Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

i1 
{ 
1 
= 
Schlußbetrachtung. 
329 
matisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts wird der Göttinger Professor 
F. Klein, Außer ihm!) gehören noch einige Universitätsprofessoren, 
Ingenieure, Techniker und fünf Schulmänner der Kommission an (Fricke, 
Pietzker, Poske, Schmid, Schotten). Schon im nächsten Jahre legt die 
Kommission als Ergebnis ihrer Beratungen der Naturforscherversammlung 
in Meran ihre Vorschläge vor, die unter dem Namen Meraner Vorschläge 
zielweisend für die Reformbestrebungen geworden sind. An der Spitze 
dieser Vorschläge stehen drei allgemeine Leitsätze: 1. Die höheren Lehr- 
anstalten sollen weder eine einseitig sprachlich-geschichtliche noch eine 
einseitig mathematisch-naturwissenschaftliche Bildung geben. 2. Die 
Mathematik und Naturwissenschaften sind als den Sprachen durchaus 
gleichwertige Bildungsmittel anzusehen, und an dem Prinzip der spezifischen 
Allgemeinbildung der höheren Schulen ist festzuhalten. 3. Die tatsächliche 
Gleichberechtigung aller höheren Schulen ist durchaus notwendig und 
daher vollständig durchzuführen. Hinsichtlich der Mathematik wird als 
das Lehrziel der höheren Schulen ein dreifaches hingestellt: ein wissen- 
schaftlicher Überblick über die Gliederung des Lehrstoffs, eine gewisse 
Fähigkeit der mathematischen Auffassung und ihrer Verwertung für die 
Durchführung von Einzelaufgaben, endlich und vor allem die Einsicht 
in die Bedeutung der Mathematik für die exakte Naturerkenntnis und die 
moderne Kultur überhaupt. Zur Erreichung dieses Lehrziels soll der 
mathematische Unterricht von drei Grundgedanken beherrscht werden: 
„den Lehrgang mehr als bisher dem natürlichen Gange der geistigen Ent- 
wicklung anzupassen‘“ — also ein psychologisches Prinzip —, „die Fähigkeit 
zur mathematischen Betrachtung der uns umgebenden Erscheinungswelt 
zur möglichsten Entwicklung zu bringen‘ — utilitarisches Prinzip — und 
„den Zusammenhang des Wissens in sich von Stufe zu Stufe mehr und 
mehr zu einem bewußten zu machen‘“ — didaktisches Prinzip. Unbe- 
schadet des Wertes der Mathematik für die logische Durchbildung wird 
daher die Hauptaufgabe des mathematischen Unterrichts: Stärkung des. 
räumlichen Anschauungsvermögens ‚und Erziehung der Gewohnheit _zum 
funktionalem Denken. Damit ist das Schlagwort geprägt, mit dem man 
das Ziel der Reformbestrebungen kurz zu bezeichnen pflegt. Der Funktions- 
begriff soll in den Mittelpunkt des mathematischen Unterrichts gestellt 
werden; da Differenzial- und Integralrechnung nun wichtige Hilfsmittel 
bieten, um den ganzen Verlauf einer Funktion und die Art ihrer Änderung 
deutlich zu erkennen, so wird auch die Hineinziehung der Elemente der 
Infinitesimalrechnung in das Pensum der höheren Schulen befürwortet. 
Für_den Physikunterricht werden ebenfalls drei Grundsätze aufgestellt: 
I. Die Physik ist im Unterricht nicht als mathematische Wissenschaft, 
sondern als Naturwissenschaft zu behandeln. 2. Die Physik als Unter- 
richtsgegenstand ist so zu betreiben, daß sie als Vorbild für die Art, wie
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.