Schlußbetrachtung.
Wir stehen am Ende einer langen Wanderung, auf der wir, von den
ersten Anfängen menschlicher Kultur und menschlicher Wissenschaft
ausgehend, an der Hand der Entwicklung beider dem geschichtlichen
Werdegange des mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterrichts
nachgespürt haben. Wenn wir jetzt, von der Schwelle des 20. Jahrhunderts
aus, auf den hinter uns liegenden Weg zurückblicken, uns das Geschaute
noch einmal vergegenwärtigen, so hebt sich als „der ruhende Pol in der
Erscheinungen Flucht‘ die Erkenntnis heraus, daß zu allen Zeiten drei
Kräfte auf die.Entwicklung des Unterrichts bestimmend-eingewirkt haben:
die wirtschaftlichen Zustände, der Entwicklungszustand der Wissenschaften,
die Gegenstände des Unterrichts sind, und die in dem jeweiligen Zeitraum
herrschende...Geistesrichtung, daß von diesen aber das wirtschaftliche
Moment für die Gestaltung des Unterrichts stets das ausschlaggebende ist.
Wie der geschichtliche Gang der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung
der Menschheit durch das Prinzip von der Erhaltung der Energie reguliert
wird, so reguliert das wirtschaftliche Moment den geschichtlichen Ent-
wicklungsgang des Unterrichts auf unseren höheren Schulen. Wie jeder
wirtschaftliche, soziale und wissenschaftliche Fortschritt sich nicht ohne
Kampf vollzieht, so bietet auch die Geschichte des höheren Schulwesens
das Bild einer lebhaften Wellenbewegung. Gerade im Beginn des 20. Jahr-
haunderts hebt sich stetig anschwellend wieder eine_Welle empor, deren
mächtige Kraft sich für das humanistische Gymnasium fast beängstigend
Fühlbar zu machen beginnt, die auf eine bedeutende Erweiterung und Ver-
tiefung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts hindrängt.
Diese Welle, die sich gerade als eine Reformbewegung auf dem exakt-
wissenschaftlichen Unterrichtsgebiet charakterisiert, nimmt ihren Aus-
gangspunkt von der 76, Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte
in Breslau (1904), auf der eine aus 12 Männern bestehende Unterrichts-
kommission eingesetzt wird, um alle Fragen des mathematisch-natur-
wissenschaftlichen Unterrichts durchzuberaten und „einer späteren Ver-
sammlung bestimmte, abgeglichene Vorschläge zu möglichst allseitiger
Annahme‘“‘ vorlegen zu können. Der geistige Mittelpunkt dieser Kommission
und damit der ganzen Reformbestrebungen auf dem Gebiete des mathe-