Full text: Geschichte des naturwissenschaftlichen und mathematischen Unterrichts (1. Band)

22 I. Abschnitt: Altertum und Mittelalter. 
die Sonne und der Fixsternhimmel unbeweglich sind, die Erde sich da- 
gegen in einer Kreislinie bewegt, in deren Mittelpunkt die Sonne steht. 
Dies heliozentrische System konnte sich jedoch gegenüber den dagegen 
erhobenen Einwänden nicht behaupten. Der wichtigste von diesen war 
der von Aristoteles herrührende Satz, der im Altertum gleichsam als Dogma 
galt, daß die Bewegung der Himmelskörper gleichmäßig und kreisförmig 
sein müsse. Nächstdem erhob Ptolemäos den Einwand, daß ein senk- 
recht emporgeworfener Körper abgelenkt werden müsse, wenn die Erde 
sich um ihre Achse drehe. Daher blieb das geozentrische System das 
herrschende, und zur Erklärung der beobachteten Ungleichförmigkeit der 
Bewegung der Sonne und der Planeten stellte Platos Schüler Eudoxos von 
Knidos die Lehre von den homozentrischen Sphären auf, nach der die 
Pole: der rotierenden Sphäre, an der ein Planet befestigt ist, wieder in 
einer um eine Achse sich drehenden Sphäre ruhen. Zur Erklärung der 
Bewegung der Himmelskörper nahm Eudoxos für Sonne und Mond 3 Sphä- 
ren, für die Planeten je 4, im ganzen 27 Sphären an, denen Kalippus 7, 
Aristoteles weitere 22 hinzufügte, so daß die Erklärung immer verwickelter 
wurde. Aristoteles, der die Kometen noch für Gebilde der Atmosphäre 
hält, gibt schon eine Zusammenstellung der Gründe für die Kugelgestalt 
der Erde, als wichtigsten Beweis den, daß bei Mondfinsternissen der Erd- 
schatten immer kreisförmig begrenzt erscheint. Auch über die geringe 
Größe der Erde, deren Umfang er auf 400000 Stadien (72000 km) ver- 
anschlagt, hat er richtige Vorstellungen. Der schon erwähnte Aristarch 
unternimmt es, Messungen über die Größenverhältnisse anzustellen. In- 
folge der Ungenauigkeit seiner Winkelmessung findet er den Abstand 
des Mondes von der Erde 19mal kleiner als den der Sonne, die Größe 
des Mondes 30mal kleiner, die der Sonne 300mal größer als die Erde. 
Eratosthenes gelang es zuerst, den Umfang der Erde mit einiger Genauig- 
keit zu bestimmen, indem er beobachtete, daß zur Zeit der Sommer- 
sonnenwende der senkrechte Stab seines Gnomons zur Mittagszeit in 
Syene keinen Schatten warf, dagegen am selben Tage in Alexandria die 
Sonnenstrahlen der Mittagssonne mit diesem Stabe einen Winkel von 7° 12’ 
bilden. Da er die Entfernung von Alexandria bis Syene auf 5000 Stadien 
schätzte, so ergab sich daraus der Erdumfang = 250000 Stadien = 6000 
Meilen, also 600 Meilen größer als der wahre Wert. 
Der eigentliche Begründer einer wissenschaftlichen Astronomie ist 
Hipparchos von Alexandria (um 130 v. Chr.), der die Lage eines Sterns 
am Himmel zuerst nach seinen ekliptischen Koordinaten, der astrono- 
mischen Länge und Breite, bestimmte und dabei die wichtige Entdeckung 
der Präzession der Tag- und Nachtgleichen machte, indem er feststellte, 
daß die Spica (« virginis) zu seiner Zeit 2° näher dem Widderpunkte stand 
als 170 Jahre vorher, wo Aristyllos und Timocharis die Lage der Fixsterne
	        
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