalten und ver- 
suchte der Lösung der Quadratur des Kreises durch die Quadrierung 
seiner Möndchen näher zu kommen.”) Er ist auch der erste, der das Problem 
der Würfelverdoppelung löste, indem er es auf die Konstruktion zweier 
mittlerer Proportionalen zu den Strecken a und 2a zurückführte, gemäß 
der Proportion a: x=Xx:y=Yy:2a. Dann ist x tatsächlich = aV2, 
doch gibt er keinen Weg an, wie man diese Strecke x geometrisch zeichnen 
kann. Plato (428—349 v. Chr.), der eigentliche Begründer der noch heute
	        
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