Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

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I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
werden wieder in sechzig kleine Teile der zweiten Ordnung zerlegt. Die 
lateinische Übersetzung dieser Unterteilung, partes minutae primae und 
partes minutae secundae, hat dann zu der späteren Bezeichnung Minuten 
und Sekunden für die Unterteilung der Grade eines Winkels Anlaß gegeben. 
Für die Zwecke der Astronomie schuf Ptolemäus seine sphärische Trigo- 
nometrie, in der nur rechtwinklige Dreiecke in Betracht gezogen werden; 
mit Hilfe des Satzes von Menelaos leitet er für diese alle bekannten Sätze 
der Neperschen Regel her. Die ebene Trigonometrie sowie die trigono- 
metrischen Funktionen unserer heutigen Trigonometrie finden wir im 
Altertum noch nicht, 
Die antike Arithmetik weist einen bedeutenden Fortschritt in den 
Leistungen des Nikomachus von Gerasa (um 100 n. Chr.), der nach Simons 
Urteil für die griechische Arithmetik das leistete, was Euklid für die Geo- 
metrie.°*) Er machte sie von der bisherigen geometrischen Einkleidung 
unabhängig, stellte ein wohlgefügtes System der Zahlentheorie auf und 
ist bemerkenswert durch einige Sätze über Polygonalzahlen und Pyramidal- 
zahlen: er lehrte jede Quadratzahl als Summe von ungeraden Zahlen dar- 
stellen, und die Regel des Nikomachus diente noch spät im Mittelalter 
zur Quadrierung einer Zahl. Sein Zeitgenosse Theo von Smyrna, allerdings 
an Bedeutung weit unter Nikomachus stehend, wird uns dadurch interes- 
sant, als wir bei ihm auf die ersten Spuren der Pellschen Gleichung treffen, 
indem er eine Reilie von Lösungen für die Gleichung x?—2y? = 1 angibt. 
Die beiden letzten namhaften Mathematiker am Ausgange des Alter- 
tums sind Pappus (um 330 n. Chr.) und Diophantos (wohl um 350 n. Chr.). 
Den Namen des ersteren trägt ja noch eine geometrische Aufgabe wie auch 
ein. geometrischer Lehrsatz, doch dürfte es von höherer Wichtigkeit 
sein, daß wir bei ihm auch schon den Lehrsatz finden, der jetzt mit dem 
Namen Guldinsche Regel bezeichnet zu werden pflegt. Der letztere ist 
unstreitig der größte Algebraiker des Altertums, dessen Name ja in der 
Bezeichnung der unbestimmten Gleichung noch fortlebt. Diophant hat 
eine Vollständige Theorie der bestimmten Gleichungen mit einer Un- 
bekannten hinterlassen, die mit einer allgemeinen Arithmetik beginnt, 
eine hoch entwickelte Buchstabenrechnung bringt, in der die Unbekannte 
mit einem besonderen stets wiederkehrenden Zeichen bezeichnet ist, auch 
das Gleichheitszeichen nicht fehlt. Er lehrt die Auflösung der Gleichungen 
ersten und zweiten Grades, ja es findet sich bei ihm schon eine kubische 
Gleichung gelöst, allerdings ohne Angabe, wie er die eine Wurzel findet. 
Diophant kennt noch keine negativen Zahlen, läßt auch bei jeder quadra- 
tischen Gleichung nur eine Lösung zu, verrät auch nirgends eine Kenntnis 
der Tatsache, daß eine solche Gleichung zwei Wurzeln haben kann und 
schränkt die Lösbarkeit der quadratischen Gleichung auf solche ein, bei 
denen die Quadratwurzel rational wird. Reich ist Diophants Buch an
	        
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